„Nur ‚fromm’ geht nicht“

Porträt des neuen Mainzer Weihbischofs Dr. Udo Bentz

BENTZ (c) privat (Ersteller: privat)
Datum:
Mi. 15. Juli 2015
Von:
tob (MBN)
Mainz. Christen müssen sich mit ihrem Glauben in der Gesellschaft einmischen. Davon ist der neu ernannte Weihbischof des Bistums Mainz, Dr. Udo Bentz, überzeugt. Deutlich benannt hat er diese Überzeugung in einem Interview zur Priesterausbildung im September 2013: „Glaube hat aber immer auch gesellschaftspolitische Relevanz. Der Christ ist Zeuge. Und aus der Überzeugung des Evangeliums heraus wirkt er an der Gestaltung der Gesellschaft mit. In dieser Hinsicht hat auch ein Priester besondere Verantwortung. Dieser Aspekt darf nicht zu kurz kommen. Nur ‚fromm’ geht nicht. Man muss lernen, die gesellschaftspolitischen Vorgänge aufmerksam wahrnehmen, kritisch unterscheiden und auf der Hintergrundfolie des Evangeliums bewerten zu können.“
BENTZ (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)

Neben der Verwurzelung in der Welt prägt ein zweites Anliegen das Wirken von Bentz in den rund 20 Jahren seiner priesterlichen Tätigkeit: die Freude am Evangelium zu vermitteln. Trotz der geringen Zahl an Priesteramtskandidaten, mit der er als Regens des Priesterseminars seit 2007 zu tun hat, lautet sein Credo: „Wir dürfen uns nicht lähmen lassen. Wo uns die Resignation und Mutlosigkeit, vielleicht manchmal sogar ein gewisser Zynismus ins Gesicht geschrieben steht, und wir so die Freude am Evangelium nicht leben, da wird sich auch niemand ermutigt fühlen, dem inneren Ruf nachzugehen und sein Charisma in die Kirche einzubringen. Wo die Freude am Evangelium erlebt wird, da werden auch die Charismen - die Gnadengaben - die Berufungen geschenkt werden."

Auf seine neue Aufgabe als Weihbischof ist Bentz gut vorbereitet. Nach seiner Kaplanszeit am Wormser Dom (1995-1998) war er vier Jahre lang (1998-2002) Bischofskaplan des Mainzer Bischofs, Kardinal Karl Lehmann, und begleitete diesen auch auf seinen zahlreichen Terminen als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Nach der Zeit im Bischofshaus hat er seine Doktorarbeit in Angriff genommen. „Jetzt ist noch Kirche - Grundlinien einer Theologie kirchlicher Existenz im Werk Karl Rahners" lautet der Titel der 552-seitigen Dissertation, die 2008 in der Reihe „Innsbrucker theologische Studien" erschienen ist. Die theologiegeschichtliche Arbeit geht dem Ringen des Konzilstheologen Rahner um die Notwendigkeit der Institution Kirche nach. Rahner habe auch „ein streitbarer Kritiker seiner Kirche" sein können, schreibt Bentz. Doktorvater war der Freiburger Dogmatikprofessor Albert Raffelt. Die Arbeit wurde mit dem Karl Rahner-Preis für theologische Forschung der Universität Innsbruck ausgezeichnet. Auch während seiner wissenschaftlichen Arbeit hatte Bentz kontinuierlichen Kontakt mit der Pfarrseelsorge. Regelmäßig übernahm er Gottesdienste in verschiedenen rheinhessischen Gemeinden, unter anderem in Sprendlingen.

Als Regens des Mainzer Priesterseminars haben zwei Umbaumaßnahmen sein Wirken seit 2007 geprägt: zum einen die umfangreiche Renovierung und Sanierung des über 200 Jahre alten Gebäudes in der Mainzer Altstadt und zum anderen die damit verbundene Umgestaltung der Einrichtung zum „Haus der Kirchlichen Berufe im Bistum Mainz". Seit einigen Jahren sind dort neben der Priesterausbildung auch die Ausbildung der Ständigen Diakone, der Pastoralkurs, den die angehenden Pastoralreferenten absolvieren, das Maria Reinartz-Haus für Gemeindereferenten, die Infostelle „Berufe der Kirche" und das Institut für geistliche Begleitung beheimatet. Die enge Kooperation der verschiedenen kirchlichen Berufsgruppen in der Ausbildung ist ihm ein wichtiges Anliegen.

Angesichts des Rückgangs bei Interessenten für das Priesteramt, aber auch bei den anderen seelsorglichen Berufen, hat er immer dafür plädiert, sich „nicht von der Diktatur der Zahlen leiten" zu lassen. Als Vorsitzender der Deutschen Regentenkonferenz (seit 2013) hat er dies in einem Interview mit der Zeitschrift „Herder-Korrespondenz" vom Juli 2014 bekräftigt: „Trotz der wenigen Bewerber dürfen wir die Auswahlkriterien nicht aufweichen. Der Versuchung, Zahlen zu liefern, muss man widerstehen. Die Regenten sind sich darin einig, dass einerseits diejenigen, die kommen, in ihrer Berufung ernst genommen werden müssen, dass andererseits aber klar auf das Persönlichkeitsprofil, die Reife und die Qualifikationen geschaut werden muss."

Der Grund für das gesunkene Interesse liege nicht allein bei den Zulassungskriterien für das Priesteramt, sondern habe seinen Ursprung in einer grundsätzlichen „Glaubens- und Gotteskrise" in der Gesellschaft, wie Bentz bei verschiedenen Gelegenheiten betont. Dies spiegele sich etwa in den Pfarrgemeinden, wo auch die Zahl der engagierten Jugendlichen kleiner werde. Die Arbeit in der Ausbildung künftiger Seelsorger hat Bentz stets auch als Lernfeld für die Kirche begriffen. In dem Interview mit der Herder-Korrespondenz sagte er dazu: „Die Priesterausbildung ist tatsächlich kein kleines Spezialgebiet, sondern letztlich ein Indikator für kirchliche Umbrüche. Auf diesem Feld zeigt sich, was an kirchlicher Veränderung und Erneuerung ansteht." Das werde nicht nur an den verschiedenen Kirchenbildern und sehr unterschiedlichen Biografien der Kandidaten deutlich, sondern auch am Wandel in der Pfarreistruktur, in denen die Seelsorger künftig arbeiten.

Mit dem Priesterrat des Bistums hat Bentz im November 2013 eine „Öffentlichkeitsinitiative" für den Priesterberuf gestartet. Dabei geht es ihm nicht darum „für ein Produkt zu werben", sondern Pauschalurteilen zum Priesterberuf Erfahrungen aus erster Hand entgegenzusetzen. Die beteiligten Priester stellen einmal im Monat unter dem Leitwort „Er weiß, für wen er lebt" mit einem neuen Motiv und Begleittext den Alltag des Priesterberufes dar. In der Mainzer Kirchenzeitung „Glaube und Leben" (3. November 2013) sagte Bentz dazu: „Ich werde den Erfolg nicht daran messen, ob ich danach mehr Seminaristen habe, es geht um eine neue Wertschätzung in der Öffentlichkeit."

Udo Bentz wurde am 3. März 1967 in Rülzheim geboren. Nach Abschluss seines Theologiestudiums in Mainz und Innsbruck wurde er am 1. Juli 1995 durch den Mainzer Bischof, Karl Lehmann, zum Priester geweiht. Anschließend war er als Kaplan in Worms am Dom St. Peter und in der Gemeinde St. Martin tätig. Am 1. August 1998 wurde er Bischöflicher Sekretär bei Bischof Lehmann. Diese Aufgabe nahm er vier Jahre lang wahr, bevor er am 1. August 2002 zur Promotion freigestellt wurde. Bentz hat seine Doktorarbeit im Fach Dogmatik an der Albert Ludwigs-Universität Freiburg geschrieben. Sie trägt den Titel: „Jetzt ist noch Kirche - Grundlinien einer Theologie kirchlicher Existenz im Werk Karl Rahners". Neben seinem Promotionsstudium war Bentz während dieser Zeit in verschiedenen Pfarreien der Diözese seelsorglich tätig. Zum 1. September 2007 übernahm er als Regens die Leitung des Mainzer Priesterseminars. 2011 wurde er von Kardinal Lehmann zum Geistlichen Rat ernannt. 2013 wurde er für vier Jahre zum Vorsitzenden der Deutschen Regentenkonferenz gewählt. 2014 übernahm er zusätzlich die Ausbildungsleitung für Kapläne und Pastoralassistenten im Bistum Mainz.