ERBACH. „Bettgeflüster“ in der öffentlichen katholischen Bücherei St. Sophia? Zum literarisch-kulinarischen Abend im Erbacher Palais kamen 24 Gästen – trotz der Warnung von Bibliotheksleiter Willi Weiers, „eindeutig Zweideutiges “ stehe auf dem Programm.
Obwohl sich fünf Stunden lang alles rund ums Bett als solches, den Schlaf und die Nacht drehte, war es kein Programm zum einschlafen. Willi Weiers und sein Team verwöhnten die Gäste in fürstlichem Ambiente mit sechs Gängen. Ramona Willner (Erbach) und Alexandra Bauer (Michelstadt) begleiteten das Geschehen musikalisch mit Stücken aus dem Musical Cats, dem „Sound of silence“ von Paul Simon, „Guten Abend, gute Nacht “ von Johannes Brahms und „Morning has broken“ von Cats Stevens.
Um nicht einen Hauch an Müdigkeit aufkommen zu lassen, wechselte auch Willi Weiers mal von der klassisch-kitschigen Literatur, wie Bill Ramseys „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, zum Heiteren aus der Feder von Eugen Roth: „Ein Mensch, der viel Kaffee getrunken, ist nachts nicht in den Schlaf gesunken.“ Doch bevor es soweit kam, gab es frittierte Champignons mit Kräuter-Dip, eine Curry-Kartoffelsuppe, Endiviensalat mit Roquefort und
zum Hauptgericht Saumon Val-de-Loire (zu deutsch: gespickter Lachs aus der Touraine), später noch ein englisches Senfsteak mit Röstitalern und Pfannengemüse sowie schlussendlich Halbgefrorenes aus der Benediktinerabtei Schäftlarn/Isar.
Der Streifzug durch die internationale Küche glich dem durch die Betten aus aller Welt: Winston Churchill soll am liebsten – mit einem morgendlichen Whiskey – vom Bett aus regiert und John F. Kennedy nie auf ein Kurzschläfchen am Tage verzichtet haben. Kein Wunder: Bis zum 19. Jahrhundert war Schlafen ein „kollektiver Akt“ – sprich: verteilt auf mehrere Schlafstellen im Haus mit wechselnder Belegung. Angesichts dessen durfte die Erotik doch nicht zu kurz kommen: Die 42. wie die 43. der „1000 und einer Nacht“ machten nicht nur Appetit auf den nächsten Gang, sondern auch auf fleischliche Gelüste, die aber im Stile der Werbeunterbrechungen im Privatfernsehen alles weitere der Fantasie überließen. Da konnte auch der „Julia-Sommer-Liebe-Report“ aus dem Groschenroman nicht mithalten. Und wer nach so vielen Genüssen den Weg nicht mehr nach Hause antreten wollte, durfte ausnahmsweise mal der Länge nach in der Bibliothek Platz nehmen: Eingekuschelt unter der Bettdecke waren auch Prinzessin Schlaffitchens böse Träume aus Michael Endes „Traumfresserchen“ längst vergessen. Im Pantoffelkino flimmerte unterdessen „Wenn es Nacht wird in Paris“ mit Lino Ventura.