Jugendliche des Bistum Mainz erleben den Zauber in Taizé :Taizé Fahrt KJB Südhessen und KJB Mainline
Jugendliche des Bistum Mainz erleben den Zauber in Taizé
Bernsteinfarbene Sonnenstrahlen brechen durch die bunten Fenster der Versöhnungskirche, als die einfachen Glocken das Vogelzwitschern im Morgentau durchdringen. Ein Sonnenstrahl kitzelte einen Mönch, der in eine weiße Robe gehüllt war. Als ob er von der Sonne geküsst wurde. Der Blick des Mönches richtet sich kurz auf ein weltbekanntes Jesuskreuz, danach senkt er sein Haupt und verweilt in Stille.. Dieser Mann ist einer von etwa 100 Brüdern aus über 25 Ländern, die zur Communauté de Taizé gehören. Männer, die sich entschieden haben, ihr Leben Gott zu widmen – in Einfachheit, Gemeinschaft und Gebet.
Zentrum der Kirche bildet der große Saal, in dem sich alle Mönche nach und nach versammeln. Und auch in den Anbauten füllt es sich langsam und ruhig mit Menschen, die sich im Schneidersitz auf den Boden setzen - manche noch verschlafen, andere schon mit funkelnden Augen. 6000 Seelen passen hier in die Kirche hinein. Doch diese Woche, kurz vor Ostern, sind es hier in Taizé im französischen Burgund rund eintausend.
Vom Bistum Mainz verschlägt es auch die katholischen Jugendbüros (Mainlinie und Südhessen), die mit 21 Teilnehmenden vertreten sind. Eine von ihnen ist Jana, sechzehn Jahre alt, aus Michelstadt. Voller Neugier und andächtig verfolgt sie mit ihren Freundinnen den ökumenischen Gottesdienst.
Musik, die sich ins Herz schreibt
Zum jetzigen Zeitpunkt wissen die Jugendlichen noch nicht, dass sich viele dieser stimmungsvollen, internationalen meditativen Lieder, die im Chor gesungen werden, in ihre Ohren und Herzen verankern werden. Musikalisch begleitet werden die Gesänge von schlichten Instrumenten wie Klavier, manchmal aber auch von der Orgel. Zu feierlichen Höhepunkten kommen gerne auch Violine und Flöte zum Einsatz. Das klangvolle Lied Nada Te Turbe (zu deutsch: nichts soll dich ängstigen) wurde nun auch von vielen des Mainzer Bistums als eines ihrer Lieblingslieder auserkoren – auch Jana liebt es. Besonders während der acht Minuten Stille im Gottesdienst, in denen nur der eigene Atem zu hören ist, spürt sie es in den kommenden Tagen: eine zarte Verbindung zwischen Herz, Klang und Schweigen.
Der Alltag in Taizé ist nicht nur von Stille, Gebet und Gottesdienst geprägt, sondern auch von Gemeinschaft. Und diese findet sich in verschiedenen Formen wieder: Sei es durch gemeinschaftliche Arbeit, die den Alltag in Taizé am Laufen hält, oder aber durch friedvolle Begegnungen mit Menschen.
Vom ersten Hallo zum vertrauten Miteinander
Viele Jugendliche sind getrieben und in ihrem Alltag teils „mit harten Wirklichkeiten konfrontiert“ (Taizebrief für das Jahr 2025, Frere Matthew). Taizé ist für sie ein Ort, an dem sie etwas zur Ruhe kommen können – und in Bibel- oder Gesprächsgruppen hat man die Möglichkeit, andere Jugendliche und junge Erwachsene und deren Lebenswelten kennenzulernen. Die Bibel‑Einführungen werden von den Brüdern gehalten. Danach geht es in Kleingruppen weiter, hier ist Platz für persönliche Reflexion und Austausch. Manche der Jugendlichen waren bereits mehrfach hier, ein verräterisches Indiz dafür ist zum Beispiel die Kreuzkette von Taizé, die viele um den Hals tragen. Ein schlichtes Symbol – halb Kreuz, halb Friedenstaube.
Thema des Jahres in Taizé ist Hoffnung – angelehnt an das Motto des Heiligen Jahres „Pilger der Hoffnung“. In jedem sorgfältig ausgewählten Bibeltext für den Tag kann man diese Hoffnung, oder zumindest einen Funken, für sich entdecken – und etwas für sich mitnehmen. Abraham, der von Gott einen Sohn als Geschenk erwartet, und doch enttäuscht wird – oder Jesus, der sich, bevor er ausgeliefert wird, in einer scheinbar ausweglosen Lage in Getsemani befindet: auch für diese biblischen Charaktere tun sich Wege auf. Die Begegnungen in Taizé haben schon oft zu der ein oder anderen nachhaltigen Verbindung geführt. „Man lernt sich auf ‘ner ganz anderen Ebene kennen“, sagt Jana später. Ihre Kleingruppe ist ihr ans Herz gewachsen. „Ich hab’ mich da richtig verstanden gefühlt.“
Taizé - Ein Ort der Besinnung
Und wenn die Gedanken zu viel werden – was in Taizé durchaus geschieht – bleibt auch ein besonderer Rückzugsort: die Quelle. Ein Platz zum Entschleunigen: Verweilen, Atmen, Loslassen.
„Gott, lass meine Gedanken sich sammeln zu Dir. Bei Dir ist das Licht, Du vergisst mich nicht. Bei Dir ist die Hilfe, bei Dir ist die Geduld. Ich verstehe Deine Wege nicht, aber Du weißt den Weg für mich.“ Lied: Aber Du weißt den Weg für mich
Der Alltag in Taizé zeichnet sich durch Bescheidenheit aus. Der legendäre Klassiker zum Frühstück ist seit Jahrzehnten Baguette, Butter und Zartbitterschokolade, Kakao oder Tee. Und auch das Mittag- und Abendessen ist einfach und unverwechselbar.
Der Nachmittag ist dem praktischen Miteinander gewidmet: Freiwillige verteilen sich auf Dienste – Geschirr spülen, Toiletten reinigen, Essensausgabe, Gitarren für die Gebete stimmen. Diese gemeinschaftlichen Tätigkeiten gehören bewusst zum spirituellen Rhythmus: Beten und Arbeiten bilden eine Einheit.
Kreativität, Dialog und Handwerk
In der Exposition lassen sich Gesangbücher, Postkarten, allerlei Mitbringsel und handgearbeitete Keramikkunst der Brüder in Taizé zum Selbstkostenpreis erwerben – und natürlich auch die bekannten Kreuzketten in verschiedenen Ausführungen Wer Lust auf mehr hat, kann an Workshops teilnehmen: sozial, künstlerisch, interkulturell, theologisch. Besonders beliebt: die Vorträge über die Freundschaft zwischen Muslimen und Christen.
Nur ein kleines Licht, das ausreicht, um ein ganzes Herz zu erhellen
Am Samstagabend verwandelt sich die Versöhnungskirche in ein Meer aus Kerzenlicht. Darauf haben viele gewartet: auf die Lichternacht. Wenn der Gitarrenklang zart und spannungsvoll erklingt und die Kinder neben Frere Matthew nach vorne zur Osterkirche gehen, um ihre Kerzen zu entzünden, dann beginnt etwas Magisches. Nach und nach wandert das Licht durch die Reihen – von Hand zu Hand, von Herz zu Herz, still und achtsam. Auch Jana hält eine kleine, brennende Kerze in den Händen. Es war, als hätte sie nicht nur eine Kerze, sondern Hoffnung in der Hand. Und tatsächlich: An diesem Abend wird spürbar: Hoffnung kann angezündet werden. Leise. Warm. Und tief im Herzen.
Aber auch die Woche in Taizé geht einmal zu Ende. Als die Busse wieder rollen, zurück Richtung Mainz, herrscht eine beseelte Ruhe. Viele haben einen neuen Blick auf das, was wirklich zählt. Die Jugendlichen sprechen von Dankbarkeit. Von einem Frieden im Herzen, den sie lange nicht gespürt haben. Und Jana? In ihrem Kopf läuft auf Dauerschleife Nada Te Turbe. Vor was soll sie denn Angst haben? Sie trägt jetzt ein Taizé-Kreuz um den Hals.
Und wenn sie irgendwann mal jemanden trifft, der ebenfalls so ein Kreuz um den Hals trägt, lächelt sie vielleicht zuerst. Und sagt dann: „Warst du auch mal in Taizé?“ Denn wer einmal dort war, der trägt den besonderen Zauber von Taizé ein Stück weit mit – in der Stille, in der Hoffnung, in einem kleinen Kreuz um den Hals – und im Herzen.