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Über den Rosenkranz

Weiterstädter Muttergottes an Erntedank 2025
Auf vielfachen Wunsch von Gottesdienstbesuchern drucken wir nach Möglichkeit die Predigten von Pfarrer Dr. Peter Eckstein ab. Hier lesen Sie zum Rosenkranzmonat Oktober die Predigt vom 4. und 5. Oktober 2025.
Datum:
6. Okt. 2025
Von:
Pfarrer Dr. Peter Eckstein
Gebet in der Mainzer Augustinerkirche

"Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde ein Hörender!

Ich meinte erst, Beten sei Reden. Ich lernte aber, dass Beten nicht nur Sprechen ist, sondern Hören.

So ist es: Beten heißt nicht, sich selbst reden hören. Beten heißt still werden und still sein und warten, bis der Betende Gott hört." 

(Sören Kierkegaard)      

 

 

Beten heißt Hören!

Rosenkranz

Dieser Gedanke mag für die Allermeisten von uns, selbst für viele Beter, neu sein.

Ich möchte genau diesen Gedanken aufgreifen, um Ihnen einen neuen Zugang zu einer alten Gebetsform anzubieten: Dem Rosenkranz!

Die Älteren haben gelernt: Man muss konzentriert, man muss andächtig beten, sonst ist das eine Sünde: 50 Ave Maria vollkonzentriert und andächtig beten - das bekommt keiner von uns hin!

Abschweifende Gedanken sind beim Beten etwas ganz Normales - und keine Sünde: Wenn ich merke, dass ich ganz woanders bin, kann ich mich wieder sammeln und genau das Gott übergeben. Ich kann mich sogar in meiner Unkonzentriertheit Gott hinhalten! Dann wird selbst diese zum Gebet. 

Sinn dieser Erfahrung: Demütig bleiben, ein Bewusstsein entwickeln, wie wenig wir in diesen Dingen von uns aus können und wie sehr wir auf Gottes Wirken im Gebet angewiesen sind. 

Es gibt zwei Grundarten des Betens:

1. Das sprechende Gebet: Dazu gehören Gebetstexte wie zum Beispiel Fürbitten, Tischgebet, Kreuzweg

2. Die Meditation: Sie geschieht etwa in der Betrachtung eines Textes aus der Hl. Schrift, Anbetung, Kontemplation. Hier geht es darum, still zu werden. 

 

Das Rosenkranzgebet ist eine Brücke, die vom sprechenden Gebet in die Meditation hinüberführt.

Gebet vor dem Bildnis der Muttergottes

Bei der Meditation geht es ja zunächst einmal darum, zur Ruhe zu kommen. Leicht gesagt - schwer getan!

In keiner Zeit war die Menschheit einer derartigen Reizüberflutung ausgesetzt wie in dieser Generation. Äußerer Lärm erzeugt inneren Lärm! Wer wirklich meditieren will, macht meist als erste Entdeckung, wie viel inneren Lärm in ihm/ihr ist. Sich von diesem zu befreien, kann einige Zeit dauern! Neben innerer Unruhe gibt es weitere Gebetsleiden, über die leider in unserer Kirche viel zu wenig gesprochen wird: Zerstreuungen, Gefühllosigkeit, Langeweile, Widerwille, das Schweigen Gottes (man hat das Gefühl, man betet gegen eine Wand).

Wichtig: Das Gebet schafft dieses Leiden nicht! Es deckt es auf - denn das Leiden ist unbewusst längst da.

Auch hier kann der Rosenkranz wie ein Geländer wirken, an dem man sich festhält und weitergeht.

Von seinem Wesen her ist der Rosenkranz ein betrachtendes Gebet. In verschiedenen Szenen (Gesätzen) betrachten wir das Wirken Gottes an Maria und durch Jesus. In all den Geheimnissen, die wir beim Rosenkranz betend in uns aufnehmen, halten wir uns vor Augen:

So wirkt Gott! Manchmal offenkundig - manchmal in verborgener Weise.

Und wir können ergänzen: So will Gott auch an mir und in mir wirken! Deshalb betrachten wir die Geheimnisse ja! Es geht da nicht in erster Linie um historische Erinnerungen! Es geht um Ereignisse, durch die Gott auch in die Gegenwart hinein strahlt!

Man kann dabei auch in sich hineinhören, welches der Rosenkranzgeheimnisse mich im Moment besonders anspricht. Dann sagt dieses Geheimnis nicht nur etwas über Gott, sondern über mich aus. Nicht selten ereignen sich solche Erkenntnisse während des Betens, nicht vorher!

Das Rosenkranzgebet in Gemeinschaft lässt nach einer Weile eine ganz eigene Atmosphäre entstehen. Das ruhige Wiederholen der jeweiligen Gesätze, der gleichmäßige, gemeinsame Atemrhythmus kann wirklich zur Ruhe kommen lassen, die nicht in die Zerstreuung, sondern in die Sammlung führt. Dieser Gebetsstrom nimmt mich dann irgendwann einmal einfach mit. Was dann geschieht, ist eine Sache zwischen Gott und Ihnen. Auch wenn sich scheinbar zunächst nichts tut: Es gilt ein weiterer Satz, ebenfalls von Kierkegaard:

"Das Gebet ändern nicht Gott, sondern den Betenden".

Es steht uns offen, diese Erfahrung zu machen.