Fehlendes Kulturleben ist „schmerzliche Verarmung unseres Miteinanders“

Traditioneller Aschermittwoch der Künstler und Publizisten im Mainzer Staatstheater

Mainz, 17. Februar 2021: Aschermittwoch der Künstler und Publizisten (v.l.n.r.): Jürgen Hardeck, Anne Reidt, Ariane Binder, Marianne Grosse, Markus Müller und Bischof Peter Kohlgraf. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Mo. 22. Feb. 2021
Von:
tob (MBN)

Mainz. „Das fehlende Kulturleben und der ausbleibende Austausch der Künstlerinnen und Künstler mit anderen Menschen in diesen Monaten, die Schließung von Museen, Theatern und Konzertsälen, auch die spürbaren Defizite im Bildungswesen sind eine schmerzliche Verarmung unseres Miteinanders.“

Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in seinem Grußwort beim traditionellen Aschermittwoch der Künstler und Publizisten am Mittwoch, 17. Februar, im Mainzer Staatstheater. Die Veranstaltung der Bistumsakademie Erbacher Hof war im Glashaus des Staatstheaters ohne Publikum aufgezeichnet worden und steht auf dem Youtube-Kanal des Erbacher Hofes als Video zur Verfügung. Der diesjährige Aschermittwoch der Künstler und Publizisten stand unter der Überschrift „Alles anders - Perspektiven aus der Corona-Krise für Kunst und Kultur“.

Weiter sagte der Bischof: „Wir werden nach der Pandemie kritisch nachfragen müssen, wie wir Menschsein definiert haben, und ob wir unsere derzeitige Antwort darauf als tragfähig verstehen. Ganz sicher hätten oder haben Künstlerinnen und Künstler in diesen Zeiten uns etwas Wichtiges zu sagen gehabt. Wir brauchen nur scheinbar diese Beiträge nicht. Einen Anstoß zu dieser dringend notwendigen Debatte über Menschsein, Freiheit, Systemrelevanz und andere Fragen soll der diesjährige ‚Aschermittwoch der Künstler‘ leisten. Ein System, das in Notzeiten ohne Schmerzen auf Kultur und kulturellen Austausch meint verzichten zu können, ist bereits kein gesundes System, ob mit Virus oder ohne.“ Zu Beginn hatte außerdem der rheinland-pfälzische Staatsminister Professor Dr. Konrad Wolf in einem als Video eingespielten Grußwort auf die große Bedeutung der Kultur für das soziale Gefüge der Gesellschaft hingeweisen und deutlich gemacht, das ein breites Gespräch über die Zukunft der Kultur nach Überwindung der Pandemie erforderlich sei.

Müller: „Grundnahrungsmittel für das gesellschaftliche Miteinander“

„Das Theater als Diskussionsort ist ein Grundnahrungsmittel für das gesellschaftliche Miteinander“, sagte der Intendant des Staatstheaters Mainz, Markus Müller, in der anschließenden Podiumsdiskussion. Er sei verwundert darüber, „dass wir so sehr dafür streiten müssen, dass Kultur so wichtig ist für die seelische Gesundheit der Menschen“. Er habe die Erwartung, dass mit der Wiederaufnahme des öffentlichen Lebens auch die Theater und Kultureinrichtungen wieder öffnen dürfen, sagte Müller.

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des deutschen Kulturrates Berlin, bezeichnete es als „absolut notwendig, dass wir auch für die Kultur eine Öffnungsperspektive haben“. Gerade der Kulturbereich habe gezeigt, dass er verantwortungsvoll mit der Situation umgeht und gute Hygienekonzepte vorgelegt. Zimmermann, der  aus Berlin in die Runde zugeschaltet, war hob hervor, dass in der Pandemie aktuell vor allem Solo-Selbstständige den größten Schaden davontragen.

„Wir müssen dafür sorgen, dass die Künstler auch nach der Pandemie noch in der Lage sind, aufzutreten“, sagte Marianne Grosse, Kultur- und Baudezernentin der Stadt Mainz. Dafür engagiere sich die Stadt Mainz auf verschiedenen Ebenen. Anne Reidt, Leiterin Hauptabteilung Kultur ZDF, unterstrich die Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum einen für die Berichterstattung über Künstler und Kultur, zum anderen aber auch als Kulturproduzenten. Sie verwies etwa auf die Entwicklung neuer digitaler Formate wie die auf 3sat gezeigte Produktion „Beethoven - ein Geisterspiel“ zusammen mit dem Mainzer Staatstheater. Seine Hauptsorge gelte „dem sozialen Leben insgesamt“, für das die Kultur eine besondere Rolle spiele, sagte Professor Dr. Jürgen Hardeck, stellvertretender Abteilungsleiter Kultur im Kultusministerium und Leiter des Kultursommers Rheinland-Pfalz. Daher müsse ein „vertieftes Nachdenken über die Zukunft der Kultur“ stattfinden.

Die Moderation der Gesprächsrunde hatte die Journalistin Ariane Binder (SWR/ZDF 3sat Kulturzeit) übernommen. Künstlerisch gestaltet wurde die Veranstaltung von den beiden Tänzerinnen Cristel de Frankrijker und Anna Raiola sowie zum Abschluss von Myung-in Lee (Gesang) und Christian Maggio (Klavier).

Hinweis: Link zum Video der Veranstaltung unter https://youtu.be/HShi2pmkPzk