Am Donnerstag, 29. Mai 2025, 11:00 Uhr fand am "Garten der Religionen" auf dem Friedhof Dietzenbach ein Ökumenischer Gottesdienst zum Fest Christi Himmelfahrt statt.
Die Predigt hielt Diakon Oliver Schäfer, Pastoralraum Heusenstamm-DietzenbachPredigt von Diakon Oliver Schäfer
Christi Himmelfahrt, 29.05.2025
Ökumenischer Gottesdienst am Garten der Religionen auf dem Friedhof Dietzenbach
Liebe Schwestern und Brüder in der Ökumene
Heute Morgen bin ich aufgewacht und habe etwas gemacht, was ich sonst nicht als erstes mache: Ich habe auf mein Handy geschaut. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, war da ja schon ein früher Gruß meiner Tochter zum Vatertag? Ein eher utopischer Wunsch: Meine Tochter ist als Betreuerin im Zeltlager und hat sicher am frühen Morgen anderes zu tun, als an den Vater zu denken. Aber dennoch: Diese Sehnsucht und Liebe eines Vaters zu seinem Kind, die ist eben da. Und ich weiß auch, dass heute Nachmittag, wenn ich meinen Vater anrufe, er im Gegensatz zu sonst zuerst ans Telefon geht, weil er meinen Anruf erwartet.
Sicher, all das gilt wohl auch für die Mütter. Aber heute ist Vatertag, und ich bin nun mal ein Vater, also rede ich aus meinem Erfahrungshintergrund. Die Sehnsucht des Vaters nach seinen Kindern, gerade, wenn er sie in die Eigenständigkeit entlassen hat, das hat aus meiner Sicht viel mit dem Thema Christi Himmelfahrt zu tun. Der Weg Jesus führt zu seinem Vater zurück, und unser Weg – ja, wo führt der hin?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe oft, wenn ich in Sorge um meine Tochter war (und die Sorge ist nun mal die Form der Liebe, die für die Kinder am nervigsten ist), gedacht: Wohin soll das alles noch führen, bzw. wohin wird Dich Dein Lebensweg führen?
Wenn wir als Christen heute Christi Himmelfahrt und Vatertag feiern, dann feiern wir das auch im Hinblick auf den Vater, den Jesus uns versucht hat näherzubringen, den Vater im Himmel. Jesus hat vor allem im Johannesevangelium oft vom Weg zum Vater gesprochen, zu dem er geht und der auch unser Weg sein wird. Auch er war und ist ja Sohn, ist Kind eines Vaters und einer Mutter.
Sicher habe ich es schon oft erwähnt, aber für mich ist eine Szene aus Mel Gibsons Film „Die Passion Christi“ eine der Szenen, die mich immer wieder beeindruckt: Maria steht in Jerusalem in den Gassen und muss mit ansehen, wie Jesus, ihr Kind, sein eigenes Kreuz tragen muss, wie er von den Soldaten verhöhnt und geschlagen wird und dann unter dem Kreuz fällt. In diesem Moment erinnert sie sich an eine Szene, wie ihr Jesus, ihr Kind, auf der Straße hinfällt und sich das Knie aufschlägt. Sofort war sie zu ihm gelaufen und hat ihn in ihre tröstenden Arme genommen. Jetzt aber, auf seinem Weg nach Golgatha, muss sie ohnmächtig zusehen, was da geschieht. Vielleicht hatte auch sie sich im Vorfeld schon öfter gefragt: „Wohin soll das noch führen?“, als sie ihren Sohn von Gott reden hörte, als sie sah, dass er eigene Wege ging und die Mächtigen gegen sich aufbrachte. Und wo hin nun sein letzter Weg führte, das wusste sie, nämlich ans Kreuz.
Oder wusste sie es doch besser? Wusste sie vielleicht, dass das eben nicht sein letzter Weg war? Wohin würde das noch führen?
Wohin soll das noch führen – das können wir uns heute ganz allgemein fragen, wenn wir die Uneinigkeit in unserer Gesellschaft ansehen, wenn wir sehen, welche menschliche Armut da stellenweise ihren Narzissmus und ihre Machtgierigkeit in der Politik auslebt. Manchmal haben wir wirklich den Eindruck, so wie Jesus es sagt, dass wir wie Schafe sind, die keinen Hirten haben und dass diejenigen, die sich uns als Hirten anbieten eher die Wölfe im Schafspelz sind.
Ein altes Sprichwort sagt, dass alle Wege nach Rom führen. Das ist jetzt nicht der Reklameblock des römisch-katholischen Diakons. Die Wege und Straßen in Rom und Drumherum waren so konzipiert, dass sie unmittelbar ins Zentrum führten. Wenn man ihnen folgte, gelangte man an das Ziel.
Das ist in unserem menschlichen Leben etwas anders. Es gibt Wege, die uns weiterführen, sozusagen zielführend sind, aber auch Umwege, Irrwege und Sackgassen. Selten führen uns unsere Wege nur geradeaus. Wohin aber führen unserer Wege letzt - endlich?
Das Fest Christi Himmelfahrt gibt uns eine Antwort darauf.
40 Tage nach Ostern kehrt der auferstandene Christus zu seinem Ursprung, zu seinem Vater, zurück. Gott, der Vater, hat seinen Sohn nicht im Stich, nicht im Tod gelassen. Er hat ihn sozusagen wieder an sein Herz zurückgeholt. Jesus war seinen Jüngern 40 Tage lang erschienen. Und das musste genügen. Es musste genügen, um zu glauben, um zu vertrauen, um selbstständig die Wege des Lebens in diesem Vertrauen in den liebenden Vater zu gehen. Und mit seiner Himmelfahrt hat Christus uns gezeigt, wo das alles hinführen wird – nicht nach Rom, aber zum Vater, in eine andauernde und ewige Nähe und Heimat bei ihm. Gerade auf einem Platz wie hier, auf dem Friedhof, der in unserem Glauben nur eine Teiletappe dieses Weges darstellt, gelten uns die Worte, die wir im Johannesevangelium gehört haben: „Der Vater wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben wird. Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen.“ – also als Kinder, die keinen Vater oder keine Mutter haben.
Wo soll das alles noch enden? Beim Vater, so glauben wir. Christi Himmelfahrt ist sozusagen der Vatertag Jesu, an dem das Ziel seines Weges aufleuchtet. Und es ist unser Vater, den, den wir mit Jesus Abba, also Papa, rufen dürfen.
Und welcher Weg ist es, der zu diesem Ziel hinführt. Jesus sagt uns: „Ich gehe um eine Wohnung für euch vorzubereiten und euch zu mir zu holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe –den Weg dorthin kennt ihr. (Joh 14, 1-4)“. Es ist der Weg des Lebens, durch den Tod hindurch.
Er sagt: „Ich selbst bin dieser Weg“. Das Leben Jesu ist der Wegweiser zu diesem Ziel hin. In dem Maß, in dem wir ihm in unserem Leben nachfolgen, der Liebe, die er gepredigt und vorgelebt hat, gehen auch wir in diesen seinen Himmel zum Vater ein. Und weil das Leben Jesu ein sich Zuneigen zu den Kleinen und Armen war, neigt sich Gott auch uns zu. Sein Abstieg zu den Menschen wurde zur Himmelfahrt. Und auch wir können diesem Weg folgen, wo wir hineinsteigen in die Nächstenliebe, zu den Menschen, die uns brauchen, die uns anvertraut sind. Wir werden da zu Gott emporgezogen, wo wir den Mut haben, uns wie Jesus dienend zu bücken und anderen zuzuwenden.
Und dann führen tatsächlich viele Wege in den sogenannten Himmel, weil es so viele unterschiedliche Wege gibt, auf denen wir Jesus nachfolgen können, für jeden von uns.
Der Weg Jesu war vor allem ein Weg des unbedingten Vertrauens zum Vater.
Ja, in diesem Jesus Christus hat sich Gott uns so weit zugeneigt, dass er uns seine unverbrüchliche Liebe ausgesagt hat.
So, wie wir vielleicht hoffen, dass unsere Kinder uns als Vater oder Mutter unsere Liebe glauben, so dürfen wir unserem Vater und dem Vater Jesu Christi vertrauen, dass er auch uns einmal ganz nah an sich ziehen wird, dass seine Sehnsucht zu uns Kindern darin gipfelt, dass er uns an sein Vaterherz zieht.
Wohin soll das alles noch führen? Zum Vaterherz dessen, der seine Kinder bestimmt mindestens so sehr liebt wie ich das Meine. Amen.