Liebe Schwestern und Brüder,
Die österreichische Theologin und Psychotherapeutin Maria Riebl schreibt: „Gott ist treu in seiner Erwählung; doch erspart er den Seinen nicht die Bewährung. Erwählung ist kein Freibrief. Berufung kann auch scheitern. Erwählende Treue Gottes wird missbraucht. Es gibt harte Brüche in der Geschichte eines erwählten Volkes – und in der Lebensgeschichte von Menschen, die sich in besonderer Weise berufen wissen.“
In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf
und verkündete in der Wüste von Judäa:
Kehrt um!
Denn das Himmelreich ist nahe.
Er war es, von dem der Prophet Jesája gesagt hat:
Stimme eines Rufers in der Wüste:
Bereitet den Weg des Herrn!
Macht gerade seine Straßen!
Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren
und einen ledernen Gürtel um seine Hüften;
Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung.
Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa
und aus der ganzen Jordangegend
zogen zu ihm hinaus;
sie bekannten ihre Sünden
und ließen sich im Jordan von ihm taufen.
Als Johannes sah,
dass viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kamen,
sagte er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut,
wer hat euch denn gelehrt,
dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt?
Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt,
und meint nicht,
ihr könntet sagen: Wir haben Abraham zum Vater.
Denn ich sage euch:
Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken.
Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt;
jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt,
wird umgehauen und ins Feuer geworfen.
Ich taufe euch mit Wasser zur Umkehr.
Der aber, der nach mir kommt,
ist stärker als ich
und ich bin es nicht wert, ihm die Sandalen auszuziehen.
Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
Schon hält er die Schaufel in der Hand;
und er wird seine Tenne reinigen
und den Weizen in seine Scheune sammeln;
die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.
„Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.“
Zwei Kerzen brennen. Ihr Licht wird heller, wärmer, lebendiger. Und doch erinnert uns dieses Licht daran: Es ist nicht unser eigenes Licht, das leuchtet – es ist das Licht, das wir empfangen. Johannes der Täufer steht mitten in der Wüste, zwischen Staub und Stille, und ruft: „Kehrt um!“ Nicht, um zu erschrecken, sondern um aufzurütteln. Er will, dass wir wach werden – bereit für das Licht, das kommt.
Über diesem Sonntag steht das Wort der Umkehr – und Maria Riebl erinnert uns:
„Gott ist treu in seiner Erwählung; doch erspart er den Seinen nicht die Bewährung. Erwählung ist kein Freibrief.“
Gott bleibt treu, aber seine Treue fordert uns heraus. Glaube ist keine bequeme Sicherheit, sondern eine lebendige Beziehung, die sich immer wieder erneuern muss. Darum ruft Johannes: „Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt!“ Nicht Abstammung, nicht fromme Fassade zählt – sondern ein Herz, das sich verwandeln lässt.
Umkehr ist kein Strafbefehl, sondern eine Einladung zur Liebe. Sie beginnt, wenn ich erkenne: Gott, ich brauche dich. Ohne dich bin ich leer. Ohne dich bleibt mein Herz dunkel.
Die beiden Kerzen leuchten in dieses Bekenntnis hinein. Sie sagen uns: Das Licht wächst, wo Menschen sich öffnen. Das Reich Gottes kommt dort, wo Stolz der Demut weicht, wo Selbstsicherheit zu Vertrauen wird.
Gott kommt – nicht zu den Perfekten, sondern zu denen, die ihn brauchen. Seine Treue leuchtet in unser Leben, auch in unsere Brüche.
Gedankenanstöße
Segenswunsch:
Gott segne dich mit Licht in deinem Herzen,
mit Mut zur Umkehr
und mit der Freude auf sein Kommen.
Mit herzlichen Segenswünschen und eine gute Woche,
Diakon Volkmar Raabe