Nur noch resigniertes Schulterzucken? Kultusminister Lorz steht Rede und Antwort in der Offenbacher Marienschule

Pressemitteilung zum Besuch von Kultusminister Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz an der Marienschule in Offenbach am 17. November

Kultusminister Lorz besucht die Marienschule in Offenbach (c) Marienschule Offenbach
Kultusminister Lorz besucht die Marienschule in Offenbach
Datum:
Mi. 17. Nov. 2021
Von:
Antje Camrath

Bei den Lehrerinnen der zehnten Klassen schrillten die Alarmglocken, als nach der coronabedingten Absage der Klassenfahrten im September nur noch Ernüchterung zu spüren war. Wieder eine Absage mehr für junge Menschen in einer wichtigen Phase ihres Lebens. Mit einem Brief an das Kultusministerium haben sie einen Dialog in Gang gebracht. Der Besuch des Ministers heute in Offenbach gab Gelegenheit zum Gespräch.

Absage der Klassenfahrten! „Dass er sich bei uns entschuldigt hat, hat mich persönlich berührt!“

„Schade, ich hätte ihm gerne noch viel mehr Fragen gestellt, aber er hat zumindest auf die gestellten Fragen ausführlich geantwortet!“ oder „Ich finde es toll, dass er überhaupt zu uns gekommen ist!“, sind nur einige der Rückmeldungen aus der Klasse 10a zu dem großen Ereignis, das heute in der Marienschule -einer staatlich anerkannten Mädchenschule des Bistums Mainz in Offenbach- stattgefunden hat. 

Was war passiert, dass der Herr Minister persönlich an einem Dienstagmorgen den Weg von Wiesbaden nach Offenbach auf sich genommen hat?

Sechs Klassen der Marienschule sollten in der zweiten Woche nach den Sommerferien (bis 27.8.) auf Klassenfahrt fahren. In der ersten Woche hätten sie fahren können, weil die Inzidenzen noch unter 100 lagen. Ab der dritten Woche hätten sie fahren können, weil ab da die Verordnung die Klassenfahrten inzidenzunabhängig wieder erlaubt hat. Aber ausgerechnet in der zweiten Woche kamen die alte Verordnung und die neuen Inzidenzen zusammen, sodass die seit einem Jahr geplanten Fahrten nach Hamburg, Berlin und an den Tegernsee 3 Tage vorher abgesagt werden mussten. 

Nun hätte man meinen können, dass der Aufschrei und die Empörung bei den Schülerinnen groß gewesen seien, aber genau das war nicht der Fall. Frau Camrath, die Klassenlehrerin der Klasse 10a, musste feststellen, dass die Schülerinnen diese Hiobsbotschaft nur noch mit einem resignierten Schulterzucken hinnahmen. Nach eineinhalb Jahren Absagen, Entbehrungen und Einschränkungen hatten die Mädchen verinnerlicht, zum passiven Spielball der äußeren Gegebenheiten und vor allem der politischen Entscheidungen geworden zu sein. 

Da schrillten bei der Lehrerin alle Alarmglocken. Sie war der Meinung, dass das eigentliche Ziel, nämlich die Ausbildung der Schülerinnen zu mündigen, verantwortungsbewussten Bürgerinnen, nicht mehr möglich ist, wenn diese das Gefühl haben, dass sie in ihren Bedürfnissen weder gesehen noch gehört werden.

Ihr daraufhin verfasster Brief an das Hessische Kultusministerium endete mit der Bitte nach einer persönlichen Nachricht an die Schülerinnen, sowie der Frage, ob der Herr Minister noch eine andere Idee für eine Art der Anerkennung hätte. – Diese Idee hatte er und besuchte nun tatsächlich die von seinen Anordnungen betroffenen Schülerinnen in der Marienschule.

Er nahm sich Zeit, die Prozesse, die zu einer solchen Entscheidung führen, transparent zu machen und erklärte den Schülerinnen, dass er, trotz ausführlicher Beratung mit den Experten aus Wissenschaft, Medizin und Schule, dennoch in den Zeiten dieser Pandemie viele Entscheidungen treffen müsse, die große Belastungen und Enttäuschungen bei den Betroffenen zur Folge hätten. Er sei sich dessen bewusst und wolle mit seinem Besuch signalisieren, dass er die Schülerinnen trotzdem in ihren Bedürfnissen wahrnehme. 

Im Anschluss hatten die Schülerinnen der anwesenden 8. und 10. Klassen Gelegenheit, ihm Fragen zu stellen, wie zum Beispiel zur Schulentwicklung, Digitalisierung oder zur Fortsetzung des Islamunterrichtes, der auch ein wichtiger Bestandteil an der Schule in katholischer Trägerschaft mit Unterrichtsangeboten für katholische, evangelische, muslimische und jüdische Mädchen ist. 

Nach einem persönlichen Plädoyer für eine leistungsbezogene, aber umfassende Schulbildung, die auch Persönlichkeitsentwicklung zulasse, verabschiedete der Minister sich von den Schülerinnen und nutzte die Gelegenheit zusammen mit den ebenfalls anwesenden Vertretern des Schulträgers, des Bistums Mainz, sowie dem Staatlichen Schulamt die speziellen Gebetsräume für die islamischen und jüdischen Schülerinnen anzusehen, wie auch die neu renovierte Kapelle der ehemaligen Schulgründerinnen, der Ursulinen.