ERBACH. Als kulinarisch-literarisches Ereignis in fünf Gängen war er angekündigt, der vierte Kulturabend der Katholischen Öffentlichen Bücherei St. Sophia. Erlebt haben etwa 30 Gäste unter dem Titel „Sellemols im Palais“, der auf das als Bühne dienende Büchereigebäude Bezug nimmt, einen Abend der Gegensätze wie der Gemeinsamkeiten, der dem gediegenen Ambiente mal entsprach und mal spottete; ein Menü, das mal fürstlich angerichtet war, mal einem Arme-Leute-Essen entsprach.
Für die kulinarische Würze sorgte mit Bibliotheksleiter Willi Weiers der freie Autor Michel Lang, der eine Kostprobe seiner Texte zum Besten gab, mit denen er sich auf mehreren Kleinkunstbühnen einen Namen gemacht hat. Fühlen sollten sich die Gäste dabei wie „sellemols“ (damals), als der Graf nach der Jagd zur Tafelrunde einlud. Gespeist wurde an der fein dekorierten Tafelrunde bei Kerzenschein im rustikalen Salon. Der Überlieferung etwas weniger getreu verlief die offizielle Unterhaltung, vorwiegend in Odenwälder Mundart, die gepaart mit der „olwernen“ (grobschlächtigen),aber herzlichen Art ein Potpourri heimatlicher Literaturkunst zwischen Dichtung und Wahrheit servierte.
Nachdem die Fronten zwischen dem Erbacher Weiers und dem Michelstädter Lang rhetorisch abgesteckt waren („Lern du als Mischelstädte erscht amol „roarre Roa“ (roter Rain) zu soache.“), bekamen die „Beefeleme“ (Beerfeldener) und „Häigste“ (Höchster) ihr Fett weg. Der Ort in der Unterzent eigne sich am besten als Parkplatz für den Obi-Markt, war sich das ungleiche Duo einig.
Hatten sich die beiden Lokalpatrioten mal nichts zu sagen, blieb Zeit zum Verzehr einer der leckeren heimischen Mahlzeiten. Noch vor der Hauptspeise mussten sich die Gäste einem Sprachtest unterziehen. Das Ergebnis ließ zu wünschen übrig. Die Anzahl derjenigen, die einen so einfachen Satz wie „Tu du da de Dubak weg“ nachsprechen, geschweige denn übersetzen konnten, hielt sich deutlich in Grenzen. Dennoch gab es für alle „geräischdne Griess-Supp‘ mit Schmand“, „Dippe-Has‘ mit Ballekläiß“ und „Bärnschnitz“. In der Art, wie sie die „Quellkaddoffel mit dubb-dubb“ verzehrten, verrieten sich die Gäste aus Aachen, Hannover und aus dem Schwäbischen.
Während Weiers, einer Zeitreise gleich, Texte über den Raubacher Jockel, die Anekdote vom „Dappefange“ (heimattreue, scheue Tierchen) und Geschichten von Greta Bickelhaupt („Nuffzussisch“), Adam Karrilon, Philipp Buxbaum, Hans Müller, Johann Mohr und Michael Hely zum Besten gab, setzte Michel den Dreispitz auf und schlüpfte in die Rolle des real-fiktiven Lyrikers Benedikt Egner. Den Klängen seiner Original-Wirtshausziehharmonika waren Schunkellieder wie „Tief im Odenwald“ oder „Muss i denn...“ zu vernehmen. Sie verliehen den spöttischen Geschichten, wie jene des dem Backwahn (nicht zu verwechseln mit Bhagwan) verfallenen Bäckergesellen, die akustische Note passend zum trockenen Humor.
Schon nach kurzer Zeit verließ der heimatverbundene Kabarettist mit der Nickelbrille den ernsthaften Pfad seiner Erzählungen, verstrickte den aufmerksamen Zuhörer in Wortspielereien, um ihm letztendlich mit sprachlichen Verwirrungen auf eine Ebene pointierter Komik den Rest zu geben. Der Eine würde zu jener kurzweiligen Unterhaltung auf bodenständigen Niveau Slapstick sagen, der Andere Comedy. Für den gemeinen Odenwälder war es ganz einfach Feez.