Zum Inhalt springen

Das 101. Mittwochskonzert – Die Klangfarben der Orgel:Jonas Schauer präsentierte ein hörbares Klanggemälde von Bach bis Karg-Elert

Jonas Schauer-Facebook
Datum:
1. Okt. 2025
Von:
Bruno Bellinger

Dass die Orgel nicht nur ein liturgisches Begleitinstrument ist, durften die Zuhörer*innen unserer Mittwochskonzerte schon 100-mal erfahren. Und besonders im 101. Konzert mit dem jungen Organisten Jonas Schauer aus Leipzig wurde dies wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Das Programm, welches Schauer präsentierte, entfaltete ein musikalisches Gemälde unterschiedlicher Stimmungen: festlich und nachdenklich, strahlend hell und zurückhaltend düster.

Eröffnet wurde das Konzert mit der „Fanfare“ von Percy Whitelock. Die Fanfare ist ein lebendiges und erhebendes Werk für die Orgel. DasStück zeichnet sich durch ein kraftvolles, festliches Hauptthema aus, das mit strahlenden Akkorden und rhythmischer Energie beginnt. Dieses Thema kehrt im Verlauf mehrfach wieder und wird von kontrastierenden Abschnitten unterbrochen, die Whitlocks Melodievermögen und seine harmonische Farbigkeit zeigen. Jonas Schauer gelang es mit seinem Spiel, die Eule-Orgel im hellen Licht erstrahlen zu lassen.

Es folgten Toccata, Adagio und Fuge (BWV 564) von Johann Sebastian Bach, ein grandioses Werk Bach’scher Orgelkunst. Jonas Schauer ließ dieses bekannte und beliebte Werk mit Präzision und zugleich einfühlsamen Spiel erklingen. Die Toccata ist geprägt von virtuosen Läufen, gebrochenen Akkorden und einem improvisatorischen Charakter. Besonders bemerkenswert ist ein Solo-Abschnitt für das Pedal, der zu Bachs Zeiten eine absolute Neuheit darstellte und bis heute zu den herausforderndsten Passagen der Orgelmusik zählt. Im Gegensatz zur Toccata steht das Adagio, das mit seinem ruhigen, kantablen Thema und seinen ausdrucksstarken Verzierungen an ein italienisches Liebeslied erinnert. Die harmonische Vielfalt und die emotionale Tiefe dieses Satzes machen ihn zu einem Höhepunkt des Werks. Den Abschluss bildet eine dreiteilige Fuge, die durch ein prägnantes Thema, kontrapunktische Verarbeitung und ein kraftvolles Finale überzeugt. Die Fuge verbindet meisterhaft strenge Kompositionskunst mit lebendiger Musikalität. Jonas Schauer arbeitete die Merkmale dieses herausragenden Werkes des Barocks wunderschönen und einfühlsam heraus.

Louis Viernes „Claire de Lune“ ist ein impressionistisches Orgelstück, das versucht, die Stimmung und das Licht des Mondscheins musikalisch einzufangen. Die Musik ist ruhig, meditativ und voller sanfter Harmonien, die an einen stillen, mondbeschienenen Abend erinnern. Wie viele Werke des Impressionismus arbeitet auch „Claire de Lune“ mit feinen Klangfarben, subtilen Veränderungen und einer poetischen Grundstimmung.

Einen Höhepunkt des Konzertes bildeten die Stücke von Sigfrid Karg-Elert, wobei die Zuhörer eingeladen waren, sich auf impressionistische Klangflächen mit sphärischen Ausdruckformen einzulassen. In „Jesu, geh voran“ verarbeitet Karg-Elert ein klassisches Kirchenlied der evangelischen Tradition. Der Text bittet Jesus um Führung und Beistand auf dem Lebensweg.

Aus den „7 Pastellen vom Bodensee“ spielte Jonas Schauer die drei letzten Stücke, die die Abendstimmung, den Mondaufgang und den Sternenhimmel als ein musikalisches Gemälde erklingen lassen. Karg-Elerts „Pastellen“ sind geprägt von einer impressionistischen Klangsprache, ungewöhnlichen Harmonien und einer raffinierten Registrierung. Der Komponist nutzt die Möglichkeiten der Orgel voll aus, um unterschiedlichste Klangfarben und Stimmungen zu erzeugen. Besonders auffällig ist der Einsatz von chromatischen Linien, modalen Wendungen und einer reichen Dynamik. Jonas Schauer zeichnete dieses Klanggemälde mit viel Hingabe und großer Ausdauer in die abendliche Bonifatiuskirche.

Die Zuhörer*innen bedankte sich für das intensive und tief berührende Konzert mit stehendem Applaus.