Schmuckband Kreuzgang

6. Ostersonntag

Gedanken zum Sonntag

Dreifaltigkeit (c) E. Wanka
Dreifaltigkeit
Datum:
So. 10. Mai 2020
Von:
St. Bonifatius Büdingen

Geistl. Wort, Tagesimpuls, 16./17.05.2020

 

Liebe Mitchristen,

wir haben uns lange nicht mehr hier in der Kirche gesehen - 8 Wochen "Lock down". Das gesamte Leben liegt brach - keine Restaurantbesuche, auch die Kinder dürfen nicht mehr in die Tagesstätte oder in die Schule, keine Gottesdienste - auch keine Osternacht. Feste wie die Erstkommunion müssen verschoben werden. Wer von uns hätte je im Traum daran gedacht, dass wir so etwas einmal durchstehen müssen! Aber umso mehr freuen wir uns, dass wir jetzt, an diesem Sonntag wieder unsere Gottesdienste feiern.

 

Wie haben Sie die vergangenen Wochen erlebt?

Dass Ehepaare, Familien 24 Stunden am Tag zusammen sind, nicht einmal Verwandte eingeladen werden können - das zehrt an unseren Nerven!

"Langsam wird es langweilig!" sagte mir jüngst ein Kind beim Gespräch über den Gartenzaun. Immer mehr Kinder zieht es nach draußen, vor allem wenn es wieder wärmer wird.

 

Angestaute Emotionen kommen zum Vorschein - und das kann ganz schön kritisch werden. Und da sind wir schon bei einem wichtigen Stichwort: "Krise". Familien durchleben eine Krise und auch Einzelpersonen, denn langsam fällt die Decke auf den Kopf, wenn vieles, was gesellschaftliches Leben ausmacht nicht mehr stattfinden kann.

Krise - das heißt aber zugleich: Wendepunkt. So kann die Corona-Krise , die wir durchleben für uns ein Wendepunkt sein - auch im positiven Sinne.

 

Es gibt weniger "Events", d.h. auch weniger Termine. Kinder müssen nicht ständig zu Veranstaltungen hin- und hergefahren werden. Das haben wir in den ersten "Corona-Wochen" besonders gespürt. Weniger Verkehr und auch das Autofahren war entspannter. Das ist gut für die Umwelt!

 

Alles hat seine zwei Seiten - auch diese Krise öffnet unseren Blick für Neues. Vor allem haben wir in dieser "Quarantäne" gelernt, wie wichtig es ist, aufeinander Rücksicht zu nehmen und für die Gemeinschaft eigene Wünsche zurückzustellen. Auf einmal hatten wir mehr Zeit zur Verfügung - weniger Ablenkung und Termindruck - d.h. wir hatten auch mehr Zeit, um über unser Leben nachzudenken: "Was macht Leben aus? Was ist wirklich wichtig im Leben und worauf könnten wir auch mal verzichten?"

 

Ganz heftig wurde uns in dieser Krisenzeit vor Augen gestellt: Wir können auch in einer hoch technisierten Welt nicht alles machen - nicht alles bestimmen - Gott lenkt unser Geschick. Er ist die Mitte unseres Lebens! Gott führt uns auch durch diese schwere Zeit!

Und dann gab es auch diese Erkenntnis: Es geht auch mal ohne Bundesliga!

Viele Zeitgenossen haben am ersten Samstagabend im Lockdown, als sie die Sportschau sehen wollten erst gemerkt, was los ist! Die Grenze ist nun mal überschritten, wenn Fußball zu einer Ersatzreligion wird und nur das unsren Lebensrhythmus bestimmt.

 

Wochenlang konnten wir keine Heilige Messe besuchen - vielleicht haben wir gerade dadurch erkannt, was uns die Eucharistie bedeutet und wie wertvoll doch der Sonntagsgottesdienst ist.

So gesehen können wir diese Quarantänezeit auch als Zeit der Besinnung sehen, so ähnlich wie Exerzitien - als verlängerte Fastenzeit.

 

Wir sind immer wieder eingeladen, unser Leben neu auszurichten und zu erneuern.

 

Wolfgang Kaiser, Pfarrer in "Heilig Kreuz - Christkönig" Wölfersheim und Echzell