Zu Mt 20, 1-16a
Natürlich ist das, was Jesus hier erzählt, schreiend ungerecht. Jeder und jede, die das hört, kann nur mit dem Kopf schütteln. Es soll auch schon Gewerkschaftsverbände gegeben haben, die darum gebetn haben, dies in Gottesdiensten nicht vorzulesen - schließlich seien Kirche und Gewerkschaften doch Verbündete in Sachen gerechter Lohn. Das stimmt.
Nur: hier geht es nicht um gerechten Arbeitslohn im Jahr 2020 und auch nicht um Vorstellungen von Gerechtigkeit - sondern um Gottes Gerechtigkeit. Außerdem erzählt Jesus keine Tatsachengeschichte, sondern ein Gleichnis. Und Gleichnisse zu verstehen und mit ihnen zu leben, ist schwer in der Welt der vollendeten Tatsachen oder der vorgemachten, den Fake-News.
Jesus sagt einfach: Vergleiche dein Leben nicht mit dem Leben anderer. Denn wenn di das tust, übersiehst du die Güte, die Gott nur dir erweist. Hier kommt es auf die Worte „nur dir“ an. Vergleichen kann klein machen. Groß wird, wer auf sich und Gott schaut und das Seine annimmt als „das Seine“ - zumal ja alle einverstanden waren, als es um das Aushandeln des Lohnes ging. Sieh also nur auf deinen Lohn, dann erkennst du die Güte, die Gott dir allein schenkt.
aus: Die Botschaft heute, Nr. 7-2020, S 281