Das Fest Fronleichnam mit seinen prachtvollen Prozessionen ruft kontroverse Empfindungen hervor. So mancher Zeitgenosse denkt sich, den Katholiken (und insbesondere dem Klerus) stünde es in diesen Zeiten besser zu Gesicht, in Sack und Asche durch die Straßen zu laufen und Buße zu tun. Ist diese äußere Prachtentfaltung noch zeitgemäß oder nicht eher ein Ärgernis?
Die Fragestellung ist nicht neu, sie beschäftigt nicht nur die Christenheit. So sagte ein Philosoph in der Nachkriegszeit, angesichts der Verbrechen der Nationalsozialisten wäre es nicht mehr statthaft, Gedichte zu schreiben. Der Glaube an das Gute im Menschen sei so grundsätzlich ausradiert, dass jedes Gedicht, jede Schönheit und jede kulturelle Leistung als Zynismus erscheinen müsse – so in etwa die Argumentation.
Ist dem so? „Die Welt wird durch Schönheit gerettet“ – behauptete ein Dichter einmal. Der Mensch sehnt sich danach – nach dem Unverdorbenen, dem Wahren, dem Schönen, dem Guten. Kirchliche Kunst – Architektur, Musik, Skulptur – hält diese Sehnsucht wach. Sie sagt: Der Mensch und die Welt ist nicht vollkommen verdorben. Das Gute, das Wahre, das Schöne lebt – verborgen oftmals, aber dennoch ganz real und unzerstörbar.
Vielleicht ist das ein neuer Zugang zum Fronleichnamsfest, bei dem auch in diesem Jahr die Standarten wehen, die Posaunen jubilieren und der brokatbesetzte Baldachin auf das „Allerheilgste“ verweist. Nicht Selbstdarstellung und triumphale Überheblichkeit ist hier das Ziel, sondern ein bescheidenes Verweisen auf den, der diese Welt – trotz allem – nicht verlassen hat. ER ist – um es theologisch zu sagen – „real präsent“. ER ist Gegenwart. Für dich und mich.
In diesem Sinne Ihnen einen schönen Feiertag!
Ihr Hendrick Jolie, Pfr.