Liebe Schwestern und Brüder,
Führ, liebes Licht, im Ring der Dunkelheit
führ du mich an. Die Nacht ist tief,
noch ist die Heimat weit, führ du mich an!
(Hl. John Henry Newman)
Ein Sprichwort sagt, dass es besser ist, ein kleines Lichtlein anzuzünden, als über die Finsternis zu klagen. In diesem Sinne möchte ich am Ende dieses Jahres ein paar Lichter anzünden:
Trotz allem, was uns in diesem Jahr belastet und bedrückt, gibt es nicht weniges, worüber wir uns freuen dürfen. Herzliche Einladung, sich diesen Lichtern zuzuwenden.
Da ist zunächst die Wahl zum Pfarrgemeinderat. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass es in unseren vier Gemeinden gelungen ist, ausreichend Kandidaten zu finden und die Wahlen durchzuführen. Ganz gleich, wie die neuen Strukturen in ein paar Jahren aussehen werden: Die Notwendigkeit bleibt bestehen, in allen Gemeinden Menschen zu finden, die sich vor Ort für die Belange ihrer Pfarrei einsetzen. Wer kümmert sich um die Kirche und das Pfarrheim? Wer schmückt den Altar mit Blumen, wer übernimmt die liturgische Gestaltung unserer Gottesdienste? Wer hat Kinder und Jugendliche im Blick, wer die Bedürftigen? Wer hilft bei der Weitergabe des Glaubens in Firmung und Erstkommunion? Diese Fragen bleiben aktuell, ganz gleich wie die Strukturen in Zukunft aussehen werden.
Ein Hoffnungszeichen ist es weiterhin, dass auch im vergangenen Jahr viele verschiedene Reisen, Fahrten und Veranstaltungen stattgefunden haben. Besonders erwähnen möchte ich die Freizeiten für Kinder und Jugendliche. Auch wenn es häufig nicht mehr gelingt, Kinder und Jugendliche dauerhaft an die Gemeinde zu binden, so sind diese Freizeiten wertvolle Erfahrungen. Kinder und Jugendliche erleben die Gemeinde und den Glauben aus einer anderen Perspektive, oft bleiben diese Erinnerungen ein Leben lang im Gedächtnis. Vergelt’s Gott allen, die sich darum mühen!
Erwähnen möchte ich aber auch die anderen Studien- und Bildungsfahrten: die großen Fahrten ebenso wie auch die kleineren Tagesexkursionen unserer Erwachsenenbildung. Auch wenn es oft nur ein kleiner Kreis ist, der dieses Angebot in Anspruch nimmt, so gelingt es bei diesen Aktivitäten, unsere Gemeinde als vielseitig aufgestellt zu präsentieren. Bei der Begegnung von Kunst, Kultur, Mensch und Natur kommt sicher auch das eine oder andere Gespräche über Gott und die Welt zustande…
Einer der Höhepunkte im vergangenen Jahr war zweifellos neben den anderen Festen und Feierlichkeiten die Begegnung mit unserem Bischof. Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums von St. Michael konnten wir unseren neuen Oberhirten in Nieder-Ramstadt willkommen heißen. Die Gemeinde zeigte sich als lebendige und vielseitige Glaubensgemeinschaft, bei strahlendem Wetter bleiben uns die schönen Bilder sowie die feierlich gestalte Liturgie in guter Erinnerung.
Unsere Jugendlichen haben sich bei der 72 Stunden Aktion 3 Tage lang ehrenamtlich für ein soziales gemeinnütziges Projekt in Roßdorf engagiert. Auch in den nächsten Pfarrgemeinderäten wird unsere Jugend vertreten sein. Dass Jugendliche heute Verantwortung in einer Kirchengemeinde übernehmen ist keineswegs selbstverständlich. Ich danke unseren jungen Leuten, dass sie dazu den Mut haben und beherzt und mit eigenen Ideen in unseren Gemeinden präsent sind. Vielen Dank dafür!
In diesem Zusammenhang möchte ich besonders auch das Engagement von jungen Erwachsenen in der Firmvorbereitung erwähnen. Trotz der schmerzlichen Erkenntnis, dass viele Jugendliche nach der Firmung die Kirche zunächst einmal nicht mehr von innen sehen, bleibt die Zeit der Firmvorbereitung eine positive Erfahrung, für die Firmbewerber wie auch für uns „Aktive“.
Mittlerweile gelingt es, unsere Kirchen nicht nur zu den Sonntags- und Werktagsgottesdiensten offenzuhalten. Immer wieder treffen wir Beter in unseren Kirchen an, die eine Kerze entzünden oder einfach schweigend in der Stille die Begegnung mit Gott suchen. Und: Trotz knapper werdenden „Ressourcen“ kann unsere Pfarrgruppe ein großes Spektrum verschiedener Andachtsformen vorweisen. Ich lade Sie ein, diese Angebote einmal zu testen. Das Gebet und der Glaube werden uns durch diese schwierige Zeit führen, in der so vieles unsicher geworden ist und manche Menschen Zuversicht und Hoffnung verloren haben.
Erwähnen möchte ich besonders auch jene, die aus Alter und Krankheit nicht mehr in unsere Kirchen kommen können. Mit ihnen sind wir verbunden im Glauben und in Gebet. Auch die Krankenkommunion und die Fahrdienste zu unseren Gottesdiensten seien hier angesprochen. Das verborgene Gebet ist kostbar, auch das aufgeopferte und angenommene Leiden. Wir werden erst im Himmel sehen, dass diese verborgenen Quellen uns geholfen haben, den Glauben zu bewahren und die Zuversicht nicht zu verlieren.
Zu guter Letzt: Die Diskussion über die künftigen Strukturen in der Diözese Mainz sorgt für viel Verunsicherung. Wenn von 3 Gemeinden die Rede ist, die in unserem Dekanat noch übrig bleiben werden, dann ist damit nicht gemeint, dass es nur noch drei Kirchen gibt oder drei Gottesdienste am Wochenende. Es ist zunächst einmal eine Verwaltungsreform. Klar ist aber auch, dass sich die Seelsorgeeinheiten vergrößern werden: Bisher ist in unserer Pfarrgruppe der Pfarrer für vier Gemeinden zuständig und fünf Kirchen. In Zukunft, d.h. in einigen Jahren, jedoch spätestens bis 2030, werden es sicher sieben oder acht Kirchen sein. Wird es noch möglich sein, in jeder Kirche regelmäßig die heilige Messe zu feiern?
Entscheidend dabei ist die Frage: Wird es noch Gläubige geben, denen die regelmäßige Mitfeier der Eucharistie zumindest am Sonntag ein Herzensanliegen ist? Oder gehen wir auf eine Zeit zu, in der Katholiken den Unterschied zwischen der Heiligen Messe und einem Wortgottesdienst nicht mehr kennen oder für nicht bedeutsam halten?
Von diesen Fragen hängt im letzten die Zukunft des katholischen Glaubens ab.
In diesem Sinne hat die Zukunft schon begonnen! Jeder kann seinen Beitrag dazu leisten: Durch eine intensive und regelmäßige Mitfeier der heiligen Messe, auch an Werktagen. Durch sein Gebet und seine Identifikation mit der Kirche. Durch die Intensivierung des eigenen Glaubens durch Gespräch, Lektüre, Teilnahme an Wallfahrten, Konferenzen, Gebetstagen etc.
Die Identifikation mit unserer Kirche ist in den letzten Jahren nicht immer einfach, ich spreche da aus eigener Erfahrung. Mag die Kirche auch durch finstere Zeiten gehen, der Glaube, das Gebet und vor allem die Gemeinschaft der Glaubenden bleiben ein unverzichtbarer Anker für unsere Seele.
Mir persönlich hilft das Beispiel der Heiligen und der Glaubenszeugen. Menschen die in schwieriger und bedrängter Zeit den Glauben bewahrt haben. Die sich nicht einschüchtern ließen und auch nicht durch Fehlschläge und Entmutigung vom Glauben abbringen ließen. Vielleicht wagen Sie einmal das Experiment: Nehmen Sie ein gutes Buch zur Hand, studieren Sie das Leben der Heiligen und der Glaubenszeugen, besonders auch der Märtyrer im Dritten Reich oder in kommunistischer Verfolgung. Viel Kraft und Zuversicht können wir aus dem Leben derer schöpfen, die den Glauben bewahrt haben in schwerer Zeit.
In diesem Sinne grüße ich Sie alle mit allen guten Wünschen. Gehen sie wohlbehütet in die kommende Advents- und Weihnachtszeit. Nutzen Sie die Zeit für stille Begegnung, Gespräch und Besinnung. Und lassen wir uns von den guten Worten John Henry Newmanns leiten:
Führ meinen Fuß, und führ ihn Schritt für Schritt.
Das ferne Ziel muss ich nicht sehn.
Doch Du, geh mit mir mit!
Frohe und gesegnete Advents- und Weihnachtstage Ihnen allen!
Ihr Hendrick Jolie, Pfr.