„Nicht Revolution, sondern Evolution ist der Weg der Erneuerung der Kirche“

Weihbischof Udo Bentz predigte beim Tag der Theologiestudierenden im Priesterseminar

Theotag 2016 (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Fr. 3. Juni 2016
Von:
tob (MBN)
Mainz. „Nicht Revolution, sondern Evolution ist der Weg der Erneuerung der Kirche.“ Das sagte der Mainzer Weihbischof, Dr. Udo Markus Bentz, in seiner Predigt beim Tag der Theologiestudierenden am Donnerstagabend, 2. Juni, in der Mainzer Augustinerkirche.
Theotag 2016 (c) Bistum Mainz / Blum

Und weiter: „Wann immer wir uns Gedanken um die Zukunft der Kirche und ihre Gestalt machen, wissen wir uns gebunden an das Fundament und den Grund.“ Die Zukunft der Kirche lasse sich nur „mit einer echten Wertschätzung dessen, was gewachsen und geworden ist“, gestalten. Diözesanadministrator Dietmar Giebelmann hatte die Studierenden in diesem Jahr unter der Überschrift „Kirche der Zukunft - Zukunft der Kirche im Bistum Mainz“ zu dem traditionellen Begegnungstag mit der Bistumsleitung in das Mainzer Priesterseminar eingeladen.

 

Die Zukunft der Kirche hänge nicht allein vom Gestaltungswillen der Kirche selbst ab, sondern vor allem auch von der gesellschaftlichen Entwicklung, erläuterte Bentz: „Für Westeuropa scheint der alles bestimmende rote Faden der Entwicklung der Bedeutungsverlust zu sein. Mit höherem Wohlstandsniveau oder dem Ausbau des Sozial- und Bildungssystems sinkt die Bedeutung der Kirche für die Menschen.“ Der Weihbischof warnte vor „der gefährlichen Versuchung“, sich als Kirche „gesund zu schrumpfen“. Wörtlich sagte er: „In der Geschichte der Kirche gab es immer wieder die Versuchung, eine Kirche der Reinen, der Heiligen und der Starken sein zu wollen. Immer aber kippte diese Versuchung ins Sektiererische.“

 

Weiter sagte Bentz: „Nicht mehr Volkskirche, aber Kirche für das Volk - das wird wohl unser Weg in die Zukunft sein.“ Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Zukunft der Kirche müsse sein, dass Kirche „heilschaffendes Sakrament Jesu Christi in der Welt“ ist. „Wir sind als Kirche nicht Selbstzweck, wir sind Sakrament - wir sind damit Werkzeug.“ Und weiter: „Das innere Wesen von Kirche muss angemessene äußere Erscheinungsformen finden. Daher braucht es auch immer gewiss unbequeme Prozesse der Unterscheidung, damit wir nicht aus Gewöhnung heraus Zweitrangiges für das Wesentliche halten - solche Prozesse der Unterscheidung braucht es auf allen Ebenen.“

 

Neben Weihbischof Bentz und Diözesanadministrator Giebelmann standen auch die Dezernentin für Schulen und Hochschulen im Bistum Mainz, Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, und der Personaldezernent des Bistums Mainz, Domkapitular Klaus Forster, für Gespräche mit den Studierenden zur Verfügung. In verschiedenen Kleingruppen tauschten sich die Teilnehmer zum Thema aus. Insgesamt waren 32 Theologiestudierende aus dem Bistum Mainz gekommen, die derzeit entweder an der Katholischen Hochschule (KH) Mainz Praktische Theologie studieren oder den Masterstudiengang Katholische Theologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen oder an der Universität Regensburg absolvieren.

 

Das Impulsreferat hielt Dr. Wolfgang Fritzen, Leiter der Abteilung und Beratung im Bischöflichen Ordinariat. Er sprach unter der Überschrift „Hilfreiche Haltungen für eine zukunftsfähige Pastoral“. Fritzen regte eine „Haltung der Zuversicht aus dem Vertrauen auf Gottes Mitsein“ an. Die Krisenstimmung in der Kirche habe auch damit zu tun, wie die Gläubigen und Hauptamtlichen selbst über die Kirche reden, und ob man selbst das Gefühl habe „geeignete Ressourcen zu haben, um den Herausforderungen zu begegnen“.

 

Ein „wichtiger und hilfreicher Impuls, der in die richtige Richtung weist“, sei die Rückbesinnung auf die Verantwortung aller Getauften. Fritzen verwies auf das Wort „Gemeinsam Kirche sein“ der Deutschen Bischöfe zur Erneuerung der Pastoral. Dort heißt es: „Vermutlich braucht es die gegenwärtigen kirchlichen Mangelerfahrungen, um die zentrale Wahrheit wieder zu entdecken: Jeder Christ ist aufgrund von Taufe und Firmung berufen, das Heilige in seinem eigenen Leben immer weiter zu entfalten und eben dadurch Welt und Kirche im Geiste Jesu Christi mitzugestalten.“ Als „ermutigendes Beispiel“ erläuterte Fritzen die Kultur des Rufens und Vertrauens, die im französischen Bistum Poitiers durch neue Beauftragungen umgesetzt werde. Fritzen plädierte grundsätzlich für „volkskirchliche Weite und missionarische Neugier“. Der größte Sündenfall für die Kirche sei Selbstgenügsamkeit, zitierte er Kardinal Karl Lehmann. Fritzen lud auch dazu ein, über die Chancen nachzudenken, die sich durch größere pastorale Räume ergeben.

 

Die Studierenden hatten zur Einführung einige ausgewählte Straßeninterviews zu Vorstellungen über die Kirche der Zukunft eingespielt. Anschließend stellten sie eine Umfrage von Studierenden der KH Mainz vor. Dabei waren unter Leitung von Professor Dr. Peter Kohlgraf und Professor Dr. Peter Orth 261 Gemeindemitglieder aus dem Bistum Mainz befragt worden. Vorbereitet worden war der so genannte „Theo-Tag“ von einer Vorbereitungsgruppe der Studierenden unter Leitung von Carola Daniel, Bischöfliche Beauftragte für die Berufsgruppe der Pastoralreferenten und Pastoralassistenten, sowie von Anette Schaefer, Leiterin des Dr. Maria Reinartz-Hauses zur Studienbegleitung von angehenden Gemeindereferenten. Die musikalische Gestaltung des Begegnungstages und Gottesdienstes hatte Mechthild Bitsch-Molitor übernommen, die für die Kirchenmusik an den Ausbildungsstätten für Pastorale Berufe zuständige Kantorin.

Theotag 2016 (c) Bistum Mainz / Blum