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Wort von Pfarrer Martin Weber:
Aufgeweckt
… sollen Christen sein. Nicht umsonst finden wir auf vielen Kirchtürmen Hähne, die daran erinnern. Mit ihrem Ruf wecken sie todsicher auf. Und im Adventslied – diese Zeit steht vor der Tür – heißt es programmatisch: „Wachet auf, ruf uns die Stimme“.
Dieses Wort findet sich auch in einer Bewegung, die aus den USA zu uns herübergeschwappt ist: Es gilt „woke“, „erwacht“, aufgeweckt zu sein. Die Wokeness – Bewegung, die zuerst in Amerika und inzwischen auch bei uns einen atemberaubenden „Marsch durch die Institutionen“ vollzogen hat, setzt sich ein für soziale Gerechtigkeit, für „Gleichstellung, Diversität und Inklusion“. Soweit, so gut könnte man denken. Problematisch ist jedoch weniger der Einsatz für die soziale Gerechtigkeit, als die Tendenz, die Gesellschaft in Opfer und Täter aufzuteilen und die woke Sozialutopie mit der Brechstange zu erzwingen. Diese Brechstange beinhaltet allzu oft die Ächtung all der Meinungen, die nicht dieser Linie folgen.- Wer das übrigens einmal „nachlesen“ will: Juli Zeh und Simon Urban schreiben darüber in ihrem Buch „Zwischen den Welten“. - Dazu kommt ein Menschenbild, in dem das Recht auf Abtreibung, Suizidbeihilfe und der Geschlechterwechsel durch bloße Willenskundgebung gesetzt ist. Die Wokeness Bewegung weist Züge einer Pseudo – Religion auf: Wir sind die Guten. Nur so kann die Welt erlöst wer-
den. In der Not mit einem starken Staat als Erfüllungsgehilfen.
Wirklich „aufgeweckte“ Menschen und Christen werden spätestens hier Stopp rufen. Wo politische Bewegungen Erlösung und Heil versprechen, gehen sie in die Irre. Nicht umsonst hat Jesus das deutlich getrennt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gott gehört“. Das ist eines der folgenreichsten Worte, die es überhaupt gibt. Denn so hat die westliche Denkweise, die beiden Sphären von Religion und Politik getrennt, während man diese Trennung in der islamischen Vorstellung etwa nicht kennt. Hier sind Staat und Religion eins.
Das heißt nicht, dass aufgeweckte Christen nicht zugleich politisch sein sollten. Im Gegenteil: Der christliche Glaube ruft uns nicht zum Rückzug „in die Sakristei“, sondern zum vielfältigen Engagement. Christen sollen Politik gestalten, auf der Basis ihres Glaubens und der damit verbundenen Werte.
Wachsam, aufgeweckt zu sein. Das ist nicht nur programmatisch für die kommende Adventszeit. Das sollte uns als Christen überhaupt auszeichnen. Zumal das mit einer frohen Erwartung und Hoffnung verbunden ist. Und auch davon redet ein Adventslied:
„O Herr, wenn du kommst, jauchzt die Schöpfung dir zu/ denn deine Erlösung wird alles befrein/ Dein Fest ohne Ende steht für uns bereit/ O Herr, wir warten auf Dich.“