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Liebe Geschwister im Glauben,

Bischof-Kohlgraf
die Adventszeit hat begonnen und mit ihr eine Zeit der Vorbereitung, des Hoffens und des Wartens auf das Fest der Geburt Christi. Weihnachten hält uns vor Augen, dass Gott uns liebt und uns in Jesus Christus nahegekommen ist. Es ist eine ermutigende Botschaft, die Hoffnung auf Erneuerung und Heil in sich birgt und die gerade angesichts der nicht aufzuhören wollenden Krisen unserer Zeit von unschätzbarem Wert ist.
Datum:
14. Nov. 2023
Von:
.

In dieser Adventszeit dürfen wir uns mit dem Heiligen Jahr 2025 auf ein besonderes Ereignis vorbereiten, das Papst Franziskus unter das Motto „Pilger der Hoffnung“ gestellt hat. Dieses Jahr ist eine Einladung an uns alle, die Bedeutung von Gnade, Versöhnung und Erneuerung in unserem
Glauben neu zu entdecken und die Liebe Gottes lebendig zu erfahren. Die Fülle der Vergebung Gottes kennt keine Grenzen und offenbart uns seine Barmherzigkeit.

Gerade in diesen Zeiten erleben viele Menschen Unsicherheit und Angst. Die Krisen unserer Zeit – ob soziale Ungleichheiten, Konflikte oder die Bedrohungen durch den Klimawandel – lassen uns manchmal ratlos zurück. Es braucht daher Menschen, die anderen beistehen, die Zeugnis von ihrer Hoffnung geben und die diese Hoffnung in die Welt tragen.
Die Hoffnung, die uns Christus schenkt, ist fest verankert in Gottes Zusage an die Menschheit. Wir dürfen als Christinnen und Christen darauf vertrauen, dass Gott in Jesus Christus Mensch wird und dass er unsere Freude, aber auch unser Leid teilt. Er ist uns nahe in jedem Augenblick. Dieses Geschenk der Liebe und Nähe Gottes feiern wir an Weihnachten, das uns auch zur Quelle der Hoffnung werden kann. Papst Franziskus schreibt in der neuesten Enzyklika „Dilexit nos – Über die
menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu Christi“, dass es das Herz Christi ist, aus dem seine Liebe zu uns Menschen hervorströmt, und dieses gleichzeitig der lebendige Kern der Verkündigung ist. Hier befindet sich der Ursprung unseres Glaubens, der christliche Überzeugungen lebendig hält. Papst Franziskus betet zu Jesus, dem Herrn, „dass aus seinem heiligsten Herzen für uns alle Ströme lebendigen Wassers fließen, um die Wunden zu heilen, die wir selbst uns zufügen, um unsere Fähigkeit zur Liebe und zum Dienen zu stärken, um uns anzutreiben, zu lernen, gemeinsam auf eine gerechte, solidarische und geschwisterliche Welt hinzuarbeiten.“ (Nr. 220).


Liebe Geschwister im Glauben,

Der Gottesdienst, der in Zeiten des Umbruchs und eines beginnenden Zusammenwachsens der Gemeinden im Pastoralraum stattfand, wurde vom leitenden Pfarrer des Pastoralraumes, Kai Hüsemann, als erster „Ernstfall für den Pastoralraum“ bezeichnet, denn es war tatsächlich die erste große gemeinsame Feier, die im Pastoralraum stattfand. 

Aus dem gesamten Pastoralraum waren Ehrenamtliche, Gemeindemitglieder und Hauptamtliche, in die Heilig-Geist-Kirche gekommen. Sie konnten auf diese Weise ein motivierendes Gemeinschaftsgefühl in die Adventszeit mitnehmen.

In seiner Predigt nahm der Bischof Bezug auf den Apostel Paulus und dessen Besuch bei der Gemeinde in Philippi, die damals, wie wir heute, vor einschneidenden Veränderungen stand. Seine Botschaft war klar: Es sind nicht die Mauern und Gebäude, die eine Gemeinde ausmachen, sondern die Menschen – „lebendige Steine“, die das Fundament des Glaubens bilden. Das könne nur funktionieren, wenn Menschen im Gespräch bleiben.

Bischof Kohlgraf betonte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit aller: sowohl in den lokalen Gemeinden als auch im größeren Zusammenhang des Bistums. Wesentlich ist es, Sorgen und vor allem Hoffnungen zu teilen. Dabei berief er sich sowohl auf Paulus und dessen Zuversicht, dass Gott sein gutes Werk vollenden wird als auch auf den Propheten Jesaja, der in Zeiten der Vertreibung von blühenden Wüsten sprach. Voraussetzung damals wie heute bleibe, dass Menschen der Zukunft durch ihr Tun den Weg ebnen.

Auch auf die schwindenden Mitgliederzahlen und die damit zusammenhängenden Herausforderungen ging der Bischof ein. So hat das Bistum Mainz in den vergangenen zehn Jahren aus unterschiedlichen Gründen (Glaubensverlust, Missbrauchsskandal, kein Vertrauen in Institutionen, etc.) ca. 100 000 Mitglieder verloren. Auch wenn viele dieser Menschen sich nicht wünschen, dass die Kirchen verschwinden, so bleibt die Tatsache, dass das Bistum und die Gemeinden vor Ort zukünftig mit deutlich weniger Mittel auskommen müssen. Deshalb ermunterte Bischof Kohlgraf alle im Pastoralraum auch Mut zu beweisen und Schwerpunkte da zu setzen, wo Christen der Welt ein Herz geben können, Gedanken, die bei den Gottesdienstbesuchern nachwirkten.

Die Zukunft, so Bischof Kohlgraf, könne nur gemeinsam gestaltet werden – ein Patentrezept gibt es dafür weder vom Bischof noch aus den Ortsgemeinden. Eine ehrliche und motivierende Botschaft zugleich.

Ein besonders herzlicher Moment des Gottesdienstes war, als die Kinder aus ihrem parallelen Kindergottesdienst in der Krypta dazukamen, um an der Eucharistiefeier teilzunehmen. Sie hatten sich in ihrem Gottesdienst mit einem anderen Bischof beschäftigt – dem heiligen Nikolaus von Myra. Ein schöner Bogen zwischen Tradition und Gegenwart, auf den Bischof Kohlgraf gerne zurückkam.

Nach dem Gottesdienst ging es gesellig weiter: Bei einem großen Empfang für die Ehrenamtlichen, mit Gästen aus dem gesamten Pastoralraum, war der Bischof persönlich ansprechbar. Jede Gemeinde des Pastoralraumes hatte für den Empfang Plakate erstellt, die das Gemeindeleben anschaulich darstellen. Es wurden vielfältige Fragen gestellt, Gedanken geteilt und Perspektiven ausgetauscht. Es war eine Gelegenheit, den Dialog zwischen Gemeinde und Bistum zu stärken – und vielleicht auch das eine oder andere ermutigende Wort für die anstehenden Herausforderungen mitzunehmen. Es war ein Beweis wie wichtig es ist, im Gespräch zu bleiben.

Ein Gottesdienstbesucher brachte es so auf den Punkt: Unsere Kirche ist lebendig – und mit Gottvertrauen und christlicher Gemeinschaft kann auch die Zeit des Umbruchs und die Gestaltung der neuen Gemeinde zur Chance werden.

Mit Blick auf das kommende Heilige Jahr und die Verkündigung der frohen Botschaft von Weihnachten ist es wichtig, dass wir auch über unsere Rolle als „Pilger der Hoffnung“ in der heutigen Welt nachdenken und uns Gedanken machen, wie wir das Geschenk der Liebe und Nähe Gottes als Quelle der Hoffnung bezeugen können. Dies ist ein Auftrag, der an alle Christinnen und Christen ergeht. Wir ermutigen alle Menschen im Bistum Mainz dazu, von Gott in der Vielfalt der Glaubenserfahrungen zu sprechen. Dazu gehört es, in der Vielfalt der Verkündigungs- und Predigt- formen und im Rahmen der von der Kirche vorgegebenen Möglichkeiten alle pastoralen Berufsgruppen zu berücksichtigen, die Sicht- und Hör-
barkeit von Frauen zu erhöhen und unterschiedlichen Lebenskonzepten und -erfahrungen gerecht zu werden. Darin liegt eine Bereicherung, die unser Miteinander im Glauben stärkt.


Liebe Schwestern und Brüder, die Adventszeit und das kommende Weih- nachtsfest sind eine Gelegenheit, uns selbst als Pilger der Hoffnung zu betrachten. Diese Hoffnung dürfen wir in all unseren Diensten und in der Begegnung mit anderen weitergeben. Mögen wir in dieser Vorbereitung auf Weihnachten spüren, dass Gott uns führt und uns in seiner Nähe
geborgen sein lässt. Lassen wir uns vom Kind in der Krippe berühren, das uns zeigt, dass Gottes Liebe für uns da ist – und tragen wir diese Liebe in die Welt hinaus.


Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Adventszeit, ein friedvolles Weihnachtsfest und die Freude, in Ihrem Leben und Handlungen die Gegenwart Gottes zu erfahren. Möge das Heilige Jahr 2025 eine Zeit der Erneuerung und des Aufbruchs in unserem Glauben sein.


Ihr

Peter Kohlgraf

 

Bischof von Mainz