Schatten und Licht - Geistliches Wort zum 9. November

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
es ist in Funk und Fernsehen präsent: Morgen gedenken wir des 9. November. Dieser Tag trägt viele Gesichter in der deutschen Geschichte. Er erinnert an die Gewaltnacht gegen die jüdische Bevölkerung 1938, deren mahnendes Gedenken nicht vergessen werden darf. Gerade in unserer Zeit und den Entwicklungen in unserer heutigen Gesellschaft.
Doch der 9. November steht auch für Hoffnung und Aufbruch. 1989 wurde versehentlich verkündet, die Grenzen der DDR seien ab sofort geöffnet. Die Bilder dieses Tages werde ich nie vergessen. Die Grenze, Berlin und die Mauer waren für mich sehr weit weg, doch die Freude der Menschen, die damals die Mauer stürmten, hat mich sehr berührt.
Auch für die katholischen Christen ist der 9. November ein besonderer Tag. In Rom wurde am 09. November 324 nach Christus die erste christliche Kirche geweiht. Das bis dahin verfolgte Christentum wurde zur erlaubten Religion und erhielte die Erlaubnis zum Bau dieser Kirche. Mit ihr tritt die junge Kirche aus der Verfolgung in die Öffentlichkeit. Anstelle von Treffen unter Geheimhaltung und Lebensgefahr konnten sie nun ihren Glauben ohne Angst bekennen und feiern.
Im Laufe der Jahrhunderte wurden viele Kirchen gebaut. In unserer Zeit müssen sich sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche in Deutschland von dem einen oder anderen Gebäude und auch von mancher Kirche trennen. Das ist für viele schmerzlich, denn keiner möchte eine Kirche schließen. Auch viele, die sich nicht als Christen sehen, möchten doch auf die gebaute Kirche im Ort nicht verzichten.
Die Bauwerke geben Zeugnis vom Glauben ihrer Zeit. Viele Kirchen in unserem Umfeld wurden nach dem zweiten Weltkrieg von Heimatvertriebenen aufgebaut. Kirchen sind geistliche Heimat und Zufluchtsort. Sie weisen über das Erbaute auf den, zu dessen Ehre sie gebaut wurden. Sie tragen die Überzeugung in die Welt, dass Gott diese Welt im Innersten zusammenhält.
Der 9. November hat wechselvoll und stets schicksalhaft Geschichte geschrieben. Nicht nur dunkle Ereignisse voller Gewalt und Schmerz, sondern auch lichtvolle Geschehnisse der Geschichte scheinen in ihm auf.
So kann uns dieser Tag mit Schatten und Licht daran erinnern, dass Gott unsere Wege mitgeht – durch die Höhen und Tiefen der Menschheitsgeschichte und auch durch die Höhen und Tiefen in unserem persönlichen Leben.