Konflikte ohne Waffen lösen

Projektgruppe Zivile Konfliktbearbeitung Rhein-Main trifft sich seit zehn Jahren

Zivile Konfliktberatung (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Fr. 10. März 2017
Von:
tob (MBN)
Mainz. Einblicke zu Praxis und Herausforderungen des friedenspolitischen Instrumentes des Zivilen Friedensdienstes bot Heinz Wagner bei einer Sitzung der Projektgruppe Zivile Konfliktberatung Rhein-Main am Freitag, 10. März, in der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz in Mainz.

Der zivile Friedensdienst ist ein freiwilliger Dienst von professionell ausgebildeten Friedensfachkräften, die in Krisengebieten beratend und unterstützend tätig werden. Am Beispiel gewaltpräventiver Projekte in der libanesischen Bekaa-Eben an der syrischen Grenze erläuterte er wie das Forum Ziviler Friedensdienst  (forumZFD) versucht, die Konflikte zwischen Libanesen und geflüchteten Syrern im Land zu überwinden. Mit mindestens 1,5 Millionen Flüchtlingen habe der Libanon bezogen auf die Einwohnerzahl die höchste Flüchtlingsrate weltweit, sagte Wagner. 

Wagner ist Vorsitzender der Stiftung Forum Ziviler Friedensdienst. Er sprach zum Thema „Ziviler Friedensdienst: volljährig, aber auch erwachsen? Das Beispiel Libanon“. Wagner war von 2004 bis 2014 hauptamtlicher Geschäftsführer des forumZFD. Er wies darauf hin, dass sich die Friedensfachkräfte des forum ZFD in der Zusammenarbeit mit Libanesen und Syrern „mit großer Sensibilität“ zurückhielten, um eine gemeinsame Lösung der Konfliktparteien zu ermöglichen und nicht einen eigenen Lösungsvorschlag zu verwirklichen. Ein wesentlicher Punkt sei, dass die angestoßenen Projekte immer „beiden Seiten nutzen müssen“, sagte Wagner. Um die Nachhaltigkeit zu erhöhen, werde darauf geachtet sowohl Libanesen als auch Syrer für die Trägerschaft einzubinden. Wagner stellte unter anderem ein Müll-Projekt, eine Wasserprojekt und ein Projekt zur Abwasserentsorgung vor. 

Gemeinsam mit zwei lokalen Organisationen - einer syrischen und einer libanesischen – bilde das forumZFD in der Bekaa-Ebene insgesamt zehn „Gemeinwesenarbeiter“ (community activists) aus. Das inzwischen abgeschlossene Projekt werde jetzt ausgeweitet. Wagner berichtete außerdem von einer Friedensdemonstration lokaler Nichtregierungsorganisationen, die das forumZFD unterstützt habe, anlässlich des Jahrestages des 1975 ausgebrochenen Bürgerkrieges in Beirut am 13. April. Dabei hätten an der Grenze zwischen einem sunnitischen und einem schiitischen Stadtviertel in Beirut rund 700 Teilnehmer eine Menschenkette für den Frieden gebildet. Für dieses Jahr seien zum Jahrestag landesweite Aktionen geplant. 

Die Idee des zivilen Friedensdienstes 

Entstanden ist die Idee des zivilen Friedensdienstes bereits in den 1990er-Jahren. Der Referent für Weltmission/Gerechtigkeit und Frieden im Bischöflichen Ordinariat Mainz, Alois Bauer, weist darauf hin, dass es in Deutschland bereits 1991 in der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg einen ersten Versuch gegeben habe, einen zivilen Friedensdienst einzurichten. Dieser Ansatz sei von Pax Christi und anderen Friedensorganisationen aufgegriffen worden. Später kamen auch die Entwicklungsdienste hinzu. Ein erstes Bemühen, mit einer interfraktionellen Arbeitsgruppe des Deutschen Bundestages die staatliche Förderung des Friedensdienstes zu erreichen, sei zunächst gescheitert. An den Gesprächen waren damals auch Pax Christi-Bischof Hermann Josef Spital (Trier) und der evangelische Bischof Wolfgang Huber (Berlin) beteiligt. Johannes Rau finanzierte 1997 als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident erstmals eine Ausbildung für den ZFD als Modellversuch. Seit 1999 wird die Projektarbeit vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Außenministerium unterstützt, anfangs mit drei Millionen Euro. Inzwischen beträgt der Jahresetat 45 Millionen Euro. Am ZFD sind neben dem forumZFD die anerkannten Entwicklungsdienste beteiligt und die evangelische „Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden“. 

Die Projektgruppe Zivile Konfliktbearbeitung Rhein-Main 

Die Projektgruppe Zivile Konfliktbearbeitung Rhein-Main wird getragen von den beiden pax christi-Diözesanverbänden Limburg und Mainz, dem Zentrum Ökumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, dem Referat Weltmission/Gerechtigkeit und Frieden im Bistum Mainz, dem Bildungswerk Hessen der DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner/innen) und der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Die Projektgruppe tagt viermal pro Jahr in öffentlicher Sitzung in Mainz oder Frankfurt. 

Ziel der Projektgruppe ist es, „Projekte und Methoden der zivilen, gewaltfreien Konfliktbearbeitung und des Zivilen Friedensdienstes bekannter zu machen, zu ihrer gesellschaftlichen Verankerung und Weiterentwicklung beizutragen und hierfür in der Großregion Rhein-Main ein Netzwerk zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organisationen aufzubauen“. Hervorgegangen ist die Projektgruppe aus der Kooperation bei der Ausstellung „Frieden braucht Fachleute“, die zwischen September 2004 und Februar 2006 im Rhein-Main-Gebiet zu sehen war. Das erste Treffen der Projektgruppe fand am 20. April 2007 zum Thema „Afghanistan“ statt. 

Hinweis: www.gewalt-loest-keine-konflikte.de und www.forumzfd.de