Mittwochskonzert:Es werde Frieden
Ein Konzert des Erinnerns und Mahnens, aber auch der Zuversicht
Zu Beginn des Konzertes begrüßte Pfarrer Erik Wehner die zahlreich erschienen Zuhörer, unter ihnen einige Ehrengäste. Besonders begrüßt wurde Dr. Bernhard Vogel, der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und später von Thüringen. Dr. Vogel war als Förderer und Schirmherr der Eule-Orgel eingeladen, er hatte zusammen mit seinem Bruder Hans-Jochen Vogel wesentlich dazu beigetragen, dass in St. Bonifatius eine neue Orgel gebaut werden durfte. In seiner Kindheit war Bernhard Vogel Messdiener in St. Bonifatius und er hatte die Bombennächte um den 6. Dezember 1944 in Gießen miterlebt. Beeindruckend war seine Erinnerung dieser schlimmen Kriegzeit in Deutschland, aber auch seine Zuversicht, dass das Leben weitergeht, für ihn eine Zuversicht, die sich sein Leben lang aus dem Glauben an einen barmherzigen und gütigen Gott speist.
Das Konzert nahm wunderbar diese Gedanken des Innehaltens, aber auch der Zuversicht auf. Der Organist Andreas Schmidt aus Hannover hatte ein dem Gedenktag angemessenes Programm zusammengestellt.
Es begann mit Max Regers Trauerode, op. 145/1, die "dem Gedenken der im Krieg 1914/15 Gefallenen". Dieses Werk beginnt sehr langsam, fast zurückhaltend und scheu und setzt dann im 2. Teil mit dem Choral "Was Gott tut, das ist wohlgetan" ein, auch hier eher verhalten, aber doch mit einer vorsichtigen Zuversicht, ganz im Sinne der zu Beginn vorgetragenen Begrüßungsrede von Dr. Vogel.
Der Adventszeit angemessen folgte der Orgelchoral "Nun komm der Heiden Heiland" von Johann Sebastian Bach, eine groß angelegte, ausdrucksvolle Choralbearbeitung, die in der Gewissheit mündet, dass der "Himmel zur Erde kommt - Gott wird Mensch".
Das Benediktus (der Lobgesang) von Max Reger beginnt ebenfalls langsam und mystisch, um sich dann schließlich zu einem Fortissimo-Akkordteil mit Crescendo zu steigern.
Nun folgte ein bedeutendes Werk Johann Sebastian Bachs mit der Passacalia in c-Moll, ein groß angelegtes Werk mit 20 sehr vielfältigen Variationen, die schließlich in einer Doppelfuge münden.
"Ecce virgo concipiet" ("Siehe, die Jungfrau wird empfangen") von Vladimir Gorup ist die Antiphone der Communio zum 4. Advent, nach der Vorstellung der Choralmelodie im Pedal wird die Melodie immer wieder von atonalen Klangketten unterbrochen. Den Schluss bildet ein klanggewaltiges "Halleluja".
Es folgten zwei Stücke, die man als "echte Kriegsstücke" bezeichnen kann, weil sie mitten im 2. Weltkrieg 1942/43 von Jean Langlais komponiert wurden. Das erste Stück heißt "Chant de paix" (Gesang des Friedens). Dieses Stück war noch nicht ganz verklungen, als in ganz Gießen (und auch in der Bonifatiuskirche) die Glocken zu läuten begannen zum Gedenken an den Bombenangriff am 6. Dezember 1944, der um 20:03 Uhr eingesetzt hatte. Zu diesem Moment des Gedenkens wurde das Konzert unterbrochen und die Zuhörer verharrten in stillem Gedenken an die Bombennacht vor 79 Jahren. Nachdem das Glockengeläut verklungen war, spielte der Organist noch den "Gesang des Friedens" zu Ende.
Den Abschluss des Konzertes bildete das vituose "Chant de joie" (Lied der Freude) von Jean Langlais. Dieses Stück setzte bei diesem überwiegend getragenen und ernsten Konzert einen zuversichtlichen Schlusspunkt.
Das Publikum bedankte sich mit langanhaltendem und stehendem Applaus beim Künstler, der ein dem Anlass angemessenes und ergreifendes Konzert geboten hatte.
Aus der Zeitung
Gießener Anzeiger vom 08.12.2023
Todesangst im Bombenkeller
Erinnerungen von Politiker Bernhard Vogel beim Mittwochskonzert in Bonifatiuskirche
Der Politiker Bernhard Vogel teilt seine Erinnerung an die Bombennächte in Gießen beim Mittwochskonzert in der Bonifatiuskirche. Er war damals hier Messdiener.
Es war ein besonderes Mittwochskonzert in der Bonifatiuskirche. Zum einen aufgrund des Anlasses: der Jahrestag der Gießener Bombennächte im Dezember 1944, in der die Stadt fast komplett zerstört wurde. Zum anderen wegen Bernhard Vogel. Der Ex-Spitzenpolitiker und sein Bruder Hans-Jochen waren hier beide einst als Messdiener aktiv und haben sich in besonderem Maße als Schirmherren für den Bau der neuen Orgel eingesetzt. Letztere bediente an diesem Abend Andreas Schmidt aus Hannover.