Zum Inhalt springen

Presseerklärung des BDKJ Mainz

insta EVV Presseerklärung
Datum:
10. März 2023
Von:
Merwe Hunzelmann

Für eine konsequente Aufarbeitung der Verbrechen sexualisierter Gewalt im Bistum Mainz

335560605_207281341985562_2004411264461895355_n

Mainz, 09.03.2023. Anfang März hat der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber die EVV-Studie („Erfahren – Verstehen – Vorsorgen“) zu den Missbrauchsfällen durch Kleriker und Laien seit 1945 im Bistum Mainz der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Studie wurde seit 2019 von Rechtsanwalt Weber und seinem Team im Auftrag des Bistums Mainz erarbeitet.

 

Die Ergebnisse zeigen nicht nur, dass es im Bistum Mainz Fälle von Missbrauch gab. Es wird deutlich, dass Verantwortliche und Strukturen im Bistum die Taten und deren Wiederholung begünstigten, ihre Aufdeckung – teils aktiv – verhinderten und Betroffene mit ihren Erfahrungen allein ließen, abwiesen, klein machten. „Wir sind schockiert von dem, was die Studie offenbart. Die Darstellungen bestätigen unsere Befürchtungen und die Erfahrungen, die der BDKJ Diözesanverband in früheren Zeiten mit der damaligen Bistumsleitung hinsichtlich des Umgangs mit Missbrauchsmeldungen machte. Mit dem Amtsantritt 2017 von Bischof Kohlgraf nehmen wir einen Kulturwandel wahr: Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt ist Chef*innen-Sache geworden. Die Aufarbeitung der Verbrechen wird konsequent vorangetrieben. Dabei unterstützen wir die 
Bistumsleitung nach allen Kräften und nehmen auch unsere eigenen jugend(verband)lichen Strukturen in den Blick“, so BDKJ Diözesanvorsitzende Nadine Wacker. 

Das Wohl der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen steht in der kirchlichen Jugend(verbands)arbeit an erster Stelle
Der BDKJ Mainz möchte, dass alle Teilnehmer*innen und ehrenamtlich Engagierte sich bei Angeboten der kirchlichen Jugend(verbands)arbeit wohlfühlen und diese als sicheren Ort und geschützten Raum erleben. Es soll kein Platz sein für Übergriffe und sexualisierte Gewalt. Deshalb entwickelt der BDKJ Mainz ein Institutionelles Schutzkonzept (ISK), in welchem verbindlich geregelt wird, wie ein gemeinschaftlicher achtsamer Umgang und der Schutz der Anvertrauten bestmöglich gewährleistet werden kann. Hierzu gehören ein gemeinsamer Verhaltenskodex, Vorgaben zu den Inhalten der Präventionsschulungen und klare Beschwerdewege. Als Grundlage des Institutionellen Schutzkonzepts (ISK) gilt es, eine Kultur der Achtsamkeit als gemeinsame Haltung zu etablieren und zu leben. Gelingende Beteiligung, eine offene Fehlerkultur, die Sicherung von Choice-Voice-und Exit-Optionen tragen bspw. dazu bei. Wie dies in der alltäglichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen umgesetzt werden kann, hat der BDKJ Mainz in eigens dafür erarbeiteten Materialien gezeigt. Ziel ist, dass alle Beteiligten sensibel sind für Fragen von Nähe bzw. Distanz, dass sie sprach- und handlungsfähig sind im Umgang mit Grenzverletzungen und Übergriffen. Hier ist der BDKJ Mainz dabei, seine haupt-und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen kontinuierlich zu qualifizieren und professionalisieren. Der BDKJ Mainz versteht die Erarbeitung und Etablierung des Institutionellen Schutzkonzeptes (ISK) deshalb auch als wichtigen Qualitätsentwicklungsprozess für seine Arbeit auf allen Ebenen, auch in den Ortsgruppen der kirchlichen Jugend(verbands)arbeit.

Forderung nach pädagogischer Begleitung

Die EVV-Studie hat große Verfehlungen und Versäumnisse an vielen Stellen und auf allen Ebenen im Bistum Mainz aufgedeckt. Es wurde deutlich: Sensibilität auf allen Ebenen, klare Melde- und Beschwerdewege, eine Haltung der Achtsamkeit, die Bereitschaft zu Verantwortungsübernahme sowie sprach- und handlungsfähige Verantwortungsträger*innen sind unerlässlich. Wir erleben, dass Engagierte vor Ort eine umfassende Begleitung bei Klärung, Meldung und Bearbeitung der Situationen benötigen. Um das zu gewährleisten, bedarf es aus unserer Sicht einer Anlaufstelle/Clearingstelle, die die irritierten Systeme in Pfarreien und bei Verbänden in der Berücksichtigung der rechtlichen Möglichkeiten und Verpflichtungen pädagogisch-beratend begleitet und unterstützt. Denn auch nach einer Meldung bedarf es einer guten Betreuung des jeweiligen Umfeldes. Es muss dazu auf allen Ebenen weiterhin eine institutionelle Sensibilisierung zum Thema sexualisierte Gewalt stattfinden, um einen angemessenen Umgang mit den Interessen und Bedarfen aller Beteiligten sicherzustellen.

Veränderung in Kirche mit Blick auf den Synodalen Weg
Die Studie zeigt deutlich, dass Machtausübung, eine bestimmte Haltung zur Sexualmoral, männerbündische Netzwerke und die priesterliche Lebensform relevante Faktoren für Missbrauch sind. Auch die Amtsüberhöhung von Klerikern spielt dort hinein. Diese Strukturen müssen endlich durchbrochen und neu gedacht werden. Die nachhaltige Etablierung synodaler Strukturen halten wir für einen geeigneten Weg transparente und gemeinschaftliche Verantwortung zu tragen. Im Bistum Mainz wurde damit bereits begonnen. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Strukturen weiterentwickelt werden und so eine Kulturveränderung nicht nur in unserem Bistum gestartet werden kann. Deshalb begrüßen wir sehr das Engagement unser Bistumsleitung im Synodalen Weg. Sie setzt sich dort aktiv für einen Kulturwandel über Bistumsgrenzen hinweg ein. 

Ansprechpartnerin
Lotsenstelle Kindeswohl im BDKJ und Bischöflichen Jugendamt (BJA) 
Anja Krieg (Referat Prävention)
fon 0 61 31 . 25 36 89 
lotsenstelle-kindeswohl@bistum-mainz.de 
bistummainz.de/jugend/thema/praevention