„Erziehung und Bildung gehören zum Kernauftrag der Kirche“

8. Bundeskongress „Erziehung und Bildung im Geist der Frohen Botschaft: Perspektiven Katholischer Schulen“ in Stuttgart

Datum:
Fr. 3. Juni 2016
Von:
P. Dr. Hans Langendörfer SJ
Rund 250 Schulleiter, Schulträger und Bildungsverantwortliche haben sich heute (3. Juni 2016) zum 8. Bundeskongress „Katholische Schulen“ unter dem Thema „Erziehung und Bildung im Geist der Frohen Botschaft: Perspektiven Katholischer Schulen“ in Stuttgart getroffen. Erzbischof Hans Josef Becker (Paderborn), Vorsitzender der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz, betonte in seiner Begrüßung, dass in den vergangenen Jahren mit Blick auf das Schulsystem in Deutschland viel in Bewegung geraten sei. „Einige Stichwörter mögen genügen, um an das Ausmaß der Veränderungen zu erinnern: Output-Steuerung und Kompetenzorientierung, Schulstrukturreformen, vom neunjährigen zum achtjährigen und dann zum Teil wieder zurück zum neunjährigen Gymnasium, und natürlich die Inklusion. Hinzu kommt die aktuelle Herausforderung der Integration großer Zahlen von Flüchtlingen in den Schulen in Deutschland.“

Das Thema des Bundeskongresses greife den Titel des Wortes der deutschen Bischöfe „Erziehung und Bildung im Geist der Frohen Botschaft. Sieben Thesen zum Selbstverständnis und Auftrag Katholischer Schulen“ auf, das in dieser Woche veröffentlicht wurde. „In einer sehr grundsätzlichen Perspektive markieren die sieben Thesen allgemeine Eckpunkte und Orientierungslinien. Das Anliegen unseres heutigen Kongresstages ist es, diese Orientierungslinien aufzunehmen und sie sozusagen weiterzuzeichnen und herunterzubrechen in die Praxis unserer Schulen hinein. Wir wollen über konkrete Fragen der Schulentwicklung miteinander diskutieren, unsere Erfahrungen austauschen und Perspektiven für unsere Schulen entwickeln“, so Erzbischof Becker. Beim Bundeskongress werden vier der sieben Thesen vertieft: das Bildungsverständnis, die Schulpastoral, die Teilhabe beziehungsweise Gerechtigkeit und die Dialogorientierung unserer Schulen.

In seinem Vortrag unterstrich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx (München und Freising), dass „Erziehung und Bildung zum Kernauftrag der Kirche gehören“, denn christlicher Glaube sei ohne Bildung völlig unmöglich. „Die Bibel ist eine Bibliothek mit faszinierender Fülle, sie will den ganzen Menschen, das ganze menschliche Leben mit seiner Bandbreite der Erfahrung in den Blick nehmen. Aber sie setzt voraus, dass man lesen kann.“ Jesus sei ein großer Lehrer gewesen, er habe stundenlang gelehrt – in einer positiven Pädagogik. „Diese positive Pädagogik muss die Pädagogik der Katholischen Schulen sein“, so Kardinal Marx. Denken und glauben gehören zusammen. „‚Bilde unser Herz nach deinem Herzen‘, dieses Zitat aus der Herz-Jesu-Litanei hat mich als Kind besonders angesprochen.“ Kardinal Marx weiter: „Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37), das Bild vom Jüngsten Gericht (vgl. Mt 25, 31-46)  – ‚was du einem meiner Geringsten getan hast, das hast du mir getan‘ (vgl. Mt 25,40) – das sind Kernstücke der europäischen Kultur. Wir haben eine besondere Verpflichtung das zum Strahlen zu bringen.“

In seinem Vortrag kam Kardinal Marx auch auf die Schule als Lern- und Lebensort zu sprechen. „Wir müssen die Schule als Lern- und Lebensort bauen. Eine Schule, in der Begegnung möglich ist und in der die Schüler gerne sind. Und dabei muss das Kind im Zentrum stehen. Jedes Kind ist ein Geschenk Gottes an die ganze Welt. Wir müssen Ideen entwickeln für die Kinder, die die gleichen Begabungen, sie aber noch nicht entwickelt haben. Wir müssen einen Weg für jedes einzelne Kind finden, der für das Kind angemessen ist.“

„Katholische Schulen sind Orte der Zukunft der Welt“, hob Kardinal Marx hervor. So müssten wir gemeinsam überlegen, wie wir Willkommensklassen bilden, Menschen integrieren – auch wenn sie einer anderen Religion angehören. Die Bildung und Hinwendung zu Kindern sei ein wichtiges Gut. „Katholische Schulen sind wichtige Orte in unserer Gesellschaft.“

Der Kongress wurde mit einem Wortgottesdienst in der Domkirche St. Eberhard eröffnet, dem der Bischof des Bistums Rottenburg-Stuttgart, Dr. Gebhard Fürst, vorstand. In seiner Predigt betonte Bischof Fürst, dass Bildung in unserer Welt zu einem hohen Gut geworden und die sogenannte Bildungsgerechtigkeit nach wie vor eine soziale Wunde sei. „Immer wieder belegen Studien, dass Bildungschancen nach wie vor von der sozialen Herkunft abhängig sind. Bildung heißt auch: Herausbildung der Persönlichkeit des Einzelnen und somit auch Ausformung des Bildes Gottes im Menschen“, so Bischof Fürst. Katholische Schulen seien geprägt vom Geist des Evangeliums, von der lebendigen christlichen Glaubenstradition und letztlich von Gott selbst.

„Selbstredend geht es auch in unseren Katholischen Schulen darum, Lernstoff zu vermitteln. Doch sie vermitteln mehr. Sie leben im Letzten von der Authentizität der Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, die sich selbst von der Botschaft Jesu haben ergreifen lassen und immer wieder neu ergriffen werden. – Sie, liebe Schwestern und Brüder, sind Zeugen der Frohen Botschaft!“ Bischof Fürst weiter: „Oftmals genießen Sie Vertrauensvorschuss – nicht nur weil Sie mit großer Sachkenntnis Lehrstoff vermitteln und vermitteln können, sondern weil Schülerinnen und Schüler bei Ihnen auf sensible Antennen und auf offene Ohren stoßen. Weil Sie auf Basis Ihres kirchlichen Hintergrundes und Ihrer persönlichen Glaubensexistenz Vertrauen schaffen.“ Vertrauen setze voraus, dass man in sich selbst ruhe, dass man Selbstvertrauen habe und fähig sei, offen und ohne Angst auf andere zuzugehen. Voraussetzung für dieses tiefe Vertrauen sei nach unserer Erfahrung und unserer Überzeugung eine lebendige Gottesbeziehung. Dieses Zeugnis geben die Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher im Tiefsten und Letzten an die Schüler weiter. „An unseren Schulen lernen die Kinder und Jugendlichen: Eine lebendige Gottesbeziehung gibt mir Halt und Rückhalt. Ich bin wichtig. Ich habe eine unverletzbare Würde. Das eröffnet Vertrauen in sich selbst und in die Gesamtheit der Welt und Umwelt, wenn sie erfahren: Gottes Herz schlägt auch für mich!“, hob Bischof Fürst hervor und appellierte: „Ich bitte Sie: Wirken Sie weiter mit, dass die, die Ihnen anvertraut sind, fähig werden, das Vertrauen in die Herzlichkeit Gottes weiterzugeben. Das ist der Herzschlag für das Miteinander in unserer Gesellschaft.“

Hintergrund

Der Bundeskongress „Katholische Schulen“ ist die zentrale Veranstaltung des katholischen Schulwesens in Deutschland, zu dem 904 allgemein- und berufsbildende katholische Schulen in freier Trägerschaft mit rund 360.000 Schülerinnen und Schülern und rund 33.000 Lehrerinnen und Lehrern gehören. Er wird im Rhythmus von zweieinhalb Jahren vom Arbeitskreis Katholischer Schulen in freier Trägerschaft veranstaltet.

Hinweise:

Die Begrüßung von Erzbischof Hans Josef Becker sowie die Predigt von Bischof Dr. Gebhard Fürst sind als pdf-Dateien im Anhang sowie unter www.dbk.de verfügbar. Das Programm des Bundeskongresses „Katholische Schulen“ finden Sie als pdf-Datei unter www.dbk.de.

Das Wort der Bischöfe „Erziehung und Bildung im Geist der Frohen Botschaft. Sieben Thesen zum Selbstverständnis und Auftrag Katholischer Schulen“ aus der Reihe „Die deutschen Bischöfe Nr. 102“, kann unter www.dbk.de in der Rubrik „Veröffentlichungen“ als Broschüre bestellt oder als pdf-Datei heruntergeladen werden.

Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller Diözesen in Deutschland. Derzeit gehören ihr 67 Mitglieder (Stand: Juni 2016) aus den 27 deutschen Diözesen an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zu gegenseitiger Beratung, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft. 

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