Impuls zum
29.8.2021
zu Mk 7, 1-8. 14-15. 21-23
Ich spiele gerne Solitär. Das Ziel dieses Spieles ist, Karten, die un-geordnet auf einem Stapel liegen, in einer festen Reihenfolge auf vier neue Stapel zu sortieren.
Mich fasziniert es immer wieder, dass manchmal der anscheinend richtige, direkte, gerade Weg nicht zum Ziel führt. Wenn ich die Karten korrekt anlege, so wie es sich gehört, führt es trotzdem in die Sackgasse und nicht zum Gewinn. Manchmal muss ich Karten, die ich anlegen könnte, im Stapel liegen lassen und die Chance zum Anlegen vorübergehen lassen, um zum Ziel zu kommen. Nun ist das nicht direkt eine Regelverletzung. Aber irgendwie doch nicht normal.
Mir kommt es immer wieder so vor, als sei das ein Sinnbild für den Umgang mit Regeln, wie ihn Jesus lehrt. Die Regeln, die Gesetze nennt er nicht gemeinhin schlecht. Aber zwei Richtungen entlarvt er:
Wir Menschen machen aus ihnen unser eigenes Programm, wo sie uns nicht in den Kram passen. Ich spende mal eben etwas für den guten Zweck, aber die Menschen lasse ich im Stich, weil sie mich nerven. So stehe ich zunächst vermeintlich gut da, aber es ist eben doch nicht gut. Denn es führt nicht zum wesentlichen Ziel: zum Nächsten, zu gelingendem, liebevollem Leben.
Und die andere Seite: wir verlieren schnell aus dem Blick, wo uns die Gesetze selbst und unsere Gesetzlichkeit nicht zum Leben dienen. Die Gesetze sind da - biblisch gesehen -, um uns dem Chaos und der Unordnung zu entreißen, uns vor dem Abgrund zu bewahren und ein gelingendes Leben zu ermöglichen. Mit Jesus sind nicht mehr die Gesetze der Garant dafür, dass Leben gelingt; dass wir gottgefällig leben, sondern er selbst wird zum Garant dafür, dass Leben gelingt und uns Gott annimmt und vom Tod befreit.
Die Umwege nicht zu fürchten, lehrt er uns. Auf unser Herz zu hören. Keine Angst zu haben. Auch keine vor Fehlern. Barmherzigkeit und Liebe sind die einzigen Wege, Gott zu verehren, ihn zu finden und ein Leben, das zu leben sich lohnt. Darin vollendet sich die Gerechtigkeit.
Solitär ist nur ein Spiel für einen Spieler. Das Leben aber hat so viele Spielerinnen, so viele Spielregeln. Und am Ende ist es die Liebe zu Gott und den Menschen, die zählt.
Ida Lamp, in: Die Botschaft heute, 6-2021