Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 29

Worms, 26. August 2019: Am Stand der Familie Schneider konnte sich Weihbischof Bentz beim Backfischfest im Verkauf von Softeis üben. (c) Bistum Mainz / Blum
Worms, 26. August 2019: Am Stand der Familie Schneider konnte sich Weihbischof Bentz beim Backfischfest im Verkauf von Softeis üben.
Datum:
Mi. 28. Aug. 2019
Von:
am (MBN)

Die Bilder zu den MBN sind unten am Ende der Seite in einer Bildergalerie zusammengefasst.

Berichte

  • Professor Peter Walter verstorben
  • Nachbesserungsbedarf bei KiTa-Zukunftsgesetz
  • Weihbischof Bentz besuchte Wormser Backfischfest

Vorschau

  • Diözesantag für Personal- und Betriebsräte (11.9.)
  • „Nacht der offenen Kirchen“ in Heppenheim (13.9.)

Neuerscheinung

  • Chronik des Türmers von St. Stephan

Berichte

Professor Peter Walter verstorben

Erster Bischofskaplan von Kardinal Karl Lehmann

Freiburg. Professor Dr. Peter Walter, der Priester des Bistums Mainz war, ist am Mittwoch, 21. August, verstorben. Walter war ab 1981 zunächst Bischofskaplan von Kardinal Hermann Volk und anschließend bis 1984 erster Bischofskaplan von Bischof Karl Lehmann. Von 1990 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2015 war er Professor an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg und zwar als Direktor der Arbeitsbereiche Dogmatik und Quellenkunde der Theologie des Mittelalters (Raimundus Lullus-Institut). Noch Mitte Mai dieses Jahres würdigte Walter, schon gezeichnet von einer schweren Erkrankung, im Rahmen einer Akademietagung in Freiburg über Kardinal Lehmann („Neugierig nach vorn“) die ökumenische Dimension von dessen Lebenswerk. Wie Lehmann, so hatte auch Peter Walter mehrere Jahrzehnte im „Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen“ mitgearbeitet.

Ein Gedenkgottesdienst in Freiburg-St. Johann fand bereits am Dienstag, 27. August, statt. Der Mainzer Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, der seine Promotion bei Walter geschrieben hatte, wird am Freitag, 30. August, um 11.00 Uhr in St. Aureus und Justina in Bingen-Büdesheim das Requiem für den Verstorbenen feiern. Anschließend findet die Beisetzung auf dem Friedhof in Bingen-Büdesheim statt. 

Kondolenzschreiben von Bischof Kohlgraf 

In einem Kondolenzschreiben an die Theologische Fakultät in Freiburg hat der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf seine Anteilnahme zum Ausdruck gebracht. Darin würdigt er den Verstorbenen: „Professor Walter war ein profilierter Theologe, den große Gelehrsamkeit und wissenschaftliche Produktivität auszeichneten. Beeindruckend ist die Breite seines wissenschaftlichen Oeuvres, das Forschungsarbeiten zur Theologiegeschichte vom späten Mittelalter und der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhunderts umfasst. Als besonders verdienstvoll sei sein Engagement für die Ökumene erwähnt, das insbesondere in seiner langjährigen Mitgliedschaft im Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen zum Ausdruck kam und ihm großes Ansehen auch in der evangelischen Kirche eintrug.“ Und weiter: „Peter Walter verstand sein wissenschaftliches Arbeiten als Dienst in und an der Kirche. Theologisch fundiert und kritisch brachte er seine Stimme in aktuelle Diskussionen in Theologie und Kirche ein. Von seinem hohen Sachverstand und einer Haltung, die nie unkritisch, aber stets loyal war, profitierte in hohem Maße die Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz, deren Berater Professor Walter über 15 Jahre war.“ Kohlgraf bringt am Ende seines Schreibens seinen Dank „für seinen Dienst als Wissenschaftler, Priester und Seelsorger und für sein Zeugnis als Christ in unserer Welt“ zum Ausdruck. 

Würdigung durch Kardinal Lehmann zur Emeritierung

Der frühere Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hatte Walter anlässlich seiner Emeritierung im Jahr 2015 mit einer Laudatio in einer Festschrift gewürdigt. Darin heißt es: „Peter Walter hat sich bei aller historischen Akribie und methodischen Strenge nie im elfenbeinernen Turm eines bloß historischen Rückblicks eingeschlossen. Er hat sich, gerade auch im Zusammenhang der von ihm stets hoch geschätzten Lehre, vielen heutigen Fragen gewidmet. Die Kenntnis der Theologiegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts hat er ungewöhnlich bereichert.“ Lehmann hob außerdem Walters Lehrtätigkeit hervor: „Peter Walter ist nicht nur ein herausragender Lehrer in den Vorlesungen und Seminaren, sondern er ist auch ein großer Förderer der Studierenden. So gibt es seit dem Jahr 1994 über 30 abgeschlossene Dissertationen und acht abgeschlossene Habilitationsschriften. Dies ist angesichts der zahlreichen Belastungen ein ganz großer Dienst an der Theologie von heute und besonders auch an der qualitativen Heranbildung eines guten theologischen Nachwuchses.“

Peter Walter wurde am 4. April 1950 in Bingen-Büdesheim geboren und nach seinem Studium der Philosophie und Theologie in Mainz und Rom am 10. Oktober 1975 von Kardinal Hermann Volk zum Priester geweiht. 1980 wurde er in Rom mit einer Arbeit über das Erste Vatikanische Konzil zum Dr. theol. promoviert. Von 1980 bis 1981 war als Kaplan in Seligenstadt tätig, bevor er von 1981 bis 1984 Bischofskaplan der Mainzer Bischöfe Hermann Volk und Karl Lehmann war. Von 1984 bis 1990 war er wissenschaftlicher Assistent an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen. Dort habilitierte er sich 1989 als Schüler von Kardinal Walter Kasper mit einer Arbeit über die Schriftauslegung des Humanisten Erasmus von Rotterdam. 1990 erhielt Walter den Ruf an die Theologische Fakultät der Universität Freiburg.

Walter war Vorsitzender der „Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus catholicorum“, die unter anderem Werke katholischer Schriftsteller aus der Zeit der Glaubensspaltung des 16. Jahrhunderts herausgibt. Er galt als Kenner des Humanismus, zu dem er zahlreiche Studien veröffentlicht hat. Neben seiner universitären Tätigkeit war er Mitglied in der Kommission für Glaubensfragen der Deutschen Bischofskonferenz und der Unterkommission zur Erarbeitung eines neuen Gebets- und Gesangbuchs engagiert. Zudem war Walter Vertreter der römisch-katholischen Theologie in der Kammer für Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dem Bistum Mainz war er regelmäßig durch Besuche, seine Vortragstätigkeit und historische Beiträge zu diözeanen Publikationen verbunden. Von 2005 bis 2017 engagierte er sich außerdem als Präsident der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte. Von 2001 bis 2004 war er Herausgeber der „Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte“.

tob (MBN)

 

Nachbesserungsbedarf beim KiTa-Zukunftsgesetz

Gemeinsame Erklärung der Kirchen und der LIGA in Rheinland-Pfalz

Mainz. Mit einer gemeinsamen Presseerklärung haben die Evangelischen Landeskirchen und die Katholischen (Erz-)Diözesen in Rheinland-Pfalz sowie die LIGA der freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz e.V. am Mittwoch, 21. August, auf Nachbesserungsbedarf beim KiTa-Zukunftsgesetz in Rheinland-Pfalz hingeweisen. Anlass war die Beratung des Entwurfes im rheinland-pfälzischen Landtag. Wir dokumentieren die Erklärung im Wortlaut:

KiTa-Zukunftsgesetz:

Nachbesserungen gefordert trotz positiver Ansätze im Gesetzentwurf

Die Kirchen und die LIGA der freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz e.V. begrüßen, dass der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zum KiTa-Zukunftsgesetz deutliche inhaltliche und finanzielle Verbesserungen gegenüber dem ersten Referentenentwurf aufweist. Wir sehen uns darin bestätigt, dass unsere Anliegen teilweise aufgegriffen wurden. Es besteht aber weiterhin deutlicher Nachbesserungsbedarf.

Beschäftigte und Träger arbeiten gemeinsam mit hohem Engagement an der wichtigen staatlichen Pflichtaufgabe der Einrichtung und des Betriebs von Kindertageseinrichtungen und sind für die reibungslose Zusammenarbeit auf einen vom Land zu erlassenden gesetzlichen Ordnungsrahmen angewiesen. Daher appellieren Kirchen und Wohlfahrtsverbände nochmals an das Parlament, in den weiteren Beratungen die folgenden Forderungen zu berücksichtigen:

  • Die Kostenarten (Personal-, Sach-, Bau- und Investitions- sowie Overheadkosten) müssen schon aus rechtlichen Gründen im Gesetz geregelt und dürfen nicht in eine Rahmenvereinbarung verschoben werden. Auch die Inhalte des Sozialraumbudgets müssen im Gesetz geregelt werden. Zudem ist dieses zwingend an die Tarifentwicklung anzupassen. Mit dem neuen Gesetz muss eine höhere Planungs- und Regelungssicherheit für Träger, Eltern, Kinder und Beschäftigte erreicht werden.
  • Betreuung von Kindern in Kitas erfordert gut ausgebildetes, motiviertes Personal und gute Arbeitsbedingungen. Mit den im Gesetz angedachten Personalaufwüchsen ist ein erster Schritt getan. Es ist wichtig, dass die Personalbemessung sich an wissenschaftlichen Standards orientiert.
  • Schon durch den jetzigen Gesetzentwurf sind erhebliche Mehrkosten zu erwarten. Die Kostenträger dürfen bei der Finanzierung nicht allein gelassen werden. Es ist dringend erforderlich, dass das Gesetz so gestaltet wird, dass die Kosten für die frei-gemeinnützigen Träger deutlich sinken.

Kirchen und Wohlfahrtsverbände wünschen sich eine weitere positive Entwicklung auf dem Weg zu einem am Ende guten KiTa-Zukunftsgesetz, das von allen Beteiligten getragen und mit hohem Engagement umgesetzt werden kann. Die notwendige Evaluation der Gesetzesauswirkungen muss umgehend beginnen.

PM (MBN)

 

Weihbischof Bentz besuchte Wormser Backfischfest

Einblicke in Arbeitswelt von Schaustellern und der Schausteller- und Circusseelsorge

Worms. Einblicke in die Arbeitswelt der Schausteller und der Schausteller- und Circusseelsorge in Deutschland konnte der Mainzer Weihbischof und Generalvikar Dr. Udo Markus Bentz am Montag, 26. August auf dem Wormser Backfischfest erleben. Mehrere Schaustellerbetriebe hatten zu Besuch und Gespräch auf dem Volksfest eingeladen. Der Kontakt war über Monsignore Manfred Simon zustande gekommen, der seit 2008 Regionalseelsorger der Schausteller- und Circusseelsorge für das Bistum Mainz ist. Auch Pfarrer Sascha Ellinghaus, Leiter der katholischen Circus- und Schaustellerseelsorge in Deutschland, nahm an dem Rundgang teil.

Stationen, bei denen der Weihbischof mit Schaustellern sprechen konnte, waren unter anderem die Mandelbrennerei von André Nock, der Stand mit kandierten Früchten von Markus Rick und der Softeis-Stand von Familie Schneider. Mit dem Riesenrad der Familie Göbel ist der Weihbischof ebenso gefahren wie mit der Achterbahn „Wilde Maus“ und bei Kettenkarussell „Wellenflug“ der Familie Kaplan hatte sich Bentz am Mikrophon als Ansager probieren dürfen. Bei hochsommerlichen Temperaturen hatte der Vorsitzende des Schaustellerverbandes Worms-Wonnegau, René Bauer, den Weihbischof zusammen mit dem zweiten Vorsitzenden, Markus Rick, über das Fest geführt und in den Biergarten „Zum alten Bauer“ zum Backfischessen eingeladen.

Weihbischof Bentz würdigte den engen Kontakt, der von den Seelsorgern zu den Schaustellern gehalten wird. Bauer betonte die Wichtigkeit der Schausteller- und Circusseelsorge, „da es für uns immer ganz wichtig ist, einen Ansprechpartner vor Ort zu haben“. Am Dienstagvormittag findet im Festzelt Beinhorn der traditionelle Gottesdienst auf dem Backfischfest mit Monsignore Simon und Pfarrer Ellinghaus statt. Am Ende seines Besuches auf dem Backfischfest traf Bentz außerdem kurz den neuen Wormser Oberbürgermeister Adolf Kessel. 

tob (MBN)

 

Vorschau

„(fair)-sprechen!  informieren – befragen – beteiligen“ (11.9.)

Diözesantag für Personal- und Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen

Mainz. Mehr als 100 Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter werden beim traditionellen Diözesantag für Personal- und Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen am Mittwoch, 11. September, erwartet. Der Tag, der vom Referat Berufs- und Arbeitswelt des Bistums Mainz veranstaltet wird, beginnt um 9.00 Uhr in der Bistumsakademie Erbacher Hof; er steht unter dem Motto „(fair)-sprechen!  informieren – befragen – beteiligen - Kommunikation im Betrieb“.

Das Impulsreferat wird Dr. Hermann Schäfer von der tbs Rheinland-Pfalz halten, der das Thema grundsätzlich beleuchtet. Aus der Praxis berichten drei Arbeitnehmervertreter, die ihre Erfahrungen in ihren Unternehmen aus Industrie, Verwaltung und Handel schildern. In einer Austauschrunde mit den Referenten werden Chancen und Befürchtungen beleuchtet. Nachmittags folgen einige Workshops, die das Thema vertiefen und auch weitere Aspekte betrachten sollen. Katja Deusser, Gewerkschaftssekretärin ver.di, wird über „Zwischen Tür und Angel. Chancen spontaner Kommunikation“ sprechen. Nina Stock, Mitarbeiterin der tbs Rheinland-Pfalz, vertieft mit dem Thema „Ideenmanagement“ eine nachhaltige Beteiligung des Betriebspersonals. Margarethe Szpilok, Diplom-Psychologin und Unternehmensberaterin aus Frankfurt, behandelt eine „konstruktive Feedbackkultur“ unter der Überschrift „Wie sage ich es, um gehört zu werden?“. Und wie effektive Hilfe aussehen kann, wenn Krisen ausgebrochen sind, behandelt Dr. Hermann Schäfer in seinem Workshop „Konflikte und Mediation. Mediation im Betrieb: Konflikte produktiv nutzen“. Zum Abschluss der Veranstaltung fasst Betriebsseelsorgerin Ingrid Reidt, Rüsselsheim, die Ergebnisse des Tages in einem „sozialethischen Impuls zum Abschluss: (fair-)sprechen - ein Versprechen?“ zusammen.

Hinweis: Weitere Informationen und Anmeldung beim Referat Berufs- und Arbeitswelt und seinen Regionalstellen, Telefon: 06131/253-864, E-Mail: betriebsseelsorge@bistum-mainz.de, sowie im Internet unter www.arbeitswelt-bistum-mainz.de

PM (MBN)

 

„Nacht der offenen Kirchen“ (13.9.)

Zahlreiche Veranstaltungen in den Kirchen Heppenheims

Heppenheim. Zum sechsten Mal laden die katholische und evangelische Kirche in Heppenheim zur „Nacht der offenen Kirchen“ ein. Sie findet am Freitag, 13. September, statt und beginnt um 18.00 Uhr mit einem gemeinsamen Geläute der beteiligten Kirchen: St. Peter, Heilig Geist, Christuskirche, St. Vinzenz und Erscheinung des Herrn. In der Einladung heißt es: „So verschieden wie die einzelnen Gemeinden und deren Kirchengebäude, so unterschiedlich sind in dieser Nacht die Angebote in den Gotteshäusern.“ Ein kostenloser Pendelbus wird an diesem Abend die beteiligten Kirchen verbinden. Die Veranstaltungen enden zwischen 22.00 und 23.00 Uhr.

Hinweis: Alle Informationen zum Programm in den einzelnen Kirchen im Internet unter www.kirchennacht-heppenheim.de

am (MBN)

Neuerscheinung

Hoch über Mainz „ein vergnügtes Leben, mir selber genug“

Die Chronik des Türmers von St. Stephan ist als Buch veröffentlicht worden

Mainz. Der Sommer 2019 war heiß und zu trocken. Und auch vor 200 Jahren, 1819, herrschte „große Hitze bis Oktober“; im Dezember hingegen litt Mainz unter Dauerregen: „Das Wasser ist so groß, dass es in der Stadt steht; ertrunkene Menschen, Vieh, Gerät treiben den Main und Rhein herunter.“ Nachzulesen ist das in der kurzweiligen Chronik des damaligen Türmers von St. Stephan, Hermann Caspar Schneider (1764-1846), die jetzt dank jahrelanger Bemühungen von Siegfried Kirsch in Buchform erhältlich ist.

Ein Leben hoch über Mainz

Um 1796 an den Türmerjob und die Dienstwohnung hoch über Mainz zu kommen, musste Schneider die bereits im Alter vorgerückte Tochter seines Amtsvorgängers heiraten und fortan das asketische Küchenregiment auch der Schwiegermutter ertragen. Nach dem Tod der Damen ging es ihm besser, schreibt er und fügt hinzu: „So führe ich ein vergnügtes Leben, mir selber genug“, auch wenn es im hohen Alter – das Treppensteigen hielt gesund – um ihn einsam wurde. Denn leider kam keiner der Verstorbenen, wiewohl befreit von der Last eines Körpers, zu Besuch: „Meine Bekannten sind alle tot; mit vielen hab‘ ich die Abende zugebracht, sie sollten ihre Bekanntschaft zu mir fortsetzen, das Reisen machte ihnen keine Kosten noch Müh; es ist aber noch keiner zu mir gekommen.“

Als Geistergläubiger vermerkte der Türmer in seiner Chronik immer wieder Spukgeschichten, die ihm zu Ohren kamen. Ansonsten vermeldete er, was er von seinem weiten Ausguck her sehen konnte und sollte: Brände, denn die Feuerwache war seine Hauptaufgabe, außerdem Erscheinungen am Nachthimmel wie Kometen und Feuerbälle, Wetterkapriolen, Eisgänge auf dem Rhein. Verbunden damit das Wohl und Wehe der Bevölkerung: Qualität der Ernte, Hungersnöte und Teuerungen, aber auch fröhliche Fastnachtstage, außerdem bizarre oder traurige Schicksale, die gerade Stadtgespräch waren. Politisch war Schneider sehr interessiert: Seine Chronik schildert in einiger Breite und durchaus effektvoll bereits die seinen 50 Türmerjahren vorausliegenden Revolutions- und Kriegsereignisse in Mainz und dann die nachfolgenden Belastungen durch die damalige französische Besatzung. Die Meldung von etwaigen feindlichen Truppenbewegungen gehörte mit zum Aufgabenbereich des Türmers, der von der Stadt Mainz bezahlt wurde.

Kirchliche Umbrüche in Schlaglichtern

Zahlreich sind auch die Referenzen auf das kirchliche Leben in Mainz. In der vorrevolutionären Zeit missfallen dem Türmer die alten Klöster der Stadt mit ihren dunklen Kreuzgängen, Märtyrerbildnissen („eins immer schrecklicher als das andere“) und dem „dumpf klagenden Ton“ des Chorgesangs. Weitaus besser gefallen ihm zeitgenössische Barockbauten wie beispielsweise das heutige Bischöfliche Ordinariat: „Das Malteser Haus, zum Heiligen Grab genannt, ein schönes Gebäude.“ Die dramatischen Umbrüche im katholischen Leben zwischen Revolution und Restauration werden zumindest schlaglichtartig beleuchtet. Joseph Ludwig Colmar bekommt zu seinem Tod 1818 als „der hiesige gute, fromme, menschenliebende Bischof“ ein gutes Zeugnis ausgestellt.

Buchvorstellung in der Türmerstube

Die bis ins Sterbejahr Schneiders (1846) reichende Chronik ist in zwei Fassungen als spätere Abschrift erhalten, die heute im Bischöflichen Dom- und Diözesanarchiv aufbewahrt wird. Oberstudienrat i.R. Siegfried Kirsch hat sie nicht nur transkribiert und in Zusammenarbeit mit dem Verlag der „Stiftung historische Kommission für Rheinlande 1789-1815“ für den Druck bearbeitet und kommentiert, er hat das insgesamt 252 starke und reich bebilderte Buch auch mit vielen Informationen zur Türmertradition in St. Stephan vor und nach Schneider sowie zur Geschichte des Kirchturms von St. Stephan angereichert – die Kirche selbst ist eine Gründung von Erzbischof Willigis vor mehr als 1.000 Jahren; sie ist heute vor allem durch die Fenster von Marc Chagall weit bekannt. Im Anhang findet sich außerdem eine kleine Auswahl von vier Geister-Erzählungen aus der literarischen Produktion von Hermann Caspar Schneider.

Das Buch „Der Türmer von St. Stephan“ wurde am Abend des 22. August am Ort des Geschehens vorgestellt: in der sechseckigen Turmstube von St. Stephan mit weitem Ausblick über Mainz und Umgebung. Der Verleger, Dr. Dr. Mark Scheibe, und „Reenactor“ Achim Klum präsentierten in der Uniform französischer Nationalgardisten ein originales Fernrohr aus jener Zeit, während Jan Boris Rätz (SWR) aus Schneiders Chronik rezitierte und Siegfried Kirsch mit Wissenswertem rings um Turm und Türmer aufwartete.

Hinweis: Siegfried Kirsch, Der Türmer von St. Stephan. Hermann Caspar Schneider (1764-1846) und seine Chronik der Stadt Mainz, Mainz 2019 (Stiftung Historische Kommission für die Rheinlande 1786-1815), Broschur, 252 Seiten mit vielen Abbildungen (auch in Farbe), erhältlich für 19,90 Euro im Infoladen des Bistums Mainz und im Mainzer Buchhandel.

bn (MBN)

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