Schmuckband Kreuzgang

Predigt zum vierten Ostersonntag - 3. Mai 2020

63. Jahrestag der Kirchweihe von Sankt Martin

Kirchturm2020 Wohnung Gottes unter den Menschen (c) Katholische Pfarrgemeinde Sankt Martin Dietzenbach
Kirchturm2020 Wohnung Gottes unter den Menschen
Datum:
So. 3. Mai 2020
Von:
Stefan Barton

Liebe Schwestern und Brüder,

Am 1. Mai 1957 hat der damalige Bischof von Mainz, Albert Stohr, in einer beeindruckenden Feier unsere Pfarrkirche Sankt Martin konsekriert und in Dienst genommen. Seitdem feiern wir hier Gottesdienste, auch in Zeiten von Corona. Ab dem 13. Mai  wird dies auch wieder öffentlich geschehen können.

In diesen Tagen mit ihren Beschränkungen von Begegnungen und Veranstaltungen aller Art komme ich so häufig wie sonst selten dazu, zu Fuß zu gehen. Dieses Gehen beschert mir Blicke auf den Kirchturm von Sankt Martin, unserer Pfarrkirche, aus ungewohnten Perspektiven. Da steigt der Turm plötzlich hinter einer Reihe von Einfamilienhäusern hervor und sticht mit seiner ihm eigenen gelben Farbgebung deutlich aus dem grauweißen einerlei der vielen Häuser hervor. Und dann wieder eröffnet sich ein freier Blick zwischen großen Bäumen auf den Turm. Von einer anderen Seite sehe ich ihn dann vor der großen Kulisse der Hochhäuser im Spessartviertel. Es ist beeindruckend, wie er, ähnlich einem Zeigefinger, die Richtung zum Himmel aufzeigt und gleichzeitig deutlich macht, hier ist ein besonderer Ort. Hier berühren sich Himmel und Erde. Unabhängig davon, ob unser Kirchturm alle anderen Gebäude in der Stadt überragt. Mir wird aus der gegenwärtigen Coronakrise vermutlich in Erinnerung bleiben, wie unsere Pfarrkirche mitten im Gewimmel so vieler Häuser herausragt und mit ihrer gelben Farbe einen frühlingshaften Akzent bildet.

Offensichtlich war es von jeher bedeutsam für uns Menschen, dass dem Heiligen unter uns, Räume und Gebäude ausgewählt und gestaltet wurden. Von den großen Kathedralen bis hin zu den kleinen und unscheinbaren Kapellen und Bildstöcken in unseren Landschaften. Alle die Gebäude sind wahrhafte Zeichen und Orte der Nähe Gottes unter den Menschen. Hier versammeln sich Menschen im gemeinsamen Singen und Beten, hier teilen Sie Freude und Leid, ihre Trauer und Hoffnung, hier empfangen sie handgreiflich und die auch unter die Haut gehenden Zeichen der Nähe Gottes, die Sakramente. Und so wird das Gebäude, die Kirche, gewissermaßen sichtbares Sakrament unter den Menschen. In den biblischen Überlieferungen ist oft von solchen Zeichen die Rede. Gott will unter den Menschen wohnen, nicht nur an einem aus Steinen gebauten Haus, vielmehr noch in unseren Herzen. Vor Jahren hatte ein uns allen bekanntes schwedisches Möbelhaus den Werbeslogan „Wohnst du noch, oder lebst du schon?“. Es geht im Blick auf die Kirche im Dorf oder in der Stadt sicher um das Wohnen Gottes unter den Menschen. Wohnen aber heißt leben. Ich lebe, weil ich in der Geborgenheit einer Wohnung, eines Hauses mich behaust fühle.

Sich behaust fühlen führt uns noch einen Schritt weiter. Was bedeutet die Nähe Gottes unter den Menschen? Sie ist der Grund, warum ich mich in meinem Leben wirklich behaust fühlen kann. Ich bin geborgen, ich fühle mich angekommen und zu Hause. Wenn wir ein solches zu-Hause-Gefühl in unserem Glauben an Gott spüren, dann sind die Worte der Abschiedsreden Jesu, die in diesen österlichen Tagen immer wieder in den Blick kommen, keine bloßen Worte vom eins sein mit dem Vater. Dann erfahre ich diese Einheit mit Gott in Jesus Christus. Die Kirche, die mitten unter uns steht, aus kalten Steinen gebaut, wird dann zum Zeichen dieser Nähe und der Einheit mit Gott und führt uns als glaubende und lebendige Gemeinschaft immer wieder zusammen. Jetzt in den Beschränkungen der Coronakrise in engen Begrenzungen, aber doch zusammen. Und es werden Tage kommen, da wird es keine Beschränkungen staatlicher Ordnung mehr geben, die unser Zusammenkommen beschränken. Vermutlich werden wir dann selbst für uns solche Beschränkungen vornehmen, bewusst oder unbewusst. Lassen wir uns dann durch den leuchtenden gelben Kirchturm unserer Pfarrkirche immer wieder daran erinnern wo wir Gemeinschaft mit Gott und untereinander feiern.