Das Buch der Psalmen (Psalter), eine Sammlung von 150 Liedern, bildet gleichsam die Mitte der biblischen Bücher als Antwort auf Gottes Worte und Taten. Auch außerhalb des Psalters finden sich in der Bibel zahlreiche poetische Texte, Lieder und Hymnen, die in ihren jeweiligen Prosatext eingebettet wurden. Psalmen sind gesungene Gebete. In diesen Liedern mit Musikbegleitung (psalmos: Lied zum Saitenspiel) erklingen Lob und Klage, Dank und Bitte. In den Psalmen haben Menschen seit Jahrhunderten ihr Leben in Freude und Not vor Gott getragen – oft gemeinschaftlich in Wallfahrten nach Jerusalem und Gottesdiensten im Tempel. König David gilt als der große Psalmensänger. Das Buch der Psalmen ist das im Neuen Testament am häufigsten zitierte Buch der jüdischen Bibel. An vielen Stellen deuten Psalmverse die Botschaft und das Geschick Jesu. Von besonderer Bedeutung für die Liturgie sind die Loblieder am Anfang des Lukasevangeliums. Diese wurden dem Psalter in der griechischen Bibelübersetzung als Oden (cantica, Gesänge) zugefügt. Psalmen erklingen in unseren Gottesdiensten und gliedern seit Jahrhunderten die liturgischen Tages- und Festzeiten in den Klöstern. Als gemeinsames jüdisch-christliches Erbe stellen sie die Betenden in eine Erinnerungs- und Erzählgemeinschaft
und prägen bis heute die Tradition der geistlichen Musik der verschiedenen christlichen Kirchen. Der Biblische Studientag möchte an ausgewählten Beispielen den Reichtum der biblischen Gebets- und Liedtradition entdecken, die unsere Liturgie bis heute prägen.
Dr. Marie-Louise Gubler, Zug / Schweiz