Schmuckband Kreuzgang

Impuls zum Palmsonntag

Palmzweig (c) St. Bonifatius Büdingen
Palmzweig
Datum:
Sa. 27. März 2021
Von:
Edith Wanka

Liebe Mitchristen!

Anbei finden Sie eine Meditation, die den Bogen von Palmsonntag bis Ostern spannt. Ich lade Sie ein, sich Zeit zu nehmen, um bei einzelnen Abschnitten zu verweilen. Schauen Sie, was Sie am intensivsten anspricht!

Gesegnete Kar- und Ostertage wünscht Ihnen Edith Wanka

 

Begrüßt und gefeiert werden wie ein König,

in den Himmel gehoben, und weit über alles gestellt,

bejubelt und mit Erwartungen belegt, die nicht danach fragen, ob Du Dich so siehst.

Einzelne und Massen in Verzückung, blind dem Wahn der Macht folgend,

wirst Du auf ein Ross gehoben, auf dem Du gar nicht sitzt.

Du bist Dir Deiner bewusst, Du weißt um Deinen Auftrag und Deine Größe,

und kommst bescheiden und sanftmütig auf einem Esel –

Gottes Bote in der und für die Welt.

Die Deinen taumeln vor Begeisterung, ja, sie sind Dir nah in der Woge des Applauses,

blind und taub für das, was Du siehst und hörst.

Sie sind bereit, das Fest zu feiern, das von Sieg und Befreiung kündet,

Erinnerung an vergangene Größe, schwärmerischer Wunsch nach Erneuerung,

Friede, Freiheit und Freude – ohne Widerstand, gewonnen ohne Kampf und Leid – ihr Traum.

 

Du bleibst besonnen, holst sie in die Realität zurück: „Bereitet alles zum Mahl!“.

Wie erwartet, übernimmst Du den Vorsitz, kommst Du Deinen Pflichten nach,

die Feier zu leiten, Brot und Wein zu reichen.

Doch Du weißt um den Ernst der Stunde, die Ruhe vor dem Sturm.

Du weißt um den Ausgang – ohne Happy end.

Und mit Ernst und Trauer sagst Du:

„Nehmt und esst, das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.

Nehmt und trinkt, das ist mein Blut, das für euch vergossen wird.“

Und wortlos sagst Du: > Seht, das bin ich, ich gebe mich euch hin,

lass mich verzehren aus Liebe zu euch. Ich bin euer Opferlamm.<

 

Widerspruch flammt auf als Du Dich klein machst, Sklavendienst übernimmst,

aus dem Wunschbild herausfällst; „Nein, so nicht!“ –

Schweigende und betroffene Gesichter als Du von Verrat sprichst,

von Leiden und Sterben, Lieben und Dienen bis zum Letzten,

vom Auftrag zur Nachfolge.

Im Überschwang die Zusage „Ich gehe mit Dir!“,

großtuerisch, die Konsequenzen verkennend.

„Kommt, lasst uns lieber feiern, denn schwermütig sein!“

Du schweigst, belehrst nicht über das, was noch zu hoch und zu schwer ist.

Du ziehst Dich zurück zum Gebet, vertraust Dich Deinem Vater an,

weißt, dass ER Dir nahe ist und Dich stärkt,

während Deine Freunde schlafen, berauscht vom Wein und ihren Wunschträumen.

Jäh holst Du sie aus ihrem Schlummern „Wachet und betet!“

– „Was soll die Katerstimmung, Melancholie?“ - Du stößt auf Unverständnis.

Erst als Du sie mit der Nase auf den Verräter stößt, werden sie bleich,

reagieren sie in Panik, schießen sie über.

Du besänftigst und stellst Dich vor sie „Nehmt mich, schont jene!“

Du lebst die Liebe, die Du gepredigt hast, und jetzt erst recht und noch viel mehr.

Unbegreiflich!

Deine Jünger sind starr – wie angewurzelt, nur die Angst um’s eigene Leben lehrt sie laufen

– und sie laufen.

 

 

Du bleibst allein, gefesselt und gefoltert, verhört und verhöhnt.

Du wählst nicht den einfachen Weg des Widerrufens,

Du bleibst Deinem Lehren und Leben treu – Deinem Gott und Vater und damit Dir selbst.

 

Hoh, da findest Du Deine Richter, die Dir Größenwahn und Anmaßung attestieren,

die sich selbst als Gott erheben, indem sie Dir Gotteslästerung vorwerfen.

– Du schweigst. Wissend, dass die Wahrheit siegen wird, genauso wie das Leben.

 

Doch sie drehen Dir den Strick, spicken Dein Haupt mit Dornen,

und legen Dich mächtig auf’s Kreuz,

einfach so – die Masse ist ja aufgewiegelt, sie schreit, was ihr befohlen,

gedankenlos.

Milde und mit Liebe gefüllt, streift Dein Blick die, die Dich verraten, verleugnen,

verspotten, verurteilen und vernichten. – „Herr, sei mir gnädig!“ –

Mit Liebe trägst Du all den Hass, die Schuld und Qual;

Dein Kreuz ist schwer, es beugt Dich, bringt dich zu Fall,

lässt in Dir wachsen den Schrei „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“.

Doch ER verlässt Dich nicht.

ER nimmt sich nur Zeit, ER lässt Dich in Ruh’, um neu aufzustehen,

damit Du Dich sammelst, um die anzuziehen,

die Dich kennen und Dir glauben, die Dich neu sehen lernen

und begreifen, Du bist auferstanden, Du lebst.

Und Du schickst sie, das Leben zu verkünden.

 

  1. W.

                                                                                        30.3.1994

                                                                                  21.55 – 22.35 Uhr