"Heute möchte ich daher bei der betenden Gegenwart der Jungfrau Maria in der Gruppe der Jünger verweilen, die die entstehende Kirche sind.
Maria ist mit Zurückhaltung dem gesamten Weg ihres Sohnes in seinem öffentlichen Wirken gefolgt, bis unter das Kreuz, und jetzt folgt sie weiterhin im stillen Gebet dem Weg der Kirche.
Bei der Verkündigung im Haus von Nazaret empfängt Maria den Engel Gottes, achtet auf seine Worte, nimmt sie an und antwortet auf den göttlichen Plan, indem sie ihre volle Bereitschaft zeigt: »Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast« (vgl. Lk 1,38). Gerade durch die innere Haltung des Hörens ist Maria in der Lage, die eigene Geschichte zu deuten, indem sie mit Demut erkennt, daß es der Herr ist, der handelt.
Als sie ihre Verwandte Elisabet besucht, bricht sie in ein Gebet des Lobpreises und der Freude aus, der Feier der göttlichen Gnade, die ihr Herz und ihr Leben erfüllt und sie zur Mutter des Herrn gemacht hat (vgl. Lk 1,46–55). Lobpreis, Dank, Freude: Im Gesang des Magnifikat schaut Maria nicht nur auf das, was Gott in ihr gewirkt hat, sondern auch auf das, was er in der Geschichte vollbracht hat und weiterhin vollbringt.
In einem berühmten Kommentar zum Magnifikat lädt der hl. Ambrosius ein, im Gebet denselben Geist zu haben, und schreibt: »In jeder Seele sei Marias Seele, daß sie ›groß mache den Herrn‹, in jeder sei der Geist Marias, daß er ›frohlocke in Gott‹«. (Expositio Evangelii secundum Lucam 2,26: PL 15,1561)."
Papst Benedikt XVI, 14.03.2012
Ihnen allen einen schönen Marienmonat Mai!
Bild: Fatima-Madonna in Wenings