Das ist die Idee des „fastenZEITraum“, dem Forum für Improvisierte Musik in der Kulturkirche St. Thomas Morus. Und dieses Konzept verstanden die beiden Musiker am vergangenen Samstag in der Kulturkirche hervorragend in Szene zu setzen, indem sie im musikalischen Dialog den Raum in der Kirche für sich erkundeten. Zu Gast waren der Licher Multi-Instrumentalist Markus Wach und die in Wien lebende, taiwanesische Erhu-Spielerin Chiao-Hua Chang.
Die Erhu ist ein zweisaitiges, chinesisches Streichinstrument, über dessen Resonanzkörper eine Schlangenhaut gespannt ist. Daher rührt auch der charakteristische Klang dieses Instruments. Historischen Aufzeichnungen zufolge wird die Erhu vor ca. 1000 Jahren in der Tang-Dynastie zum ersten Mal erwähnt.
Das Instrument erlaubt eine feine, nuancierte Spielweise und lässt viel Raum für Zwischentöne. Chang beherrschte diese Nuancen mühelos, wobei es ihr immer wieder gelang, klangliche Grenzen ihres Instruments auszureizen. Daraus entwickelt sich eine Dynamik, die Lust auf mehr machte. Markus Wach begleitete dazu auf verschiedenen Saiteninstrumenten des vorderen und hinteren Orients mit rhythmischen und skalenartigen Motiven pentatonischer sowie mixolydischer Ausprägung. So entstand ein Spagat zwischen traditionellen Formen und Klängen und experimenteller, moderner Improvisationskunst.
Dabei hätte man den beiden Musikern durchaus mehr Mut zum Abstrakten gewünscht. So bewegte sich die Musik wieder zurück in bekannte Hörschemata. Dabei zauberte Chang mit einem lamoyanten Duktus auf der Erhu manch berührende Melodie von so schöner Traurigkeit, die sich tief in die Herzen des hoch konzentrierten Publikums manifestierte. Wach setzte behutsam einen dynamischen Kontrapunkt und spielte teils sehr zurückgenommen, einem Windhauch gleich.
Zum Ende forcierte sich das Tempo. Wie bei einem Schlussspurt, bei dem man sich gegenseitig zu Höchstleistungen trieb. Ein dialogisches Wechselspiel, bei dem er einer die Gedanken des anderen erahnte. Ohne den anderen zu überholen, erreichte man gemeinsam das Ziel. Das zahlreiche Publikum bedankte sich mit lebhaften Beifall.
Intendant Jakob Handrack zog ein positives Fazit der drei stattgefundenen Konzerte im fastenZEITraum der Kulturkirche St. Thomas Morus und betonte: „Es ist mir ein persönliches Anliegen durch solche Konzerte, die hohe Kunst der Improvisation wertzuschätzen und eine Offenheit und Neugier für diese Form der Kunst beim Publikum zu wecken.“ Das ist ohne Zweifel gelungen.