Bratwürste, Brötchen und Joghurt sortieren, in Tüten packen und an Bedürftige verteilen. Das macht Rolf Widmann mit seinen Mitarbeiterinnen Wioleta Szydelko und Ewa Talezowska ehrenamtlich. Widmann ist Chef der Lebensmittelausgabe in der Kirche St. Marien. Seit zehn Jahren ist er mit Herzen dabei, seit circa sieben Jahren hat er die leitende Rolle inne.
Widmann kümmert sich um das Organisatorische: Spenden von der Tafel annehmen und sortieren, entscheiden, was bei welcher Essensausgabe verteilt wird, Ordnung wahren. Er kassiert auch beim Austeilen die symbolische Spende von 50 Cent.
Aber nicht nur das: Er hat ein offenes Ohr für jeden, der kommt. Manchmal hat Wid-mann auch einen Rat parat, hilft Bedürftigen, Briefe vom Amt zu verstehen. Manchmal drückt er ein Auge Zu und verzichtet auf das Geld. Wenn er weiß, dass der Beitrag das letzte Geld seines Stammkunden ist. Und manchmal gibt er einer alleinerziehenden Mutter ein Brötchen mehr. Rolf Widmann kennt mittlerweile alle seine Kunden, deren Geschichten und Umstände. Seine Klientel wächst, unter Stammkunden mischen sich ständig neue Gesichter, ausgestattet mit einem Beutel und 50 Cent.
Circa hundert Bedürftige kommen jeden Montagvormittag zur Kirche St. Marien, stellen sich vor zwei Fenstern auf und holen volle Tüten ab - vorbereitet im Lauf der Ausgabe vom Duo Szydelko und Talezowska. Unterschiedliche Menschen, aus unterschiedlichen Gründen, verlassen sich auf diese Lebensmittelspenden. Personen mit und ohne Migrationshintergrund, Drogen- und Alkoholabhängige. Wohnungslose, Alleinerziehende Eltern, Rentner, Menschen, die so: ziale Leistungen beziehen. Das alles spielt für Widmann keine Rolle, denn ein Mensch sei ein Mensch, sagt er. Pfarrsekretär Andreas Zäh ergänzt: „Die Not trifft alle."
Warum beteiligt sich Wid-mann ehrenamtlich? Schließlich schenkt er anderen seine Zeit, sein Lächeln und hilft ihnen, ihren Kühlschrank zu füllen, ohne davon selbst zu profitieren. „Jeder verdient etwas Gutes", lautet seine Begründung. Schließlich sei das Ziel des Projekts nicht, Einnahmen zu kassieren, sondern Menschen, die es brauchen, etwas zu geben.
Dass die Leistung über die Essenausgabe hinaus reicht, sei nicht geplant gewesen, es habe sich im Lauf der Zeit so entwickelt. Und dabei bleibt es auch. Denn es sei mehr als das - es sei auch eine Art Seelsorge. „Hier geht es von Mensch zu Mensch, auf Augenhöhe, hier sucht man das Gespräch", sagt der Chef des Projekts.
Die größte Herausforderung sei, wenn die Lebensmittel aufgebraucht seien und Widmann einige Menschen mit leeren Tüten nach Hause schicken muss. „Da fließen manchmal Tränen." Das sei besonders hart.
Die Ware bekommt die Pfarrei zwar von der Tafel, trotzdem mangelt es an Spenden. Öfter muss Widmann bei Supermärkten versuchen, etwas für Montag zu bekommen. Auch Dritte bringen manchmal einen blauen Sack voller Jacken, Hosen, Bananen oder Milch. Da ist jedoch die Menge der Spenden zu beachten - nicht zu viel, mit Augenmaß, heißt es.
Das beharrliche Engagement hat sich ausgezahlt, die Arbeit des Trios wurde anerkannt, vor circa zwei Monaten konnte sich das Team von St. Marien über gute Nachrichten freuen: Es ist mit dem Ferdinand-Kallab-Preis ausgezeichnet worden. Der wird von Stadtverordneten vage-ben und ist ein Sozialpreis in Höhe von 1000 Euro.
„Große Ehre" und „Anerkennung", so fasst Widmann seine Gefühle zusammen. Schließlich würden Ehrenamtliche für ihre Leistungen kaum entlohnt oder gar anerkannt. Dies sei zweifelsohne ein großer Moment.