70. Verfassungstag von Rheinland-Pfalz

Sozialpartner und Kirchen rufen zur Verteidigung unserer Werte auf

Landesverfassung 70 (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Di. 16. Mai 2017
Von:
tob (MBN)
Mainz. „Ein Leben in Frieden und Freiheit braucht eine offene Gesellschaft, Demokratie, Achtung der Presse-, Rede- und Religionsfreiheit sowie internationale Kooperation und die europäische Integration.“ Das haben die Kirchen und Sozialpartner in Rheinland-Pfalz zum 70. Verfassungstag in einer Gemeinsamen Erklärung formuliert.

Die am 18. Mai 1947 verabschiedete Verfassung des Landes sei gemeinsam mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und den europäischen Verträgen die Grundlage unseres Gemeinwesens, betonten Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes Rheinland-Pfalz/Saarland (DGB), der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU), der Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz und der Katholischen (Erz-)Bistümer in Rheinland-Pfalz bei einem Pressegespräch am Dienstag, 16. Mai, im Büro der Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz in Mainz. 

Ordinariatsdirektor Dieter Skala, Leiter des Katholischen Büros Mainz, verwies darauf, dass Rheinland-Pfälzer in sich zugleich die deutsche, die europäische und die weltweite Perspektive tragen. Der Katholischen Kirche sei dies als „ältestem Global Player“ vertraut. „Gerade wegen der weltweiten Dimension ist die Kirche überzeugt, dass ein Menschenbild, das den Nächsten als Bruder oder Schwester erkennt, auch über nationale Grenzen hinausreichen muss. Unser Blick hat deshalb von Anfang an das europäische Einigungswerk positiv begleitet, das uns nach Jahrhunderten kriegerischer Auseinandersetzung nun eine so lange Friedensphase gesichert hat“, sagte Skala. 

Er verwies darauf, dass der Gottesbezug der rheinland-pfälzischen Verfassung „nicht auf ein spezifisches Gottesbild einer einzelnen religiösen Tradition eingegrenzt“ sei. Damit bilde sich auch über die Verfassung ab, „dass Rheinland-Pfalz ein inzwischen auch in religiöser Hinsicht vielfältiges Land mit Offenheit gegenüber Menschen unterschiedlichen Glaubens ist“. Wörtlich sagte Skala: „Wichtig ist die stete Erinnerung daran, dass es keinen Frieden geben wird, der nicht auch einen Frieden zwischen den Religionen umfasst. Gerade deshalb sind wir froh über die durch die Verfassung garantierte Religionsfreiheit in unserem Land. Wir wissen aus vielen Ländern unserer Erde um die Begrenzung und Missachtung dieses Grundrechts und um die hieraus resultierenden Folgen. Aus unserer Sicht ist und bleibt diese Freiheit ein besonders wichtiges Element, das es auch bei uns immer wieder neu zu beachten und zu verteidigen gilt.“

Es sei eine bleibende Aufgabe, die demokratische Verfasstheit des Landes zu bewahren: „Demokratie zu leben und zu stärken ist Aufgabe jedes einzelnen Bürgers.“ Auch die Kirche sähe sich „immer wieder aufgerufen, unseren je nach Situation ganz eigenen Beitrag hierbei zu leisten“. Skala würdigte die Landesverfassung als „eine Garantin der Freiheit“ und dankte „den vielen Politikerinnen und Politikern in unserem Land von der Kommunal- bis zur Europaebene, aber auch den vielen über die Politik hinaus engagierten Menschen, die es sich – durch die Jahrzehnte hinweg bis heute – zur Aufgabe gemacht haben, für die Würde des Menschen einzutreten und unsere Demokratie weiterzuentwickeln“.

Der Beauftragte der Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz, Oberkirchenrat Dr. Thomas Posern, betonte, dass Demokratie vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger in zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen lebe. „Deshalb haben wir gemeinsam die Erklärung verfasst und wollen ein Zeichen dafür setzen, dass nationalistische, fremdenfeindliche und antidemokratische Bestrebungen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.“

„Wir haben in Rheinland-Pfalz einen guten Weg gefunden, den wertvollen und wichtigen Rahmen, den die Verfassung uns gibt, im Dialog als Sozialpartner und mit weiteren wichtigen gesellschaftlichen Gruppen auszugestalten. Die Digitalisierung, die voranschreitende Globalisierung und auch die europäische Integration werden den Wandel unserer Gesellschaft, der Wirtschaft und damit auch der Arbeitswelt weiter vorantreiben. Hier werden wir in Zukunft noch mehr gefordert sein, den Menschen ins Zentrum unseres Gestaltungswillens zu stellen“, sagte der DGB-Vorsitzende Dietmar Muscheid.

LVU-Hauptgeschäftsführer Werner Simon rief das Diktum des ehemaligen Bundes-verfassungsrichters Böckenförde in Erinnerung, der freiheitliche, säkularisierte Staat lebe von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren könne. „Vielleicht haben wir in unseren westlichen Gesellschaften einen Punkt erreicht, der diesen Gedanken so aktuell wie nie zuvor erscheinen lässt“, sagte Simon. Genau wie der Staat, seien auch der Markt und die Soziale Marktwirtschaft nicht voraussetzungslos. „Ganz im Gegenteil. Marktwirtschaft braucht einen gesetzlich vorgegebenen Ordnungsrahmen sowie Werte und Normen.“