Liebe Leserin, lieber Leser,
das Warten gehört zu unserem Leben: in der Schlange an der Supermarktkasse, beim Arzt und auf Ämtern. Und manchmal dauert es länger als gedacht.
Dann gilt es, sich in Geduld zu üben. Was manchen schwerfällt.
Dabei ist „Geduld“ durchaus eine christliche Tugend. Nicht zu verwechseln freilich mit jener „Duldsamkeit“, die nichts anderes mehr ist als Ausdruck der Resignation, in der ein Mensch sich passiv ins Unvermeidliche fügt.
Christlich geübte Geduld hat vielmehr mit „Langmut“ zu tun. Mit dem Mut, den es aufzubringen gilt, wenn es lange dauert, länger als man geglaubt und gehofft hatte, um dennoch die Hoffnung nicht aufzugeben.
Für die erste Christengeneration war das die entscheidende Herausforderung: hatten sie nicht gehofft, dass der Messias, Christus, bald, schon zu ihren Lebzeiten, wiederkommen werde, um endlich einen neuen Himmel und eine neue Erde heraufzuführen und alles zum Guten zu wenden?
Sie mussten lernen, worin auch wir uns einzuüben versuchen, wenn wir Advent feiern:
Gottes Kommen ist von uns her völlig unverfügbar.
Mag sich auch aus unserer Perspektive seine Ankunft ganz unerträglich verzögern, ist es unsere Berufung, in dieser Welt, die oft von Gottes Herrschaft wenig ahnen lässt, im Glauben daran festzuhalten, dass sie doch schon im Anbruch ist und in jener Geduld, die sich als Langmut bewährt, Zeugen des Vertrauens zu sein:
in unserer Mitmenschlichkeit, unserer Gelassenheit, der Bereitschaft uns einzuschränken, in der Solidarität mit den Schwachen und Verletzlichen bezeugen wir unsere Hoffnung und geben anderen Grund zu hoffen und trotz allem zu vertrauen.
In allem Guten, das wir einander jetzt, im Hier und Heute, erweisen, ist der schon da, den wir zugleich immer noch erwarten.
Unsere Geduld, die Langmut und die Güte, sind Wege, auf denen Gott adventlich zu uns kommt und jetzt schon in dieser Welt erfahrbar wird, so sehr sie weiter darauf wartet, dass seine Güte und Gerechtigkeit ein für alle Mal und für alle offenbar werden.
Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Adventszeit, ein Weihnachtsfest, das Sie in der Hoffnung stärkt, dass Gott zu uns Menschen kommt und ein gesegnetes neues Jahr.
Ihr Pfarrer Stefan Schäfer