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Palmsonntag: Beginn der Passion - Geistliches Wort

Palmsonntag
Datum:
11. Apr. 2025
Von:
Lydia Haun

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

es gibt Momente im Leben, da ist nichts so, wie es scheint. Hinter der Fassade eines fröhlichen Gesichtes versteckt sich tiefe Trauer. Jemand wirkt hart und ablehnend, handelt dann aber hilfsbereit und freundlich. Aus einer scheinbar so düsteren Zukunft entwickeln sich neue, gute Möglichkeiten. Manchmal sagen wir dazu: Der- oder diejenige steckt in einer Krise. Das kann ein Augenblick sein oder eine längere Zeitspanne, manchmal eine nicht überschaubare Zeit. Der Ausgang ist unsicher. Erst im Nachhinein lässt sich erkennen, was daraus wird.

Der Palmsonntag führt in eine solche Krise hinein:

Die Christen feiern den Einzug Jesu nach Jerusalem und damit den Beginn der Passion. Der Weg in die Stadt erscheint wie ein Triumphzug, doch der Schein trügt. Jesus wird begrüßt wie ein König mit Palmzweigen und Jubelrufen, doch er kommt auf einem Lasttier und nicht hoch zu Ross. Als Friedenskönig zieht er ein. Doch die Jubelrufe werden bald verstummen. Die Hände, die eben noch Palmzweige schwingen, werden schon bald zu Fäusten geballt sein. Statt „Hosianna“ werden sie dann „Kreuzige ihn!“ rufen.

In der Karwoche können wir Jesus wie auf einer Zeitreise begleiten: Der Einzug Jesu in Jerusalem, das letzte Abendmahl, die Stille am Ölberg, den Ort des Verrates, die Verhaftung, der Weg vom Hohen Rat der Priester und Schriftgelehrten weiter zum römischen Statthalter, schließlich die Verurteilung und der Weg nach Golgota, dem Ort der Hinrichtung. In wenigen Schlaglichtern wird sein Leidensweg beleuchtet, der letztlich in seiner Auferstehung gipfelt. Sein Weg ins Dunkel war ein Weg ins Licht. Im Geschlagenen, im Verachteten war Gott ganz nah.

Jesu Leidensweg ist mit so vielen Menschen verknüpft: Frauen und Männern, Mächtigen und Ohnmächtigen, Anhängern und Feinden, Getreuen und Verrätern, Verstockten und Reumütigen, Grausamen und Mitleidenden, Bekannten und Namenlosen. Damals wie heute bleibt es eine spannende Frage: Wer ist Jesus für mich? Bin ich unter denen, die von ihm begeistert sind? Oder zu welcher Gruppe zähle ich mich?

Als Christ bekenne ich mich zu Jesus. Im Leben zeigt sich, was das für mich wirklich heißt.

Was darf mich der Glaube an Jesus und die Nachfolge Jesu kosten? Dietrich Bonhoeffer schreibt: „Ein Christentum ohne Nachfolge, als bloße Idee gibt es nicht.“ Es geht im Evangelium nicht zuerst um Werte oder gar um einen Mythos, sondern um die Begegnung zwischen Jesus Christus, dem Sohn Gottes, und uns, den Menschen, die sich mit ihm auseinandersetzen.

Die Karwoche lädt mich ein, sich auf den Leidensweg Jesu einzulassen. Sein Leiden darf und soll meinen Blick richten auf die Menschen, die heute unter Gewalt und Unrecht leiden, im Großen wie im Kleinen. Daher fordert das Zugehen auf Ostern heraus, tätig zu werden, zu helfen, wo es im eigenen Umfeld möglich ist, und im Tun auf Gottes Hilfe zu vertrauen. Denn das Licht der Auferstehung Jesu erhellt auch die Dunkelheiten im eigenen Leben.