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Gemeinsam:Impuls zum Donnerstag

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Die Bilder vom vergangenen Samstag werden nicht so schnell aus unseren Köpfen verschwinden: als der dänische Fußballer Christian Eriksen beim EM-Spiel seiner Mannschaft gegen Finnland zusammenbrach und noch auf dem Platz reanimiert werden musste. Für einige Zeit war nicht klar, ob er mit dem Leben davonkommt. Doch dann gelangte er wieder zu Bewusstsein. Mittlerweile geht es ihm wieder gut. Mich haben diese Szenen sehr berührt, vor allem auch die Reaktionen der Fans. Minutenlang riefen die Fans – Dänen wie Finnen – den Namen des Spielers. Die finnischen Spieler klatschten der dänischen Nationalmannschaft Beifall, als diese nach langer Unterbrechung wieder das Spielfeld betrat.

Das Ganze erinnerte mich an ein Ereignis, das ich selber live vor einigen Jahren miterlebt habe. Ein Spieler des Eishockeyclubs EC Bad Nauheim, „meines“ Vereins, war nach dem Training auf dem Parkplatz aus unerklärlichen Gründen tot neben seinem Auto zusammengebrochen. Beim ersten Heimspiel danach war ich im Stadion. Es ging gegen Neuwied um die deutsche Meisterschaft. Die Fan-Lager beider Vereine machten vor dem Spiel schon gut Stimmung und überzogen sich gegenseitig mit nicht gerade freundlichen Bezeichnungen. Plötzlich fuhr das Maskottchen des EC Bad Nauheim mit einem großen Plakat aufs Eis, auf dem stand: Greg, wir werden Dich nie vergessen. In dem Stadion mit 6000 Fans, das gerade noch einem Hexenkessel glich, wurde es mucksmäuschenstill. Dann fingen die Neuwieder Fans zu singen an: „Wir sind alle Eishockey-Fans!“ Erfolg, Meisterschaft, Rivalität – das war in diesem Moment nicht mehr wichtig. Wo es um das Letzte geht, ums Leben, da zählt nur das Verbindende, die gemeinsame Leidenschaft. Der Tod eines Menschen schafft Verbindung zwischen Gegnern. Gehört das nicht auch zu unserem Glauben: „Durch sein Sterben riss Christus die trennende Wand der Feindschaft nieder“. So steht es im Epheserbrief. Wie lange noch halten wir an unseren innerkirchlichen Grabenkämpfen fest und vergessen die gemeinsame Leidenschaft für das Reich Gottes?

Noch heute, jetzt in diesem Moment, wo ich diese Zeilen schreibe, überkommt mich eine Gänsehaut, wenn ich an jene Momente im Eisstadion denke. Und ich denke an das Wort von Joseph Beuys: „Die Mysterien finden heute auf dem Hauptbahnhof statt.“ Oder bei einem EM-Fußballspiel. Oder im Eisstadion von Bad Nauheim.

(Pfr. Thomas Meurer)

Datum:
Mi. 16. Juni 2021
Von:
Matthias Lich

Gemeinsam

Die Bilder vom vergangenen Samstag werden nicht so schnell aus unseren Köpfen verschwinden: als der dänische Fußballer Christian Eriksen beim EM-Spiel seiner Mannschaft gegen Finnland zusammenbrach und noch auf dem Platz reanimiert werden musste. Für einige Zeit war nicht klar, ob er mit dem Leben davonkommt. Doch dann gelangte er wieder zu Bewusstsein. Mittlerweile geht es ihm wieder gut. Mich haben diese Szenen sehr berührt, vor allem auch die Reaktionen der Fans. Minutenlang riefen die Fans – Dänen wie Finnen – den Namen des Spielers. Die finnischen Spieler klatschten der dänischen Nationalmannschaft Beifall, als diese nach langer Unterbrechung wieder das Spielfeld betrat.

Das Ganze erinnerte mich an ein Ereignis, das ich selber live vor einigen Jahren miterlebt habe. Ein Spieler des Eishockeyclubs EC Bad Nauheim, „meines“ Vereins, war nach dem Training auf dem Parkplatz aus unerklärlichen Gründen tot neben seinem Auto zusammengebrochen. Beim ersten Heimspiel danach war ich im Stadion. Es ging gegen Neuwied um die deutsche Meisterschaft. Die Fan-Lager beider Vereine machten vor dem Spiel schon gut Stimmung und überzogen sich gegenseitig mit nicht gerade freundlichen Bezeichnungen. Plötzlich fuhr das Maskottchen des EC Bad Nauheim mit einem großen Plakat aufs Eis, auf dem stand: Greg, wir werden Dich nie vergessen. In dem Stadion mit 6000 Fans, das gerade noch einem Hexenkessel glich, wurde es mucksmäuschenstill. Dann fingen die Neuwieder Fans zu singen an: „Wir sind alle Eishockey-Fans!“ Erfolg, Meisterschaft, Rivalität – das war in diesem Moment nicht mehr wichtig. Wo es um das Letzte geht, ums Leben, da zählt nur das Verbindende, die gemeinsame Leidenschaft. Der Tod eines Menschen schafft Verbindung zwischen Gegnern. Gehört das nicht auch zu unserem Glauben: „Durch sein Sterben riss Christus die trennende Wand der Feindschaft nieder“. So steht es im Epheserbrief. Wie lange noch halten wir an unseren innerkirchlichen Grabenkämpfen fest und vergessen die gemeinsame Leidenschaft für das Reich Gottes?

Noch heute, jetzt in diesem Moment, wo ich diese Zeilen schreibe, überkommt mich eine Gänsehaut, wenn ich an jene Momente im Eisstadion denke. Und ich denke an das Wort von Joseph Beuys: „Die Mysterien finden heute auf dem Hauptbahnhof statt.“ Oder bei einem EM-Fußballspiel. Oder im Eisstadion von Bad Nauheim.

(Pfr. Thomas Meurer)