In den frühen Morgenstunden des 9. April 1945, vor 75 Jahren, wurde Dietrich Bonhoeffer ermordet.
Vom 1. bis 15. November ist die Wanderausstellung „Dietrich Bonhoeffer, dem Rad in die Speichenfallen“ mit Unterstützung der Gießener Kulturstiftung zu Gast in der Kulturkirche St. Thomas Morus, Grünberger Straße 80.
Im August 1944 schrieb Dietrich Bonhoeffer im Gefängnis an einer „Schrift“, mit der er hoffte, „für die Zukunft der Kirche einen Dienst tun zu können“. Entsprechend seiner lebenslangen theologischen Auffassung ging es Bonhoeffer nicht etwa um ein Wort zur Lage der Kirche nach dem erhofften Ende der NS-Diktatur und des Krieges und erst recht nicht um die Restauration der verfassten Kirche. Er wollte vielmehr ein neues Nachdenken über die Aufgabe und damit das Wesen der Kirche in der und für die Menschheit insgesamt.
Bonhoeffer sah die „Wirklichkeit“ der Welt und des menschlichen Lebens bestimmt von der Wirklichkeit Jesu Christi in der Weltwirklichkeit. Kirche war ihm darum „Christus als Gemeinde existierend“. „Stellvertretend“ treten Christen und Christinnen für einander und „für andere“ ein. Darin erweist sich ihre Menschlichkeit; und darin besteht ihre christlich bestimmte Freiheit. In Freiheit sind Christen und Christinnen „für andere da“.
Die innerdeutsche gesellschaftliche Diskussion der letzten Monate hat sich um einen anderen Freiheitsbegriff gedreht. Die Freiheit der eigenen Meinungsäußerung und die Freiheit der eigenen Lebensgestaltung sind hohe Güter unserer Kultur und verankert in unserer Verfassung, dem Grundgesetz. Sie stehen aktuell in Spannung zur Notwendigkeit von Gesundheits- und Lebensschutz. So wird die Frage des „Maskentragens“ zum Kampfplatz und Symbol dessen, was in unserer Gesellschaft zählt.
In den ersten sechs Monaten der Corona-Pandemie in Deutschland sind andere gesellschaftliche Fragen wie der Klimaschutz oder die Lage für die Geflüchteten auf den griechischen Inseln in den Hintergrund getreten. Erst durch das Feuer und die Verwüstung des Lagers auf Lesbos sowie die verheerenden Waldbrände an der US-amerikanischen Pazifikküste sind beide Themen wieder in den Fokus gerückt.
Bonhoeffers geistiges Erbe in seiner ganzen Tiefe und Vielfalt ernst zu nehmen und weiterzutragen, dazu lädt die Ausstellung in der Kulturkirche St. Thomas Morus, Grünberger Straße 80, in Gießen vom 1.11.-15.11. täglich zu besichtigen zwischen 18 Uhr und 19:30 Uhr
Die 13 Tafeln der Ausstellung entstanden 1998 im Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Johannes-Kepler-Universität in Linz/Österreich. Eine Kopie dieser Tafeln erwarb der Dietrich-Bonhoeffer-Verein 2014. Der Verein, gegründet 1983, fördert die Wahrnehmung christlicher Verantwortung in Kirche und Gesellschaft. In Leben und Werk Bonhoeffers sieht der Verein eine unverändert gültige, in die Zukunft weisende Herausforderung zu kritischem Glauben, Denken und Handeln.
Die Ausstellung möchte u.a. über Leben und Wirken des evangelischen Theologen informieren sowie bewusst machen, wie wichtig Überzeugungstreue und Zivilcourage angesichts von Ausgrenzung, Entrechtung und Rechtsextremismus sind.
Die Eröffnung findet im Rahmen der Wortgottesfeier am Allerheiligen-Sonntag, den 1. November 2020 um 18:30 Uhr statt in der St. Thomas Morus Kirche statt.