Firmament

Ein sternenreiches Kulinarisch-Literarisches Ereignis

Firmament Logo
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Datum:
Mi. 24. Jan. 2007
Von:
KÖB-Team
Das ist das Firmament - an eine der durchsichtigen Sphären des Himmels sind die Sterne angeheftet. "Unter Welt" zeigte uns das, was drunter ist. Die Himmelsphäre zeigt uns den Sternenhimmel, völlig losgelöst fliegen 99 bunte Luftballons an der Himmelsleiter entlang und folgen MIR auf dem StarTrek, denn per aspera ad astra klingt doch gut, nicht wahr? Sternenreiches gibt es zu hören, zu essen und zu trinken. Vielleicht fällt es Ihnen dann wie Sch(n)uppen von den Augen. Seien wir gespannt auf Himmelstürmendes mit Wort & Biss....

Himmelsstürmend mit Wort und Biss

Himmlisches und Köstliches servierte am Samstag das elfköpfige Team der katholi­schen öffentlichen Bücherei St. Sophia seinen Gästen im histori­schen Palais in Erbach. Bei dem /ur Tradition gewordenen kulina­risch-literarischen Empfang zum Jahresbeginn drehte sich dieses Mal alles um das Firmament. Da durften natürlich die Sterne nicht fehlen, die in unzähligen Lichtern von der Holzdecke wie auf der langen Tafel für das passende Am­biente sorgten.

Auch Fantasie der Besucher gefordert

Set (c) Bücherei St. Sophia/WW
Set

Andere liebevolle Details, die nicht immer auf Anhieb in Er­scheinung traten, verlangten von den Besuchern etwas Fantasie und die Bereitschaft, Assoziatio­nen herzustellen. Da wurden aus den orange-schimmernden De­ckenlampen Planeten, und das hauchdünne blaue Tischtuch mu­tierte zum Asteroidengürtel. Letz­teren, den Gürtel, galt es weit zu öffnen, um der „Sternchenflut" (eine klare Brühe mit Karotten-Sternen, Eistich und Sternchen­suppennudeln), „Kommt ein Vo-gerl geflogen" (Schweizer Begriff für Feldsalat, dazu Blätterteigta­schen), zwei Hauptgerichten und der „Wolke 7", bestehend aus Ver-micelles (Maroneneis) mit Merin-ge (Baiser), Platz zu schaffen. Zum „selteneren Mineralwasser vom Mars" hatten Weinkenner die Auswahl zwischen einem Acolon Rotwein und einem Weiß­burgunder Kabinett.

Auch literarisch begleiteten nicht nur Sonne, Mond und Ster­ne die Gäste durch den Abend, wofür Willi Weiers mit einer inter­nationalen Auswahl klassischer, zeitgenössischer und vor allem humorvoller Beiträge sorgte. Aus­gestattet mit Urkunden anlässlich der Sternentaufe des 188455 im Sternbild Orion ging es an den Tisch, um „Himmelsstürmendes mit Wort und Biss" zu erfahren. Da durften weder die „Sternbilder der Antike" noch eine Ode an „Das Firmament" (von Barthold Heinrich Brockers, 1721) fehlen, zu der die „Götterspeise" aus Zi­trone und Waldmeister mit einem lieben Gruß aus der Küche ge­reicht wurde.

Ein Glas zerbricht durch Meteoriteneinschlag?

Sterne am Firmament (c) Bücherei St. Sophia/WW
Sterne am Firmament

Etwas heiterer, dafür schlagkräf­tig, folgte die Antwort auf „Wie kommt man eigentlich zu den Sternen?", die Weiers in der „Mis­sion Apollo" von Ephraim Kishon suchte. In der Rolle des zornigen Sprösslings Amir, der sich partout als Astronaut verkleiden wollte, brachte der Vorleser ein Weinglas zu Fall. Für die Scherben wurde spontan ein Meteoriteneinschlag verantwortlich gemacht. Noch vor dem Hauptgericht servierte Weiers bissige Kurzgeschichten von Dieter Höss über entführte Flugzeuge und abgestürzte Starfighter sowie schicksalsschwere Weissagungen auf der Grundlage chinesischer Sternzeichen und aus landesüblichen Jahreshoro­skopen, die je nach Inhalt den Abend über die Runde am Tisch machten.

Das Fleisch von „Fliegern" be­stand zum einen aus  toskanischem Putenbraten in aromati­scher Verhüllung mit Nudelnes­tern und Tomaten-Zucchini-Sauce. In der zum Papierflieger gefalteten Speisekarte hieß das Gericht kurz „Von den Azteken geschätzt", die eine Vorliebe für Truthühner hatten.  Der zweite Hauptgang,   auch   „Sphärischer Orgelteller" (gefüllte Putenbrüstchen mit Reis und Gemüse) ge­nannt, war dem zweihundertjäh­rigen  Drehorgelbau  von  Waldkirch im Schwarzwald gewidmet. Zwischendurch ging es litera­risch weiter mit Jules Vernes Reise „Von der Erde zum Mond", zwei Engelsgeschichten und einer Le­seprobe    aus    dem   SF-Roman „Turmhoch und meilenweit" von der   mehrfach   ausgezeichneten niederländischen Jugendbuchau­torin Tonke Dragt. Was mit einem „blauen Engel" als Aperitif ange­fangen hatte, endete mit einem Kaffee im Original Starbucks-Coffee-Becher, zu dem ein Metaxa mit sechs Sternen gereicht wurde. Rundum satt und zufrieden, emp­fahl es sich, die anfangs gereichte Astronautennahrung nicht auch noch vor Ort zu verköstigen, son­dern für schlechte Zeiten aufzu­bewahren.

Passend zum Abend wie zum derzeitigen politischen Gesche­hen, schickte der liebe Gott zum Abschluss den vom Schlag getrof­fenen Dienstmann Nummer 172 zurück auf die Erde. Doch Ludwig Thomas „Münchner im Himmel" alias Alois Hingerl zog das Hof­bräuhaus seinem Auftrag vor, der bayerischen Regierung die göttli­chen Ratschläge zu überbringen. Bekanntlich wartet diese daher bis heute vergeblich auf die göttli­chen Eingebungen. Für Weiers kein Drama: Immer noch besser, als „dass uns der Himmel auf den Kopf fallen würde", eben das ein­zige, was ein kleines, widerspens­tiges gallisches Dorf wirklich fürchtet.