Ostergruß

Kommen und gehen

Woher wir auch kommen, wohin wir auch gehen,

du warst und bleibst an unserer Seite.

Woher wir auch kommen, wohin wir auch gehen, du stärkst die Herzen von uns müden Pilgern.

Woher wir auch kommen, wohin wir auch gehen, du lenkst unsere Schritte auf den Weg des Friedens.

Woher wir auch kommen, wohin wir auch gehen, du gehst uns Verlorenen nach, bis du uns findest.

Woher wir auch kommen, wohin wir auch gehen, du führst uns den Weg heim zum Vater.

(Paul Weismantel, *1955, Exerzitienbegleiter und Spiritual am Priesterseminar in Würzburg)

Erik Wehner (c) Erik Wehner

Liebe Leserinnen und Leser!

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Liebe Angehörige, Freundinnen und Freunde unserer Gemeinden!

Glauben ist - wie das Leben – ein Weg, mit Höhen und Tiefen, leichteren und schweren, geraden und krummen Wegstrecken. Die Liturgie der Heiligen Woche macht den Weg-Charakter des Glaubens deutlich. Sie geht selbst einen Weg mit ganz unterschiedlichen Akzenten, Inhalten und Gefühlen, vom Palmsonntag, über den Gründonnerstag, durch das tiefe Tal des Karfrei- tags, den Hinübergang im Höhepunkt der Osternacht, bis zur Freude und Erlösung des Ostersonntags und weiter in die Osterzeit.

So ist Ostern unser höchstes Fest, in dem sich die zentralen Inhalte unseres Glaubens verdichten, aber auch - in der Unterschied- lichkeit der einzelnen Tage - eine besondere „Tiefenschärfe“ bekommen.

Das Glaubensgeheimnis der Auferstehung steht im Zentrum un- seres Glaubens. Es sagt aber nicht nur etwas über den Sieg des Lebens über den Tod. Die Hingabe Jesu am Kreuz und seine Auf- erstehung sagen, als stärkste Zeichen der Liebe Gottes, auch etwas über das Verhältnis von Gott und Mensch und die Bedeu- tung des Glaubens.

Der Glaube, als Beziehungsge- schehen zwischen Gott und Mensch, will den Menschen stärken, aufbauen, ermutigen, zur Erlösung, zum Leben und zur Freiheit führen; er will den Men- schen „groß“ machen.

Doch durch di e „ EVV- Studie“ („Erfahren, Verstehen, Vorsorgen“) über Missbrauch im Bistum Mainz hören wir einmal mehr, wie Mitarbeiter der Kirche, die eigentlich den Glauben an- derer stärken sollten, ihr Amt und ihren Machtvorteil als Erwachse- ne missbraucht haben, um ihre Opfer „klein“ zu machen und sich zu deren Lasten „groß“, überlegen fühlen zu können.

So sind diese Verbrechen nicht nur eine Verletzung der menschlichen Würde, sondern auch ein m a x i m a l e r  V e r t r a u e n s - Missbrauch und Verrat am Auftrag, das Evangelium zu verkünden und junge Menschen in ihrem Glauben und Mensch-Sein zu stärken. Es ist kaum möglich, angesichts eines so ernsten Themas halbwegs angemessene Worte zu finden, aber noch we- niger dürfen wir darüber schweigen. So wird die „EVV-Studie“, bei allem Anlass zu Schmerz und Scham, hoffentlich entscheidende Beiträge zur Aufarbeitung leisten und einen Lernprozess zu einem achtsamen und sensiblen Umgang mit der Gefahr sexuali- sierter Gewalt und eine Weiterentwicklung  der  Präventionsmaßnahmen unterstützen (siehe dazu auch das Hirtenwort unseres Bischofs Peter Kohlgraf).

Gott steht solidarisch an der Seite der Menschen, besonders der Unterdrückten, der Opfer von Gewalt, derer, die jemand be- drängen und „klein“ machen will. Im Weg Jesu in die Ohnmacht des Kreuzes zeigt Gott seine Solidarität mit den Menschen gerade bis in die härtesten Abgründe menschlicher Existenz.

Doch Gott will das Wohl des Menschen, er will ihn zur Befrei- ung, zur Erlösung, zum Leben führen, ihn stärken und „groß“ machen.

Das zeigt er uns unüberbietbar im Osterereignis und eröffnet für unser Leben so eine österliche Perspektive.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, auch im Namen des gan- zen Pastoralteams sowie der Gremien unseres Pastoralraums, eine gute Heilige Woche, Ermuti- gung im Oster-Glauben und ein gesegnetes Osterfest!

Ihr Pfarrer Erik Wehner

Leiter des Pastoralraums Gießen-Stadt