zwischen diesen beiden Polen bewegen wir uns unser ganzes Leben lang, das eine gibt es nicht ohne das andere. Gerade jetzt, zur Zeit der Corona-Krise, bekommen diese beiden Worte auf einmal ganz neu Gewicht, denn beides ist zur Zeit schwierig, Sicherheitsabstand, Maskenpflicht und weitere Maßnahmen schränken uns in gewisser Weise ein, in unserem Alltag, in unseren Freiheiten und auch in unseren Bindungen und Beziehungen.
Florian Keßler (21) ist Seminarist der Ausbildung zum Beauftragten für Wortgottesfeiern. In dieser Funktion hat er Gottesdienst und Predigt zum 14. Sonntag im Jahreskreis gehalten.
Spätestens bis jetzt, denke ich, ist so ziemlich jedem klar geworden, dass uns Freiheit und Bindung wichtige Güter sind und der Wunsch, dass diese uneingeschränkt erlebbar sind, ist so präsent, wie kaum zuvor, bei manchen sogar so stark, dass sie sich dieses Rechtes beraubt fühlen. Verschwörungstheorien und angebliche Hintergründe der Pandemie und ihrer Konsequenzen haben wir im Verlauf ebendieser zu genüge gehört und widerlegt. Covid-19 ist nach wie vor ein ernstzunehmendes Thema, das wir vorerst nicht einfach loswerden können, also müssen wir, trotz aller bis jetzt gewährten Lockerungen lernen, damit umzugehen und uns der Situation immer wieder neu anzupassen, wenngleich das auch an so mancher Stelle weiterhin den Verzicht auf eine uneingeschränkte Freiheit fordert. Freiheit aber ist nicht nur das Tun und Lassen, wonach einem gerade der Sinn steht, daran gebunden sind immer auch Verantwortung und Vernunft, gegenüber unseren Nächsten und uns selbst, schließlich soll die eigene Freiheit niemand anderen einschränken oder gar schädigen.
Liebe Brüder und Schwestern, die Lesung und das Evangelium beinhalten für mich genau diese Ansicht von einem Leben in Freiheit. Jesus bewirbt dieses in seiner Rede nicht nur mit schönen Worten, er selbst lebt es vor. Er lebt ein Leben an der Seite der Armen und Schwachen, für die Reichen und Gebildeten schon zu einfach, er lebt den Dienst und die Liebe zu dem Nächsten, in aller Bescheidenheit und Demut, und aus der Demut heraus, gewinnt er Freiheit. In der Lesung haben wir gehört, dass der König, wir würden sagen, wie Jesus, auf einem Esel daherreitet, anstatt auf einem prachtvollen Ross. Er ist nicht dazu da, um eigene Machtansprüche zu stellen. Er ist gekommen, den Frieden zu verkünden, vor allem den Unmündigen, wie es im Evangelium heißt. Er steht, wie es ihm von seinem Vater übergeben worden ist, an deren Seite und lebt mit ihnen, er begegnet ihnen gütig und von Herzen demütig. Demütig sein ist nämlich nicht minderwertig sein. Denn in der Demut entfallen die Zwänge danach, alles perfekt zu machen, in der Gesellschaft zu glänzen und sich zu behaupten. Das hat uns Jesus vorgelebt, in der Demut seinem Nächsten gegenüber und in seinem einfachen Menschsein ist er selbst frei geworden, um für andere da zu sein, auch um für sie den Kreuzestod zu sterben. So schreibt Paulus später in seinem Brief an die Galater: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit.“ Dadurch aber hat nicht nur er selbst Freiheit gewonnen. Denen, die ihm nachfolgen ist Anteil daran gegeben, und auch wir dürfen daran Teil haben, zur Nachfolge Jesu und zum Leben in der Freiheit der Kinder Gottes haben wir in der Taufe schon ja gesagt.
Jetzt, wo unsere Freiheit noch immer strengen Regeln unterliegt, halte ich es deshalb für umso wichtiger, demütig an die Dinge des Alltags heranzugehen. Der Pandemie sind wir noch nicht Herr geworden, aber die Fortschritte und Lockerungen, die bisweilen erfolgt sind, sind es nur, weil viele in der Gestaltung ihrer Freiheiten mit Verantwortung und Vernunft vorgegangen sind, nicht nur aus eigenem Interesse, sondern auch in Mitverantwortung für ihr Umfeld. Und so, wie wir alle von den Einschränkungen betroffen sind, geht uns das Thema Mitverantwortung alle etwas an. Nahezu jeden Tag kann sich die Sachlage ändern und die Maßnahmen darauf angepasst werden. In welche Richtung das geht, liegt an uns.
Sicherlich wäre es schön, wenn schon bald wieder normale Zustände herrschen würden, das bleibt ganz außer Frage. Dafür arbeiten auch viele Leute unermüdlich im Sozialen, in Pflege, Pharmazie und Therapie, sowie in der Forschung. Menschen, vor denen ich großen Respekt habe. Sie lassen sich auf diese neue und unbekannte Situation ein und leisten ihren Beitrag, ein jeder auf seine Art und Weise, und das nicht, um dabei großartig aufzutreten, sondern um uns möglichst sicher und geborgen durch diese unruhige Zeit zu begleiten, besonders hervorgehoben seien diejenigen, die sich dafür freiwillig entscheiden und sich ehrenamtlich engagieren. Im Zuge dieser freien Entscheidung sind diese Menschen ein Symbol der Nachfolge Jesu.
Wer sich von Christus in die Nachfolge rufen lässt, begibt sich dabei gewiss aus seiner bisherigen Komfortzone heraus. Er lässt sich auf eine neue Bindung ein, mit ungehörten Freiheiten für ein Leben aus dem Glauben, aus einer geliebten Liebe heraus, und die Geborgenheit im bisherigen Leben wird mit der Geborgenheit des Himmels getauscht. Eine neue Freiheit, die aber auch eben diese neue Bindung beinhaltet.
Auch wir sind dazu eingeladen, diesen Weg demütig weiterzugehen. Wer weiß, wie es in ein paar Tagen, Wochen oder Monaten aussieht, und wer weiß, wo uns dieser Weg noch hinführt? Eins ist dabei sicher: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Und diesen Weg geht er mit uns. Gehen wir mit ihm weiter und finden es heraus. Amen.