Unsere jetzige Situation lässt niemand mehr gleichgültig. Manche haben große Angst sich anzustecken, andere sorgen sich um ihren Arbeitsplatz und das schlichte Überleben, wieder andere liegen erkrankt auf einer COVID-Station oder kurz vor ihrer Sterbestunde.
Mein Name ist Sr. Magdalena Marie, R.S.M. und ich gehöre zu den Barmherzigen Schwestern von Alma, Michigan (eine in Irland gegründete Kongregation päpstlichen Rechts, die nach Amerika auswanderte aber auch seit über 30 Jahren im Bistum Mainz vertreten ist). In meinem Apostolat arbeite ich normalerweise als Assistenzärztin im Zentrum für Seelische Gesundheit (Psychiatrie) im GZO-Erbach. Im Zuge der "CORONA-Krise“ habe ich mich gemeldet in der Inneren Medizin mitzuarbeiten, was ich als Privileg erfahre.
Im CORONA-Zelt, das dem Krankenhaus soz. vorgeschaltet ist, kommen täglich zahlreiche Patienten mit Verdacht auf eine CORONA-Infektion oder mit einer bereits manifesten Erkrankung, deren Zustand sich deutlich verschlechterte. Neben initial „physischer“ Versorgung ist es offenkundig, dass wir immer eine Einheit aus Körper, Geist und Seele sind und auch diese der Beachtung und Begleitung bedürfen. Viele sind verängstigt: „Wie geht es weiter? Sind meine Lieben zu Hause versorgt? Werde ich COVID überwinden oder gar daran erliegen? Heute, vielleicht mehr als je zuvor, benötigen Menschen andere, die Wegweiser sein können, da vielen der Zugang zu Gott „abhandengekommen“ ist oder sie noch nie einen solchen hatten.
Spiritueller Wegbegleiter in Zeiten der CORONA-Pandemie zu sein, bedeutet vor allem „den Ruf zu hören“…den Ruf da zu sein, wenn die Angst groß ist; den Ruf zum gemeinsamen Gebet umzusetzen, wenn beten nie gelehrt wurde oder im Verfall der Kräfte nicht zugänglich scheint. Auf medizinischer Ebene bedeutet es den Ruf Veränderungen wahrzunehmen, Medikamente anzupassen und das Krankheitsgeschehen dem Patienten und/oder besorgten Angehörigen zu erläutern.
Meine ärztlichen Kollegen von den COVID-Stationen benachrichtigen mich, wenn jemand Seelsorge wünscht oder sich in den letzten Stunden seines/ihres Lebens befindet. Dankbarerweise haben wir genug Schutzkleidung, dass zusätzliche Kontakte problemlos möglich sind. Manche Patienten fragen ob Gott sie wohl verlassen habe. Eine berechtigte Frage, die selbst Jesus am Kreuz gestellt hat. Wir dürfen mit einer vom Glauben getragenen Sicherheit sagen, dass nichts ohne Sein Wissen, ohne seinen Plan der Liebe und Barmherzigkeit geschieht. Die Frage nach dem „Warum“ im Leiden ist sehr persönlich und findet ihre Antwort abermals in Gott, der ganz Mensch als der Emmanuel, Gott mit uns, wurde. Dazu braucht es meist eine Hinführung. In Momenten der Kreuzesnachfolge auf dem Krankenbett - in Leiden und Angst– können Patienten dann oft erfahren, dass sie zwar ihr Kreuz tragen, dass aber Christus sie trägt. Zudem sind viele sehr dankbar eine Wunderbare Medaille oder einen Rosenkranz zu bekommen - nicht zuletzt um sich daran festzuhalten.
„Wir sind Gesandte an Christi statt“ (2 Korinther 5,20). Dieses Bibelzitat lässt die Erinnerung an den Guten Samariter wach werden. Nachdem andere sein Leid ignorierten, kam ein Reisender aus Samarien. Als er ihn sah, hatte er Mitleid (Lukas 10,33). Nicht wenige in unserer Umgebung sind vom Virus betroffen. Was tun wir? Die aktuelle, von Gott zugelassene Pandemie, ist ein Aufruf nicht einfach weiterzugehen, sondern die Wunden des Kranken auf unsere Weise zu verbinden – vielleicht durch einen Einkauf für einen Kranken, ein gutes Wort oder eine Karte für eine betroffene Familie. Vor allem aber die Zusage, dass wir den Kranken, der durch ein finsteres Tal geht in unser Gebet einschließen, dass er kein Unheil fürchten muss, da Gott bei ihnen ist. (vgl. Psalm 23). Mit Gottes Gnade können wir alle mitwirken diese Pandemie zu einem neuen Aufbruch des Glaubens und des Gottvertrauens aufblühen zu lassen.