Kohlgraf: Priesterausbildung darf nicht in Sonderwelten stattfinden

Internationale, ökumenische Historiker-Tagung diskutiert über „Pfarramt der Zukunft“

Mainz, 30. März 2023: Ökumenische Diskussion über das
Datum:
Do. 30. März 2023
Von:
tob (MBN)

Mainz. Gerade vor dem Hintergrund der EVV-Studie zu sexualisierter Gewalt im Bistum Mainz sei es eine große Herausforderung für die Zukunft, dafür zu sorgen, dass die Ausbildung in Priesterseminaren „nicht in einer Sonderwelt stattfindet“, die nichts mit der Wirklichkeit der Gesellschaft zu tun hat. Das betonte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Donnerstagabend, 30. März, bei einer Internationalen ökumenischen Historiker-Tagung im Erbacher Hof in Mainz. 

„Einen klassischen Berufsweg gibt es heute nicht mehr. Die Wege in den Priesterberuf sind sehr individuell geworden. Deshalb ist es notwendig, die Ausbildungswege heute individueller zu gestalten“, sagte Bischof Kohlgraf. Obwohl es in den vergangenen Jahren schon viele Veränderungen gegeben habe, „haben wir noch zu stark ein Einheitsmodell in der Ausbildung“. Kohlgraf verwies darauf, dass im Mainzer Priesterseminar als „Haus der geistlichen Berufe“ inzwischen schon seit vielen Jahren alle pastoralen Berufsgruppen ausgebildet werden.

Bischof Kohlgraf sagte, dass auch heute noch Priesterbilder aus früheren Jahrhunderten präsent seien: „Die Transformationsprozesse hin zu anderen Priesterbildern sind oft schwierig.“ Es sei ein gutes Zeichen, dass heute die Reflexion über das eigene Leitungsverständnis in den Mittelpunkt rücke, sagte Kohlgraf. „Der Pfarrer muss heute nicht mehr nur fromm sein, sondern sich auch kritischen Diskussionen aussetzen.“ Und weiter: „Im Grunde versuchen wir gerade synodale Aspekte in unser Leitungsverständnis zu implementieren und sind dabei erst ganz am Anfang.“ Aber die ersten Erfahrungen zeigten auch, „dass die Arbeit in Teams für viele eine Entlastung ist“. Gerade vor dem Hintergrund der Diskussion um sexualisierte Gewalt und Übergriffigkeit sei die Entwicklung von Seelsorgestandards notwendig. Auf dem Podium diskutierten außerdem: Prälat Burkard zur Nieden, Evangelische Kirche Kurhessen-Waldeck, Professor Dr. Kristian Fechtner, Mainz, und Pfarrer Stefan Dumont, Boppard. Moderiert wurde die Runde von Professorin Dr. Ines Weber aus Linz.

Der öffentliche Gesprächsabend unter der Überschrift „Alte Ideale, neue Herausforderungen und die Suche nach dem Pfarramt der Zukunft“ fand im Rahmen der Tagung „Priester - Volkslehrer - Zeremonienmeister. Katholische und evangelische ‚Geistliche‘ in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ (29. bis 31. März) statt. Verantwortet wird die Tagung in Zusammenarbeit mit der Bistumsakademie Erbacher Hof von Professor Dr. Florian Bock, Ruhr-Universität Bochum, Dr. Benedikt Brunner, Leibniz-Institut für Europäische Geschichte Mainz, Professor Dr. Thomas Kuhn, Universität Greifswald, Professor Dr. Bernhard Schneider, Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte und der Theologischen Fakultät Trier.