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Grundlegende Konzepte:Das Soziale Feld

„Im Wesentlichen würde ich sagen, dass das, was wir als Pädagog/innen, Moderator/innen und Führungskräfte tun, darin besteht, soziale Felder zu kultivieren. Eine gute Schule, eine gute Organisation oder ein gutes Team ist ein generatives soziales Feld. Wenn man das erreicht hat, hat es eine große Stabilität, die es einem erlaubt, viele Herausforderungen und Veränderungen zu durchlaufen, ohne dass man dabei die tiefe Verbindung verliert. So wie man mit einem sehr guten Freund durch viele schwierige Zeiten gehen kann, da die Stabilität dieser tieferen Beziehung, einem Kraft geben kann. Und das ist meiner Meinung nach unsere Hauptaufgabe als Pädagog/innen: generative soziale Felder zu aktivieren.“ 
(Scharmer in EPALE, 2021) 

Scharmer bezeichnet ein soziales Feld als „Ausdruck der Qualität von Beziehungen, die zu Mustern des Denkens, Kommunizierens und Organisierens führen, die ihrerseits praktische Resultate hervorbringen.“ (Scharmer, 2019, p.31). Jeder Mensch ist Teil von unterschiedlichen sozialen Feldern, deren Qualität und Ausrichtung er – zumeist unbewusst – durch sein Fühlen, Denken und Handeln permanent mitgestaltet. Umgekehrt hat ein soziales Feld ebenso Einfluss auf das Fühlen, Denken und Handeln der beteiligten Menschen.

Analog zu Feldern in der Landwirtschaft haben auch soziale Felder eine sichtbare und eine unsichtbare Dimension. Die sichtbare Dimension in der Landwirtschaft sind die Pflanzen, die auf einem Feld wachsen. Die Qualität und Vitalität der Pflanzen beruhen auf der Qualität der unsichtbaren Dimension, der Bodenbeschaffenheit. Die sichtbare Dimension eines sozialen Feldes ist das Verhalten und Handeln der Menschen, die Teil dieses sozialen Feldes sind. Maßgeblich für das Verhalten und Handeln ist auch hier die unsichtbare Dimension – laut Scharmer „die inneren Zustände auf deren Basis wir handeln“ (Scharmer, 2019, p.11). Diese inneren Zustände beziehen sich einerseits auf die innere Verfasstheit eines Menschen – seine Haltung, Werte, und Sicht auf die Welt. Zum anderen ist auch die Qualität von Beziehungen ein elementarer Bestandteil der unsichtbaren Dimension eines sozialen Feldes. Beziehungen bestehen zwischen einzelnen Menschen, aber auch zwischen Gruppen und Institutionen eines sozialen Feldes.

Scharmer (Scharmer und Käufer, 2017, S. 88) betont: „Je nach Bewusstseinszustand eines sozialen Feldes oder der Aufmerksamkeitsqualität der Menschen werden in sozialen Systemen völlig unterschiedliche Strukturen und Verhaltensweisen umgesetzt.“ Entscheidend ist die Qualität von Bewusstsein, Haltung und Aufmerksamkeit innerhalb eines sozialen Feldes oder Systems. Scharmer unterscheidet zwischen konstruktiven sozialen Feldern des „Presencing“, gekennzeichnet durch Co-Kreation und soziale Wärme, und zerstörerischen sozialen Feldern des „Absencing“, die durch Dynamiken des Abschottens, Abspaltens und Desensibilisierens unterschiedliche Formen von Gewalt legitimieren und hervorbringen (Scharmer, 2019).

Jeder Mensch kann dazu beitragen soziale Felder des Presencing zu schaffen, die eine Grundhaltung von Achtsamkeit, Verbundenheit und Möglichkeit ausstrahlen, und in denen sich Menschen sicher genug fühlen sich zu zeigen und auszuprobieren. Ganzheitliche bewusstseinsbasierte Transformationsmethoden wie beispielsweise Theorie U bieten Prozesse und Werkzeuge für die Co-Kreation positiver sozialer Felder.

 

Quellen:

Scharmer, C. O. und Käufer, K. (2017). Von der Zukunft her führen - Theorie U in der Praxis: Von der Egosystem- zur Ökosystem-Wirtschaft (2. Auflage). Heidelberg: Carl-Auer Verlag.

Scharmer, C. O. (2019). Essentials der Theorie U: Grundprinzipien und Anwendungen. Heidelberg: Carl-Auer Verlag.

EPALE Österreich (2021, 12 Oktober). EPALE-Interview: Otto Scharmer - Um ein System zu verändern, muss man den Mut haben, ins Unbekannte zu gehen. https://epale.ec.europa.eu/de/blog/epale-interview-otto-scharmer-um-ein-system-zu-veraendern-muss-man-den-mut-haben-ins