Eine kleine Kirchenführung

Liebfrauen (Nidda) (c) By Cherubino - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39374122

Liebfrauenkirche

(Patrozinium 8. Dezember)

Die Pfarrkirche ist der zweite Bau an dieser Stelle. Die Pfarrei wurde 1895 gegründet, die erste, sehr kleine Kirche 1902 erbaut. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Zahl der Gemeindemitglieder durch Flüchtlinge und Vertriebene sich verzehnfachte, war ein Kirchenneubau unumgänglich. Am 1. Mai 1954 erfolgte die Weihe. 

An die Geschichte der Gläubigen erinnern die Wappen und Widmungen in den Glasfenstern. Die Apostelkerzen-Träger holen uns die Orte der Pfarrgemeinde Liebfrauen zum Zeitpunkt der Weihe herein.

Diese Kirche – ein Ort der Ruhe. 

Von der Konzeption (1953/54) her sind die Fenster eher dunkel gehalten, „mystisch“, sie sollen bewusst sakralen Raum und das „Draußen“ trennen. Ursprünglich waren alle Fenster so, aus praktischen Gründen wurden einige später mit hellem Glas versehen. 

Einfache Bauformen nach romanischem Vorbild – eine stabile, massive Decke zum Beispiel. Ein überschaubarer, weiter Raum. Ein weiter Altarbereich, gedacht für viel Aktivität, für große Liturgie. Überhaupt – bezogen auf die „kleine Herde“ eine große Kirche! Wir ziehen uns nicht in eine kleine Kapelle zurück – nein. Hier sind wir als Katholiken. Offen für alle.  

 Offen ist auch das Herz Jesu für alle, die die Kirche betreten. Mancher kommt tagsüber nur kurz vorbei, zündet ein Licht an, spricht ein Gebet und weiß sich bei Christus aufgehoben. 

Wer den Blick schweifen lässt, wird unweigerlich vom Apsis-Fresko in Bann gezogen. Prof. Peter Paul Etz, Frankfurt/M., schuf es 1954 im romanischen Stil. Christus der Weltenherrscher. im weißen Gewand der Reinheit, mit der roten Schärpe der Hingabe. Er zeigt das Buch, er ist selbst das Wort des Lebens. 

Mit der anderen Hand schwört er – Er ist die Wahrheit.
Er kommt aus der Hand des Vaters, 
er kommt im heiligen Geist zur Welt,  zur Erde. 

Er ist gleichsam eingehüllt in diesen Geist, der treu ist (blau), der die Liebe entzündet (rot) und uns die göttliche Herrlichkeit verheißt (gelb).
Christus beherrscht die Welt, sie ist sein Thron. 
Um diesen thronenden Christus herum wird die Geheime Offenbarung des Johannes aufgegriffen, die Huldigung vor dem Thron Gottes vgl. Offb 4: 
sieben Leuchter für die Geister Gottes, 
vier Lebewesen mit Flügeln voll Augen der Allwissenheit und des Nicht-Ruhens: Löwe-Stier-Mensch-Adler.  Sie stehen auch für die Evangelisten (Markus-Lukas-Matthäus- Johannes).  Das Wort will  verkündigt werden. 

Dazu treten Älteste mit Rauchfässern voll der Gebete der Heiligen, und Engel mit Harfen. (Offb 5: „Sie riefen mit lauter Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet wurde, Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre, Herrlichkeit und Lob. – Und die vier Lebewesen sprachen. Amen. Und die 24 Ältesten fielen nieder und beteten an.“)

Wer aufschaut zu diesem Apsis-Bild, ist eingeladen, Gott anzubeten.

Am Fuß des thronenden Christus schauen wir dann auch genau auf den Tabernakel, den Aufbewahrungsort der bleibenden eucharistischen Gegenwart des Herrn, in selten zu findender Globusform.

 Anbetung und Lob – zu Füßen des Herrn, gleichsam mit der Gemeinde um den Altar versammelt, sind die zwölf Apostel mit Maria dargestellt. Maria hält etwas Besonders in ihrem Schoß – den Grundstein der Kirche,  gesetzt 1953. Sie ist als „Unbefleckt Empfangene“, also gnadenhaft Sündlose (Fest 8.12.) Patronin von Kirche und Gemeinde.

 Schauen wir von da aus weiter, wer noch von den schon vollendeten Glaubenden hier bildhaft als Keramikstatue versammelt ist (1976, Künstler: Adam Winter, Mainz): 

- der heilige Missionar und Bischof Bonifatius – der zweite Patron unserer Kirche, Apostel der Deutschen. Im Vogelsberg hat er im 8. Jahrhundert missioniert und getauft (Taufstein). Die „Bonifatiusroute“ berührt das Pfarrgebiet. 

Zu seinen Füßen steht entsprechend der Taufstein (Sandstein, 1929), noch aus der alten Kirche stammend. Eingemeißelt ist der Taufbefehl „Geht hin und taufet alle Völker“ (Matth 28,19). Daneben die Osterkerze als Symbol der Auferstehung und des neuen Lebens durch die Taufe.  

Des Weiteren finden wir 

  • den heiligen Josef,  der den zwölfjährigen Jesus an der Hand hält, ins Leben begleitet, aber auch loslassen muss
  • die heilige Maria als Königin am 3. Pfeiler  (Kopie der „Hallgartener  Madonna“)
  •  die heilige Elisabeth von Thüringen am vordersten Pfeiler, die ihren Krug gefüllt hat mit Gaben für die Armen. Sie war mit den Grafen von Nidda und Ziegenhain verwandt. 

In der Wandnische rechts befinden sich auch Reliquien von Bonifatius und Elisabeth. 

Fast das Gegenbild zum thronenden Christus bildet Maria, die um ihren toten Sohn trauert, als Keramikpietà rechts vorne (1976). Auch in der Vorgängerkirche war schon eine Pietà aus Lindenholz (ca. 1750) vorhanden, die heute ihren Platz in der sog. „Marienkapelle“ (rechts hinten) gefunden hat. 

Es sind viele, die sich an Maria mit ihren Bitten wenden. Hier das Leid und die Mitleidende – dort der Thronende, Hoffnung Spendende – dazwischen feiern wir Eucharistie, vergegenwärtigen wir Tod und Auferstehung Christi, verbindet er sich mit uns im Heiligen Mahl, feiert die Gemeinde.

Zelebrationsaltar und Ambo  (Lesepult) aus der Mitte der 90er Jahre greifen in schlichter  Weise die Bogenformen der Kirche auf und bringen die Zahlen 2 und 3 ins Spiel (Material Esche, Künstler: Bernhard Vogler, Büdingen-Düdelsheim). Die Altarretabel der Vorgängerkirche befindet sich im Niddaer Heimatmuseum

 Der Rundgang endet mit dem Blick auf die Fensterrosette, die jetzt von der neuen Orgel (2009, Fa. Andreas Schmidt, Gelnhausen) eingerahmt ist.

Text/Fotosr: Pfr. Peter Sievers 

Stand Juli 2013