„Das Evangelium hat auch politische Sprengkraft“

Predigt von Bischof Peter Kohlgraf zum 75. Todestag von Pater Alfred Delp SJ

Bischof Peter Kohlgraf (c) Bistum Mainz
Datum:
So. 9. Feb. 2020
Von:
am (MBN)

Lampertheim. Auf die politische Bedeutung und die gesellschaftliche Wirksamkeit des Evangeliums hat der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hingewiesen.

„Der Priester solle fromm beten und sich um die Frömmigkeit kümmern, nicht selten hören wir auch heute derartige Töne. Die Kirche soll sich aus politischen Fragen heraushalten, so wird auch heute schnell argumentiert, wenn sich Vertreter der Kirche politisch in umstrittenen Themen zu Wort melden. Vielleicht ahnen es manche dieser oft gehässigen Kommentatoren nicht, aber sie bestätigen, dass das Evangelium auch politische Sprengkraft hat. Es ist nicht einzuschließen“, sagte Kohlgraf in einer Predigt in einem Gottesdienst anlässlich des 75. Todestages (2. Februar) von Pater Alfred Delp SJ.

Der Gottesdienst fand am Sonntag, 9. Februar in der Kirche St. Andreas in Lampertheim statt. Delp stammt aus Lampertheim und hat seine Jugend im Bistum Mainz verbracht. Seine Heimatgemeinde St. Andreas in Lampertheim hatte ihn aus Anlass des Jahrestages mit einer Gedenkwoche geehrt. Das Pontifikalamt mit Bischof Kohlgraf war Abschluss der Gedenkwoche.

Weiter sagte Kohlgraf: „Die Gegner des Christentums haben wohl manchmal ein deutlicheres Gespür für die verändernde Kraft des Wortes Gottes als manche Gläubige, die in Glaubensroutinen feststecken. Wir sollten in vielen aktuellen Fragen nicht zu zaghaft sein, die verwandelnde Kraft des Evangeliums ins Wort zu bringen und zu bezeugen.“

Natürlich sei die Zeit Alfred Delps eine andere gewesen, aber: „Gehässiger Gegeifer ist wieder stärker zu vernehmen. Die Anerkennung der Würde aller Menschen wird offenkundig nicht von allen geteilt. Wir gewöhnen uns an Krieg und Flucht, an Armut und Ungerechtigkeit. Aufrüstung und eine Politik des Säbelrasselns werden wieder gesellschaftsfähig. Hass und Verachtung anderer Menschen werden hemmungslos ausgesprochen. Menschen, die helfen, werden verächtlich gemacht. Andersdenkende und Andersglaubende werden als Feindbilder aufgebaut.“

Bereits damals habe Delp vor einer völligen Verzweckung und damit Entwürdigung des Menschen gewarnt: „Derartige Tendenzen sind heute auf vielen Ebenen erneut aktuell: die Bewertung von Menschen nach Gesundheit und Nützlichkeit, das Bemühen um Selbstoptimierung und Wirtschaftlichkeit. Am Ende kippt das Gutgemeinte leicht in eine Entwürdigung des Menschen“, sagte Kohlgraf.

Alfred Delp wurde am 15. September 1907 als ältester Sohn eines Lampertheimer Kassenbeamten geboren. Nach dem Besuch der Volksschule trat er mit 15 Jahren zum katholischen Glauben über. Ostern 1922 kam er in das Bischöfliche Konvikt nach Dieburg und machte dort 1926 das Abitur. 1926 trat er in den Jesuitenorden ein und wurde 1937 in München zum Priester geweiht. Am 28. Juli 1944 wurde Pater Delp verhaftet, am 9. und 10. Januar 1945 fand die Gerichtsverhandlung vor dem Volksgerichtshof statt - Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofes, leitete die Verhandlung. Am 2. Februar 1945 wurde Alfred Delp hingerichtet.  

Hinweis: Karl Kardinal Lehmann / Michael Kißener: „Das letzte Wort haben die Zeugen: Alfred Delp“. Mainzer Perspektiven: Orientierungen 6, hrsg. von Barbara Nicht-weiß, Bistum Mainz Publikationen 2007, 64 Seiten, ein Euro. ISSN: 0947-629X, ISBN: 978-3-934450-31 – Der Band ist erhältlich im Infoladen des Bistums Mainz.

Predigt von Bischof Kohlgraf zum 75. Todestag von Alfred Delp im Wortlaut