102. Mittwochskonzert – „in Aeternum – in Ewigkeit“:Novemberkonzert zwischen Totengedenken und Ewigkeit

Im 102. Mittwochskonzert nahm Andreas Boltz, Organist und Dommusikdirektor am Frankfurter Kaiserdom St. Bartholomäus, die Zuhörer*innen mit in das Thema des Novembermonats: Totengedenken und Ewigkeit.
In dieser thematischen Spannung waren die vorgestellten Werke ausgewählt: Da begegneten sich Bach’sche tiefe Religiosität und Gottvertrauen und französische Orgelmusik mit ihren Tiefen, Leid und Verzweiflung im Angesicht von Tod und Endlichkeit.
Zu Beginn spielte Boltz das Te Deum aus der „Hymne d’actions de grace“ von Jean Langlais. Das Te Deum ist ein Gebet des Dankes und der Anerkennung, das Langlais mit einer dichten und kraftvollen Tonsprache ausdrückt, eindrucksvoll vom Organisten Boltz vorgetragen.
Nun folgte das „Kyrie, Gott Vater in Ewigkeit“ BWV 669 von Johann Sebastian Bach, welches das erste von drei Choralvorspielen über das Kyrie im „Orgelbüchlein“ ist. Dieses nimmt Bezug auf den lutherischen Choral „Kyrie, Gott Vater in Ewigkeit“, der auf den gregorianischen Messgesang zurückgeht. Bach gestaltet die Komposition in einer ruhigen, meditativen Art, die dem Charakter des Kyrie entspricht – ein Gebet um Erbarmen. Boltz hat für dieses Konzert für die Darbietung des Kyries die trinitarische Aufteilung (Gott Vater – Sohn – Heiliger Geist) an drei Stellen innerhalb des Konzertes platziert. Damit ist die musikalische Sprache Bachs in Beziehung zu den französischen Orgelwerken des Konzertes gesetzt: Bachs Kyrie ist getragen von einer meditativen und zugleich zutiefst zuversichtlichen Stimmung.
Es folgte mit Charles Tournemires Choral aus der Allerheiligenmesse „Toussaint“ ein Werk, das im typischen Stil gehalten ist und gregorianische Themen, impressionistische Harmonien und reiche Klangfarben miteinander verbindet. Boltz zeigte in seinem Spiel ein feines Gespür für Klangfarben und Phrasierung.
Louis Viernes „Requiem aeternam“ zeichnet sich durch einen tiefen Ernst und eine zurückhaltende, kontemplative Stimmung aus. Das Stück entfaltet sich langsam und würdevoll, mit sanften, aber eindringlichen Harmonien, die die Atmosphäre von Trauer, Hoffnung und Trost widerspiegeln.
Nun folgte der zweite Teil von Bachs „Kyrie aller Welt Trost“, dessen Melodie und Text aus der Reformationszeit stammen. Bach nutzt dabei Kanontechniken, imitatorische Satzweisen und reich verzierte Oberstimmen, um die Melodie immer wieder neu und überraschend erscheinen zu lassen. Der Choral „Christe, aller Welt Trost“ ist ein Bittgesang um Trost und Erlösung durch Christus. Bach gelingt es, den geistlichen Gehalt des Textes musikalisch einzufangen und zu vertiefen. Die kunstvolle Verarbeitung der Melodie und die dichte Polyphonie spiegeln sowohl Bachs tiefe Religiosität als auch seine Meisterschaft im Umgang mit musikalischen Formen wider.
Gabriel Fauré zählt zu den bedeutendsten französischen Komponisten der Romantik. Sein Requiem, entstanden zwischen 1887 und 1890, steht für eine neue, tröstliche Sicht auf Abschied und Tod. Besonders bekannt ist daraus der Schlusssatz „In Paradisum“.
Olivier Messiaens „Apparition de l’église éternelle“ (Erscheinung der ewigen Kirche) ist geprägt von tiefem religiösen Glauben, außergewöhnlicher Rhythmik, Farbenreichtum und einer einzigartigen Klangsprache. Das Werk beeindruckt durch seine Klanggewalt und seine meditative Tiefe.
Der dritte Abschnitt von Johann Sebastian Bachs „Kyrie, Gott heiliger Geist“ zeichnet sich durch eine vielschichtige musikalische Gestaltung aus. Die Melodie des Chorals wird meist in der Oberstimme (Sopran) präsentiert, während die Begleitstimmen eine kunstvolle kontrapunktische Struktur bilden. Dieser Abschnitt ist nicht nur ein Beispiel für Bachs meisterhafte Beherrschung des Orgelchorals, sondern auch ein Zeugnis seiner tiefen Religiosität und seines Verständnisses für die liturgische Funktion der Musik.
Es folgte ein weiteres Werk von Jean Langlais, welches inspiriert ist von den mittelalterlichen Rufen, die den Triumph Christi verkünden. Der zentrale Ausruf ist „Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat!“. Dieses Werk bildete den Abschluss eines zutiefst berührenden Konzertes, in dem nicht nur die Vergänglichkeit, sondern vielmehr die Hoffnung und Sehnsucht nach Erlösung sichtbar wurde.
Die zahlreichen Zuhörer*innen bedanken sich beim Organisten mit langanhaltendem, stehendem Applaus.