Faszination Orgel

Erwan Le Prado aus Caen (Normandie) (c) Bistum Mainz/Erbacher Hof
Datum:
Di. 8. März 2022
Von:
PM(MBN)

Mit Johann Sebastian Bachs Sinfonia „Wir danken dir Gott“, einer Transkription Marcel Duprés aus der „Ratswahlkantate“, für den Abend vom Mainzer Domorganisten Professor Daniel Beckmann eingespielt, eröffnete Professor Peter Reifenberg, Direktor des Erbacher Hofs in Mainz, den zweiten Aschermittwoch unter Corona-Bedingungen zum Thema „Faszination Orgel – Rückblick auf das Jahr der Orgel 2021 – und die Zukunft der Orgelmusik“.

Herzlich begrüßte Peter Reifenberg den Ehrengast und Freund, Erwan Le Prado, Caen (Normandie), „Titulaire“ der Großen Cavaillé-Coll Orgel der Abteikirche St. Etienne, Grabstätte von Wilhelm dem Erorberer und monumentales Zeugnis spätromansicher Baukunst. Le Prado ist auch Professor an der dortigen Musikhochschule. Der Preisträger des „Grand Prix de Chartres“ (2000) ist ein herausragender Musiker der jüngeren Generation. Eine „Power-Point“- Präsentation aus St. Etienne, unterlegt mit einem beeindruckenden Live-Konzertmitschnitt Le Prados, vermittelte die französische Atmosphäre direkt in den Ketteler-Saal des Erbacher Hofs. In fließendem Deutsch berichtete Le Prado auf Anfrage des Moderators des Abends, dem Musikwissenschaftler Professor Dr. Birger Petersen, von seinen ersten positiven Erfahrungen mit der neuen Goll-Orgel des Mainzer Doms und stellte sein minutiös vorbereitetes Konzertprogramm des Orgelabends, der am Folgedonnerstag „à la française“ stattfand und gedanklich unter dem Hymnus „Ave maris stella“ stand, vor. 

Das Jahr der Orgel 2021 im Bistum Mainz bildete den zweiten Teil des Abendgesprächs: Diözesankirchenmusikdirektor Lutz Brenner stelle die Orgelneubau- und Renovierungsprojekte im Bistum im Lichte des „Pastoralen Wegs“ vor und benannte als vorbildlich geglücktes Beispiel unter hoher bürgerschaftlicher Beteiligung den Neubau der Firma Klais in Zornheim. Trotz spärlicher hauptamtlicher kirchenmusikalischer Personaldecke geschieht im Bistum bei mehr als 150 Orgel Studierenden viel Innovatives, um das Interesse am Instrument zu wecken, etwa auch ein Orgelbausatz für Kinder, aber auch durch den vom Landesmusikrat initiierten „Orgelspaziergang“, der in diesem Jahr Wiederholung finden soll. Auch in Caen finden Kinder den Weg zur Orgel; Le Prados jüngste, begabte Studentin am „Conservatoire“ zählt gerade einmal neun Jahre. 

Die Normandie zählt zu den orgelreichsten Regionen Frankreichs; allerdings sind die wertvollen Instrumente, insbesondere Cavaillé-Colls, dies zeigt etwa die Stadt Elbeuf, zum Teil in schlechtem Zustand, da Stadt und Staat nur wenig für den Unterhalt investieren wollen. Anspruchsvolle Orgelprojekte wie das in Mainz existieren in Frankreich so gut wie nicht, obschon die wertebildende Kraft von Musik außer Frage steht und das gemeindliche Leben in Kirche und Staat bestens befördert. Auch deshalb ist die Vollendung der „Klingenden Dreifaltigkeit“ im Dom zu Mainz, die viele Menschen anzieht, wie Daniel Beckmann im dritten Themenabschnitt des Abends betonte, so wichtig. Dies betrifft vor allem den letzten, dritten Bauabschnitt der hinter dem Chorgestühl stehenden Klais-Orgel von 1928, die im ursprünglichen Zustand wieder renoviert, als wichtiges Begleitinstrument der insgesamt rund 500 singenden Chormitglieder dienen soll. 

Derzeit wird das französisch-romantische Hauptwerk im Ostchor durch die Firma Rieger bereits intoniert. Die Fragen des Publikums, etwa nach den Kosten des Projekts, beantworteten der Mainzer Bischof Kohlgraf und Domdekan Henning Priesel: es werden keine Kirchensteuermittel verwandt, sondern ausschließlich Spendengelder, die vor allem dankenswerterweise vom Dombauverein akquiriert werden. Gerade die Suchenden, der Kirche noch Fernstehenden werden durch die „himmlischen Klänge“ des Instruments direkt angesprochen, auch der Orgelzyklus im Bistum Mainz als kulturelle Initiative ist zugleich ein Stück Sozialarbeit. Kirche leistet einen wichtigen Beitrag als Kulturträger in unserer Gesellschaft. In Frankreich zählt dies zu den Wunschgedanken, wie Le Prado einwarf. Ein kurzweiliger Aschermittwochabend ging bei „Spundekäs und Rotwein“ in französisch-deutscher Eintracht und Freundschaft zu Ende.

Bistumsakademie Erbacher Hof