Im Niemandsland zwischen Neuer Musik, Free Jazz und freier Improvisation

Peer Schlechta und Ove Volquartz mit dystopischen Harmonien

fastenZEITtraum - Stille und Meditation (c) Förderverein St. Thomas Morus e.V.
fastenZEITtraum - Stille und Meditation
Datum:
Mo. 8. März 2021
Von:
Jakob Handrack

Live-Musikerlebnisse sind selten in Corona-Zeiten. Schön dass die Kulturkirche St. Thomas Morus diese ermöglicht im fastenZEITraum  – immer samstags zwischen 17 und 19 Uhr.

Industrielle Dystopien

Man fühlt sich erinnert an die Zeit der Stummfilme, an industrielle Dystopien in Schwarz-Weiß, an Filme wie „Modern Times“ und Metropolis. Mechanisch hämmern die pulsierenden Schläge auf der Orgel in wiederholenden Ostinati, bestimmen den Rhythmus und Takt im permanenten Fluss der Musik. Die sonoren Klänge der Kontrabassklarinette verschmelzen im Raum und bilden eine harmonische Konstante. Nach dem Prinzip der „Minimal Music“ im Stil eines Steve Reich oder La Monte Young der 1960er Jahre gestaltet sich aus einzelnen Fragmenten ein komplexes, musikalisches Kontinuum.

Improvisation als Quelle zur Spiritualität

Im fastenZEITraum, dem Forum für Neue Improvisierte Musik in der Kulturkirche St. Thomas Morus geht es auch um die Suche nach Spiritualität und den eigenen Quellen. Improvisation ist eine solche Quelle. Aus einer Intuition entsteht sie im Geiste des Augenblicks, geht vorüber und hinterlässt doch bleibendes.

Der Stille Raum geben

Kongeniales Zusammenspiel: Peer Schlechta und Ove Volquartz (c) Förderverein St. Thomas Morus e.V.
Kongeniales Zusammenspiel: Peer Schlechta und Ove Volquartz

Seit über 15 Jahren machen Peer Schlechta (Orgel, Flügel) und Ove Volquartz (Klarinette, Saxophon) als Duo gemeinsam Musik. Das hört man. Am Flügel entwickelt Schlechta zarte Melodieperlen. Durch das direkte Anspielen der Saiten imitiert er den Klang einer Harfe. Dann wird es ruhig. Das Duo Volquartz und Schlechta gibt der Stille den notwendigen Raum und erzeugt dabei neue Klangwelten bis hin zur meditativen Monotonie. Ein kongeniales Zusammenspiel entsteht.

Meditation und Improvisation

Ove Volquartz ist freier Musiker aus Göttingen. Er hat eine ganze Batterie an Instrumenten dabei, von der über zwei Meter hohen Kontrabassklarinette, der Bassklarinette bis zur einfachen Klarinette und dem Saxophon. Das ermöglicht ihm ein breites Frequenzspektrum abzudecken. Flächige Liegetöne erzeugen durch behutsam einsetzende Phasen- und Akzentverschiebungen einen schwebenden Klangteppich. Rhythmus und Struktur werdem aufgenommen und durch minimales Hinzufügen und Weglassen von Klangfetzen variiert. Die Musik wirkt nicht aufgeregt, sondern plätschert dahin zu einem surrenden, meditativen Grundrauschen.

Den eigenen Horizont erweitern

Ob dabei jeder die Quellen der eigenen Spiritualität entdeckt, ist nicht zu beantworten, in jedem Fall aber gewinnt man musikalische Erfahrungen, die über den eigenen Horizont hinausgehen und den Blick weiten. So lädt die Musik ein zu einer Reise ins Innere und offenbart dabei Persönliches – eine Auszeit für die eigenen Seele.

13. März: GIESSEN IMPROVISERS POOL

Im fastenZEITraum am kommenden Samstag, den 13. März 2021 zwischen 17 und 19 Uhr, ist der GIESSEN IMPROVISERS POOL zu Gast, seit 30 Jahren fester Bestandteil der Freien Impro-Szene mit regionaler und überregionaler Vernetzung mit Musikern u.a. aus Berlin, Bremen, Darmstadt und Zürich. Aktuelle Besetzung: Nils Hartwig (Klarinette), Frank Rühl (e-Gitarre) und Georg Wolf (Bass)