Bischof Onaga besucht seit längerer Zeit mal wieder Mainz. Coronabedingt ist sein letzter Besuch drei Jahre her. Ich freue mich ihn wiederzusehen. Wir beide haben vor fünf Jahren gemeinsam eine Partnerschaft zwischen seinem Bistum Enugu und dem Bistum Mainz ins Leben gerufen, das nun seine ersten Früchte zeigt: Die ersten Aufbaustudien und Durchläufe durch die pastorale Ausbildung sind abgeschlossen. Die ersten aus dieser Kooperation hervorgegangenen Priester sind in den Gemeinden eingesetzt. Beide Seiten machen gute Erfahrungen. Anscheinend für Enugu und Mainz eine win-win-Situation. Spätestens alle zwei Jahre beginnt ein neuer Student aus Enugu sein Studium in Mainz. Die Gruppe soll ihre Größe durch Wechsel in dei Pfarrei und Neuzugängen aus Nigeria konstant halten.
Unser gemeinsamer Abend ist eine herzliche Begegnung, bei der viel gelacht wird. „Für Mainz und Enugu ein Gewinn“, meint Bischof Onaga. Bischof Kohlgraf sieht das auch so. Dadurch dass die Seminaristen hier in Mainz studieren können, erwerben sie eine zusätzliche, hochwertige theologische Qualifikation, die Bischof Onaga in seinem Bistum z.B. in der Priesterausbildung oder anderen Verantwortlichkeiten gut gebrauchen kann. Die umfangreiche pastorale Ausbildung gemeinsam mit den Mainzer Seminaristen und den Pastoralreferentinnen und -referenten gibt ihnen eine gute seelsorgliche Kompetenz. Aber auch für Mainz ein Gewinn: Priester der Weltkirche mit hoher, sehr guter Sprachkompetenz, weil sie hier studiert haben. Ein gutes Verständnis für unsere gesellschaftliche und kirchliche Situation ist die Basis, von den Menschen in den Gemeinden angenommen zu werden.
Gemeinsam lernen bringt wie von selbst eine interkulturelle Sensiblität mit sich, von der beide Seiten profitieren: Mainz und Enugu. Weltkirche mit allen Chancen und Schwierigkeiten ganz konkret! Bischof Onaga strahlt wieder, als Kaplan Valentine von seinen Erfahrungen und Projekten mit Jugendlichen an der Bergstraße erzählt.
Aber auch ernste Themen kommen auf den Tisch. Unser Gespräch dreht sich um die Situation der Kirche in den aktuellen politischen Entwicklungen in Nigeria. Als wir über die Anschläge auf christliche Kirchen mit vielen Toten am Pfingstfest und erst vor drei Tagen wieder in einer weiteren Kirche sprechen, herrscht große Betroffenheit. Verteilungskämpfe stehen im Hintergrund. Viele Fragen werden diskutiert angesichts der Situation unsrer Kirche derzeit hier in Deutschland. Es ist für Bischof Kohlgraf und mich eine gute Möglichkeit, kritische Wahrnehmungen des synodalen Weges in Deutschland aus der Perspektive der Kirche in Afrika aufzugreifen. Und auch hier wieder: eine win-win-Situation, da wir versuchen aus verschiedenen Perspektiven gemeinsame Herausforderungen und Problemstellungen anzuschauen: Geschlechterrollen, Missbrauch oder Themen der Macht in der Kirche…
Das ist es, warum ich mich gerne in der weltkirchlichen Arbeit im Bistum und in der Bischofskonferenz engagiere: Solche Begegnungen weiten den eigenen Blick. Es entwickelt sich eine besondere Sensibilität für das Gemeinsame, das uns als Weltkirche ausmacht, und für das je Eigene der Ortskirchen. Und ein Gedanke von Bischof Onaga wirkt an diesem Abend bei mir besonders nach: Wir wollen nicht bevormundet werden. Das mussten wir in unsrer Geschichte lang genug erleben, formulierte er sehr behutsam. Im Gespräch miteinander lernen wir, was verbindet. Wir erkennen, wie notwendig aber auch jede Ortskirche eigene Antworten auf eigenen Herausforderungen geben muss. „win-win“ für alle Beteiligten!