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96. Mittwochskonzert als Wunschkonzert:Toccata und Fuge - oder Fluch der Karibik? - Ersteigere Dein Lieblingsstück!

ökumenisches Kantorat Gießen
Benefiz-Event zugunsten des Orgelprojektes an der Johanneskirche in Gießen
Datum:
8. Mai 2025
Von:
Bruno Bellinger

Das war ein ganz besonders Konzert, dieses 96. Mittwochskonzert auf der Eule-Orgel in der St. Bonifatius-Kirche. Dieses wurde als Benefiz-Konzert für eine neue Orgel in der benachbarten Johanneskirche ausgerichtet. Dazu haben sich drei hauptamtliche Kirchenmusiker aus Gießen zu einem ökumenischen Event verbunden: Marina Sagorski (Petrusgemeinde), Christoph Koerber (Johanneskirche) und Michael Gilles (St. Bonifatius).

An diesem besonderen Abend konnten die Besucher zunächst unter insgesamt 47 Werken ihre Lieblingsorgelstücke auswählen, in dem jeder so viel Einsätze zu je 5,- € auf ein Stück machen konnte, wie er wollte. Diese Stücke wurden jeweils kurz auf der Orgel angespielt. Schulamtsleiter Norbert Kissel stellte jedes Stück mit launigen Worten kurz vor und motivierte die Besucher, möglichst großzügig zu bieten. Ausgewählt wurden schließlich die Stücke, die die höchsten Spendensumme und in ihrer Gesamtspielzeit ca. 50 Minuten ergaben.

So entstand ein äußerst abwechslungsreiches und dem Motto „Toccata und Fuge – oder Fluch der Karibik?“ entsprechendes Programm. Das gesamte Konzert war für die Zuhörer*innen auch über die im Altarraum aufgestellte Leinwand visuell zu verfolgen. So konnte man immer auch sehen, welcher der drei Organisten gerade spielte.

Christoph Koerber begann mit dem „Präludium in C“ von Dietrich Buxtehude. Es ist nicht nur ein Meisterwerk der Orgelmusik, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Barockmusik insgesamt. Christoph Koerber arbeitet die Virtuosität und den Erfindungsreichtum des Komponisten wunderbar heraus.

Diesem kraftvollen Auftakt folgte „Air – aus der Orchestersuite Nr.3 in D“ von Johann Sebastian Bach, ein sehr gelungener Gegenpart zu Buxtehudes Präludium, einfühlsam von Michael Gilles vorgetragen. Es folgte die „Toccata in d“, ebenfalls von Johann Sebastian Bach und ebenfalls von Michael Gilles vorgetragen. Die Toccata beginnt mit einem markanten und kraftvollen Motiv, das sich durch dramatische Läufe und Akkorde auszeichnet. Michael Gilles konnte die Zuhörer*innen damit in den Bann zu ziehen und mit dem zeitlosen Meisterwerk die Virtuosität und das kreative Genie des Komponisten unter Beweis stellen.

Nun gab es wieder einen Wechsel auf der Organistenbank. Dieses Mal übernahm Marina Sagorski das Spiel an der Orgel mit der „Fuge a-Moll“ von Johann Sebastian Bach. Diese ist ein Paradebeispiel für Bachs Fähigkeit, musikalische Themen zu entwickeln und zu variieren. Das Hauptthema ist prägnant und einprägsam, und wird im Verlauf der Fuge in verschiedenen Stimmen und Tonarten wiederholt. Marina Sagorski gelang es eindrucksvoll die hohe technische und interpretatorische Kompetenz unter Beweis zu stellen, die das Stück mit seiner komplexen Polyphonie und den feinen Nuancen präzise und einfühlsam vorgibt.

Wieder ein Wechsel zu Christoph Koerber, der ein Stück von Felix Mendelssohn Bartholy vortrug. Eines dessen herausragenden Werken ist das "Präludium e-Moll", das durch seine melodische Schönheit und technische Raffinesse besticht. Für den Organisten stellt das "Präludium e-Moll" erhebliche technische Anforderungen, welche Christoph Koerber mit Bravour meisterte.

Das daran anschließende Stück konnte nicht kontrastreicher gewählt sein: Die Zuhörer hatten sich neben den klassischen Werken, eingängige Musik der Gegenwart gewünscht. Die Titelmelodie der „Sendung mit der Maus“ ist ein einfaches, aber einprägsames musikalisches Thema, das sofort erkannt wird. Hans Posegger hat dieses Thema auf der Orgel neu interpretiert und ihm eine majestätische und zugleich verspielte Note verliehen. Posegger nutzt die Möglichkeiten der Orgel, um die vertraute Melodie in einem neuen Licht erstrahlen zu lassen. Christoph Koerber gelang es wunderbar, dies auf der Eule-Orgel zu Gehör zu bringen. Das Publikum applaudierte erfreut, wie übrigens die Zuhörer*innen jedes Stück mit großem und dankbarem Beifall bedachten.

Nach diesem Auftakt zu zeitgenössischen Stücken folgte, gespielt von Michael Gilles, zunächst die Titelmusik von „Star Wars“ von John Williams. Eine Aufführung der „Star Wars“-Musik auf der Orgel ist ein besonderes Erlebnis, das sowohl für den Organisten als auch für das Publikum faszinierend ist. Die epischen Klänge, die aus den Pfeifen der Orgel strömen, schaffen einen umfassenden Klang, der die Zuhörer in die Welt von „Star Wars“ eintauchen lässt. Michael Gilles gelang es, die Präsenz der Orgel mit einem Gefühl von Erhabenheit und Größe zu verbinden. Aber damit noch nicht genug der bekannten Filmmusiken! Es folgte die Titelmusik mit dem „Auftritt von Captain Jack Sparrow“ in „Fluch der Karibik“ von Hans Zimmer. Fans von Hans Zimmer sind gleichermaßen begeistert, wenn sie die bekannten Melodien in diesem neuen, erhabenen Klanggewand der Orgel hören. Die Kombination aus der epischen Filmmusik und der majestätischen Orgelklänge erzeugt eine Gänsehaut-Atmosphäre, die lange in Erinnerung bleibt. Und Michael Gilles ließ noch ein weiteres Stück folgen. Die „Festival Toccata“ von Percy E. Fletcher ist ein herausragendes Werk der Orgelmusik, das für seine energetische und festliche Natur bekannt ist. Fletcher, ein britischer Komponist und Organist, schuf mit dieser Toccata ein Stück, das die Virtuosität und die klanglichen Möglichkeiten der Orgel eindrucksvoll zur Geltung bringt.

Ein Wechsel nicht nur des Organisten/der Organistin, sondern auch zu Werken bekannter und renommierter Komponisten. Marina Sagorski spielte ein Werk von S. Rachmaninow. Das „Prélude cis-Moll“ von Sergej Rachmaninow, komponiert im Jahr 1892, hat sich als eines seiner bekanntesten und beliebtesten Werke etabliert. Ursprünglich für Klavier geschrieben, hat dieses Stück zahlreiche Bearbeitungen und Transkriptionen erfahren, darunter eine bemerkenswerte Fassung für Orgel von Louis Vierne. Das „Prélude cis-Moll“ stellt hohe Anforderungen an die technischen Fähigkeiten des Organisten. Marian Sagorski zeigte meisterlich ihre präzise Beherrschung des Pedalspiels und der Registrierung sowie die Fähigkeit, die dynamischen Nuancen des Stückes herauszuarbeiten.

Stücke von Olivier Messiaen sind gleichermaßen für den Organisten wie für die Zuhörer eine Herausforderung. Das „Joie et clarté des corps Glorieux” – zu Deutsch: „Freude und Klarheit der verherrlichten Körper – zählt zu dessen bekanntesten Stücken. Der Zyklus erkundet mehrere wiederkehrende Motive, insbesondere die des Lichts und der Verklärung. Messiaen nutzt eine einzigartige harmonische Palette, mit farbigen Akkorden und kontrollierten Dissonanzen, um das Gefühl göttlicher Klarheit zu vermitteln. Die unregelmäßigen Rhythmen und geschwungenen Melodien spiegeln die Komplexität und Schönheit der Auferstehung wider. Christoph Koerber verstand es, dies eindrucksvoll auf der Eule-Orgel zum Ausdruck zu bringen.

Der Abschluss des Wunsch-Konzertes war Marina Sagorski vorbehalten. Sie spielte die Toccata“ aus der V. Symphonie von Charles Marie Widor, ein fulminanter Abschluss dieses von Überraschungen reichen Konzertes. Die Toccata selbst ist ein atemberaubendes Stück, das sowohl die Fähigkeiten des Organisten als auch die Möglichkeiten der Orgel voll zur Geltung bringt. Sie beginnt mit einem energischen und wiederkehrenden Motiv, das von den Pedalen gespielt wird, während die Hände eine schnelle und komplexe Abfolge von Akkorden und Läufen ausführen. Diese Struktur bleibt während des gesamten Stücks bestehen, wobei das Hauptthema immer wieder aufgegriffen und variiert wird. Die Dynamik und Intensität der Musik nehmen allmählich zu, bis sie in einem triumphalen Abschluss gipfeln.

Das Publikum bedankte sich nach diesem großartigen Abschluss mit stehendem und langanhaltendem Applaus bei den drei Organisten. Diese wiederum fügten noch einen Schlusspunkt hinzu, der den zahlreich erschienen Zuhören*innen sicher noch lange im Gedächtnis bleiben wird: Alle drei spielten zusammen eine Zugabe, die Michael Gilles auf der kleinen Chororgel einleitete, dann schnell auf die große Orgel spurtete, während Marina Sagorski und Christoph Koerber das von Michael Gilles angespielte Thema auf der großen Orgel aufgriffen und gemeinsam weiter entfalteten. Schließlich kam Michael Gilles zu den beiden hinzu und alle Drei spielten abwechselnd oder gemeinsam zu drei und mehr Händen auf der Eule-Orgel.

Damit endete das Konzert, aber die Besucher durften noch im Gespräch bei einem Gläschen Wein und einem kleinen Snack im hinteren Teil der Kirche verweilen und sich über das gerade Erlebte austauschen. Allen Mitwirkenden sei an dieser Stelle noch einmal herzlich für den großen Aufwand und Einsatz gedankt. Und auch den großzügigen Zuhöre*innen sei gedankt, die bei diesem Wunschkonzert die stolze Summe von 2.260, - € spendeten.