Zum Inhalt springen

Ehemalige kath. Kapelle im Ortsteil Dittelsheim

ehemalige Kapelle Dittelsheim

Im Jahre 1556 wird auf Anordnung des Kurfürsten von der Pfalz Ottheinrich im Rahmen einer Kirchenvisitation, "um das Reformationswerk voranzutreiben" durch die Strassburger Theologen Dr. Johannes Marbach und Johannes Flinner in Dittelsheim die Reformation und zwar das reformierte Bekenntnis eingeführt.
Durch den Ryswyker Friedensschluss 1697, dessen Klausel im 4. Artikel den Katholiken vielfach wieder den Besitz oder Mitbesitz der ehemaligen katholischen Kirchen, nach Massgabe, der ihnen von den Franzosen während der Reunionskriege und des Pfälzischen Erbfolgekrieges eingeräumten Rechte bringt, gibt es in der Pfalz praktisch nun mehr Simultankirchen. So auch in Dittelsheim.
Im  "Tauff - Buch der Pfarrey Dittelsheim auffgerichtet und beschrieben under undt von dem Fratre Francisco S. Philippo Carmelita Pfarrherren zu Heßloch und ersten catholischen pastoren zu Dittelsheim anno 1700" heißt es unter dem Datum vom 1. Februar 1699:
"Am 1. Februar 1699 in Dittelsheim und zwar zum ersten Male in der Dittelsheimer Kirche wurde getauft Johannes Spieler..." Für die folgende Zeit sei noch ein Text des Dittelsheimer Taufbuches aufgeführt, welcher entscheidend ist: "Nachdem es im Jahre 1700 unserem gnädigsten Herren, dem Pfälzer Kurfürsten gefallen hat, den oben erwähnten Orten einen speziellen Pfarrer anzuweisen [...] wurde mir auf besondere Gunst hin die Seelsorge anvertraut und das Pfarramt übertragen. Daher habe ich als erster katholischer Pfarrer von der Zeit der Reformation an, an allen Sonntagen und Feiertagen das hl. Meßopfer in der Dittelsheimer Pfarrkirche dargebracht und in Dittelsheim getauft am 17. Februar 1700."
Der Eintrag stammt wieder von Pater Franz. Unter "den oben erwähnten Orten" sind Hillesheim, Frettenheim, Dorn-Dürkheim und Wintersheim zu verstehen, die als Filialen der Pfarrei Dittelsheim zugeteilt wurden. Im Vollzug der Pfälzischen Kirchenteilung im Jahre 1705 wird die Pfarrkirche in Dittelsheim der evangelisch- Reformierten Gemeinde zugesprochen. Das Dittelsheimer Simultaneum erlischt, wie die Einträge des „Dittelsheimer Pfarr-Buch" erkennen lassen, aber erst im Jahre 1707 - mit dem Dorn-Dürkheimer - infolge preussischen Druckes. Die Katholiken erhalten gegen Verzicht auf das Simultanrecht ein der Gemeinde seither gehörendes Haus zur Errichtung einer kath. Schule.
Sie werden der Pfarrei Westhofen zugeteilt. 1727 bauen die Katholiken auf ihrem Schulhaus eine Kapelle zur Ehren der Apostel Simon und Judas. Nach Auflösung der katholischen Schule in Dittelsheim werden die Schullokalitäten im Erdgeschoss als Wohnung vermietet. 1870 erfahren wir aus der Chronik der kath. Pfarrei Hessloch: Die Kapelle in Dittelsheim war in schlechtestem Zustand, und in ihrem Innern zum Gottesdienst beinahe unbrauchbar geworden. Obwohl die Gemeinde nur selten Gottesdienst hat, so war doch der Zustand der Kapelle ein unerträglicher. Deshalb wurde sie in ihrem Innern, soweit die finanziellen Kräfte des Kirchenfonds ausreichten, dem auch die Regierung durch Bewilligung eines Zuschusses aus dem Kirchen- und Schulbaufond zu Hilfe kam, hergestellt.
Es wurden ein neuer Altar, ein Beichtstuhl und ein Paramentenschrank angeschafft, die Bänke wurden repariert und angestrichen, die Wände teilweise renoviert. Besonders tätig war dabei Herr Bürgermeister Deforth (1851 - 1881), der nicht bloß zur Erlangung eines Staatszuschusses, sondern auch in Beaufsichtigung der Arbeiten tätig war.
Die Wiedereröffnung fand am Donnerstag, den 3. März mit Hochamt, Predigt und Te Deum statt. Der Lehrer von Frettenheim leitete den Gesang.

Ehemalige Kirche Dittelsheim vor Abriss

Ein weiterer Eintrag betr. die kath. Kapelle findet sich für das Jahr 1894: “Da die Kapelle in einem nicht Gottes würdigen Zustand war, wurde das Innere derselben ganz herausgenommen und die jetzige Kapelle mit Sakristei eingerichtet. Die Kosten betrugen laut Wirtschaftsrechnung 2.964,37 Mark."
Bei dieser Renovierung wurden Schulraum, d.h. Wohnung und die 1727 darüber gebaute Kapelle zu einer Kapelle vereinigt. Ein Zeitzeuge berichtete, die Kapelle war ca. 10 x 8m, hatte einen Mittelgang, mit beidseitig 6 Bänken. vorn war ein kleiner Altar. Beichtstuhl und Umkleidemöglichkeit waren auch vorhanden. Eine Heizung war nicht installiert. Die Kapelle wurde allerdings in den folgenden Jahren jährlich nur einmal (am 2. Ostertag) zum Gottesdienst benutzt. Sie hatte auch einen kleinen Dachreiter mit einem Glöcklein. Das Glöcklein trägt die Inschrift: „Mich goss Georg Christoph Roth in Mainz, 1728". Es wurde bei Beerdigungen geläutet, denn es war zwischen den Konfessionen vereinbart worden, dass das kleine Glöckchen auch bei Begräbnissen von evangelischen Einwohnern mitgeläutet wurde, und dafür die Glocken der evang. Pfarrkirche bei Beerdigungen von kath. Einwohnern. Lange Jahrzehnte hindurch diente das Glöcklein auch der Schuljugend. Morgens 15 Minuten vor Schulbeginn rief es mit seinem hellen Klang die Schüler und drängte zur Eile. Heute läutet das Glöcklein in St. Georg Heidesheim.
Die Kapelle selbst aber ward altersschwach und zerfiel mehr und mehr. Auch ein kleiner baulicher Eingriff half nichts mehr. Sie musste für baufällig erklärt werden und wurde in den Augusttagen des Jahres 1971 abgetragen. Die Reliquien aus dem Altar der Kapelle wurden im neuen Altar von St. Jakobus in Hessloch am 28. Januar 2007 beigesetzt.
Das Grundstück wurde der politischen Gemeinde Dittelsheim-Hessloch zur Anlage einer Bushaltestelle kostenlos zur Verfügung gestellt. Da keinerlei Unterlagen über „St. Joseph" vorhanden sind, abgesehen von den zur Erstellung dieses Berichts benutzten Quellen, muss das unter dem Datum vom 29. März 1971 gelegentlich einer Ortsbesichtigung durch den Diözesankonservator der Diözese Mainz, Herrn Dr. Jung, abgegebene Gutachten uns als Baubeschreibung dienen.

Darin heißt es:

Betr.: Katholische Kapelle „St. Joseph" in Dittelsheim-Heßloch

1.
Der bescheidene barocke Bruchsteinbau von 2 Achsen (10 mal 8m) mit Satteldach und Gewänden aus Sandstein, im Innern 1894 mit verbretterten Holzvoute, Keramikboden, Putz und Anstrich erneuert, hat nur geringen örtlichen Denkmalswert. Ich bezweifle, dass der Bau in der amtlichen Denkmalliste geführt wird. Der geringe Wert beruht mehr in seiner, wenn auch für den Verkehr hinderlichen Stellung auf dem Plätzchen an der Ringstrasse. Der Abstand hinter der südlichen Längswand zum Nachbarhaus beträgt 80 cm und ist Ursache von ständiger Nässe und Verunreinigung.

2. Der Zustand der Kapelle ist durch Abriss der Westwand baulich gefährdet, da ein Einsturz der Westwand zu befürchten ist. Der gesamte Bau ist bis ca. 1,50 m Höhe völlig durchnässt, da Drainage und Isolierung fehlen. Auch das Innere müsste durchgreifend restauriert werden.

3. Mit erheblichem Kostenaufwand von etwa 100.000,- DM wäre die Kapelle zu retten. Die Frage, ob dieser Geldaufwand zu rechtfertigen ist, kann nur von seelsorgerischen Entscheidungen für die Zukunft der Gemeinde abhängig gemacht werden.

4. Bevor der Abbruchantrag bei der zuständigen Kreisbaubehörde, die das Landesdenkmalamt einschalten muss, gestellt wird, sollte der Versuch unternommen werden, der Zivilgemeinde die Kapelle abzugeben.

5. Nach eingehender Prüfung aller Fakten kann ich mich dem Antrag auf Abbruch nicht verschließen.

 

Mainz, den 29. März 1971
gez.: Dr. Jung Diözesankonservator

Kapelle Dittelsheim Kreuz

Aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen konnte nicht geklärt werden, seit wann die Kapelle, die nach J. G. Widder "Beschreibung der Kurfürstl. Pfalz" zur Ehre der Apostel Simon und Judas errichtet wurde, "St. Joseph" heisst, unter welchem Namen sie im Schriftverkehr der Diözese Mainz geführt wird. Neben dem völligen Fehlen amtlicher schriftlicher Unterlagen beim Diözesanarchiv und Landesdenkmalamt gibt es dort auch kein Bild der abgetragenen Kapelle. Das Gemeindearchiv Dittelsheim-Hessloch bewahrt jedoch eine Reihe von Dias und Fotos auf, die kurz vor Abbruch angefertigt wurden. Leider sind die Aufnahmen nicht geeignet, von der Qualität her, gedruckt zu werden.
Lediglich die Aufnahme der Westseite ist scharf genug. Sie verdeutlicht aber den baulichen Zustand, lässt Wohnung im Erdgeschoss und ehemalige Kapelle im 1. Stock klar erkennen und zeigt, dass die Kapelle "St. Joseph" keiner Profanierung zum Opfer gefallen ist; es war wirklich kein sakrales Bauwerk. Außer den Reliquien aus dem Altar der Kapelle und diesem Kreuz von 1869 vom damaligen Altar, ist leider nichts mehr von dieser Kapelle vorhanden. Es gibt auch kein Bild des Innenraumes.


Es wäre schön, wenn jemand im Besitz eines Bildes ist und uns eine Kopie zur Verfügung stellen würde. Eine Profanierung oder Entweihung ist im Sinne des kanonischen Rechts der römisch-katholischen Kirche notwendig, wenn die kirchliche Nutzung eines Kirchengebäudes beendet wird, etwa wegen Abriss. Sie ist somit das Gegenstück zur Kirchweihe.

Quellen: Festschrift zur 1200 Jahrfeier, Bild und Infos von Harald Bretz. Kreuz im Original der Kirchengemeinde.