Propst Schäfer: „Eine kleine Sensation“

Frühes christliches Taufbecken bei Grabungen vor dem Wormser Dom entdeckt

HAUS--AM--DOM--TAUFPISCINA (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Do. 2. Juli 2015
Von:
tob (MBN)
Worms. Bei den archäologischen Grabungen vor dem Wormser Dom sind die Reste eines frühen christlichen Taufbeckens, einer so genannten Taufpiscina, entdeckt worden. Der Propst am Dom zu Worms, Pfarrer Tobias Schäfer, bezeichnete den Fund vor Journalisten im Liobahaus in Worms am Donnerstag, 2. Juli, als „eine kleine Sensation“.

Wörtlich sagte er: „Als die Archäologen uns bestätigt haben, dass es sich bei dem Fund um eine solche Taufpiscina handelt, also einen bislang im deutschen Raum überaus seltenen Fund, war für uns sehr schnell klar, dass wir alles tun wollen, um diesen Fund zu erhalten und die Möglichkeit zu schaffen, ihn der  Öffentlichkeit zugänglich zu machen und angemessen zu präsentieren." Am 24. Juni habe der Verwaltungsrat der Gemeinde einstimmig den Beschluss gefasst, „den Architekten zu beauftragen, das Sockelgeschoss des geplanten Hauses so umzugestalten, dass dieser Fund darin in einer guten und attraktiven Weise der Öffentlichkeit künftig zugänglich gemacht werden kann."

Der Fund und seine Präsentation fügten sich gut in das Konzept des Hauses am Dom ein, betonte Schäfer: „Dieses Haus sollte von Anfang an, durch seinen Standort, seine Architektur wie auch durch seine Funktionen erfahrbar machen, dass der Dom mehr ist als nur das bedeutende Kulturdenkmal; kein bloßes Museum, sondern zuerst ein Gotteshaus, ein Ort der Gottesbegegnung, und dass zum Dom auch eine lebendige Gemeinde gehört. In diesem Sinn soll das Haus am Dom ein Haus der Begegnung werden, ein einladendes ‚Entree' zum Dom." Er sei sich bewusst, dass der Fund zu weiteren Zeitverzögerungen und auch zu einer Kostensteigerung beim Haus am Dom führen werde, sagte Schäfer. Dennoch könne er „mit voller Überzeugung" für die Domgemeinde und den Verwaltungsrat sagen: „Wir sind hocherfreut über diesen spektakulären Fund und sind sicher, dass er die Attraktivität des geplanten Hauses am Dom in Worms und weit darüber hinaus steigern wird."

Erst die fünfte Taufpiscina im deutschsprachigen Raum

Nach Angaben von Holger Grewe, Leiter der Forschungsstelle Kaiserpfalz Ingelheim, handelt es sich beim Wormser Fund um die fünfte bekannte Taufpiscina im deutschsprachigen Raum. Grewe hatte den vergleichbaren Fund einer Taufpiscina im Turm der St. Remigius-Kirche in Nieder-Ingelheim begleitet. Weitere Taufanlagen dieser Art gibt es in Boppard, Köln und Trier. Grewe geht davon aus, dass die Anlage „aus dem sechsten, siebten oder achten Jahrhundert" stammt. Eine genaue Datierung werde erst durch weitere archäologische Untersuchungen möglich sein. „Der Schlüssel dazu steckt in den Kleinfunden, mit denen das Taufbecken verfüllt ist."

Bei einer Taufpiscina handele es sich um ein rund eineinhalb Meter breites Taufbecken, in das erwachsene Täuflinge ganz hineingestiegen und dann dort getauft worden seien, sagte Grewe. In der Zeit von Karl dem Großen um 800 habe sich die Taufpraxis hin zur Kindstaufe verändert. „Wir sind noch mitten bei der Arbeit und können Ihnen heute einen ersten Bericht über den Fund geben", sagte Dr. Marion Witteyer, Leiterin in der Außenstelle Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE). Allerdings sei es nicht möglich, zum jetzigen Zeitpunkt „ausgedeutete Funde" zu präsentieren, sagte Witteyer. Erhalten ist von dem Taufbecken nur der untere Teil. Sie bezeichnete es als „ein großes Glück", dass in Worms „so sorgfältig gearbeitet wurde", und der Fund auf diese Weise habe erhalten werden können.

Der Fund des Taufbeckens gehöre „mit zum Ältesten, was man in Worms sehen kann", sagte der Diözesanbaumeister und Diözesankonservator des Bistums Mainz, Johannes Krämer. „Das Bistum ist über den Fund sehr erfreut, da dadurch deutlich wird, dass das Christentum in der Region eine sehr lange, ununterbrochene Tradition hat." Und weiter: „Wir werden alles dafür tun, um die Taufanlage einer großen Öffentlichkeit zugänglich zu machen." Natürlich werde es deswegen beim Haus am Dom Umplanungen geben müssen, sagte Krämer. Die zeitliche Planung dazu könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Er sei zuversichtlich, dass sich die Fundstelle gut in das Haus am Dom integrieren lasse. Grundsätzlich gelte bei den anstehenden Arbeiten: „Sorgfalt geht vor Schnelligkeit."

Der Wormser Oberbürgermeister Michael Kissel zeigte sich erfreut, dass sich „mit diesem kulturhistorischen Schatz ein weiteres Fenster in die lange Geschichte der Stadt Worms öffnet". Der Fund biete die „außerordentlich wichtige Chance, dieses Haus der Begegnung noch einmal aufzuwerten und für eine noch stärkere Akzeptanz zu sorgen". Kissel bekräftigte, dass die Stadt Worms „ihren Teil dazu beitragen wird, den Fund in das touristische Konzept der Stadt miteinzubringen". Thomas Metz, Generaldirektor der GDKE würdigte die „ausgesprochen gute" Zusammenarbeit mit der Pfarrei und dem Bistum Mainz. „Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Bauherr einen solchen Fund integrieren möchte."

Der Wormser Grabungsleiter Markus Forman verwies darauf, dass unter anderem auch Gräber und ein römischer Kapitelstein entdeckt worden seien. Forman erläuterte im Anschluss an das Pressegespräch den Fund an der Ausgrabungsstelle vor dem Dom. Seit Januar finden archäologische Grabungen an der Südseite des Wormser Domes statt. Bevor dort das Haus am Dom gebaut wird, sollte die Chance genutzt werden, das historisch bedeutende Gelände sorgfältig zu untersuchen, um dadurch Erkenntnisse über die Vorgeschichte des Domes und seines Umfeldes zu gewinnen.